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Buch

Rezension: Der Mann mit dem goldenen Colt

Nach seinem lebensgefährlichen Kampf gegen den Superschurken Blofeld verliert James Bond sein Gedächtnis und wird von der japanischen Ama Kissy Suzuki weitab von den Sorgen der Welt gesund gepflegt. Für seinen Geheimdienst gilt Bond seitdem als im Auftrag verschollen.
Doch ein Zeitungsausschnitt mit dem Wort ‚Wladiwostok‘ bringt verschüttete Erinnerungen zurück und lässt den besten Geheimagenten der Welt auf die Suche nach seinem früheren Ich gehen – leider am falschen Ort. Der KGB bekommt Bond in seine Klauen und dreht den total verunsicherten Mann im eigenen Sinne um.

Sein neuer Auftrag: An den Chef des britischen Geheimdienstes herankommen und diesen liquidieren. Nach und nach durchläuft der Agent alle Sicherheitsvorkehrungen und kann seinen Anschlag verüben, der glücklicherweise erfolglos bleibt. Doch natürlich kann Bonds Tun nicht ungesühnt bleiben. Als er nach einer langen Therapie wieder in alter Form scheint, revanchiert sich sein Chef mit dem bislang härtesten Auftrag in Bonds Karriere, der ihn nach Jamaica zurück führt.

Dort soll er den besten Auftragskiller der Welt, Paco ‚Pistols‘ Scaramanga, zur Strecke bringen und muss sich dafür in dessen Verbrecherorganisation einschleichen. In tropischer Kulisse treffen sich die unter Scaramangas Führung an einem Millionen-Hotelprojekt beteiligten Gangster, um über zukünftige Planungen zu beraten. Doch Scaramanga, dessen Markenzeichen die Benutzung ein goldener Colt ist, erweist sich als intelligenter und vor allem misstrauischer Gegner, der Bonds Maskerade schnell durchschaut …

Die Tiefschläge für James Bond gehen weiter – nach dem Tod seiner Ehefrau und dem finalen Kampf gegen Erzbösewicht Blofeld erhält der Spitzenagent auch noch eine Gehirnwäsche. Dabei ist es durchaus spannend zu sehen, an welchen Sicherheitsmaßnahmen sich Bond vorbeilavieren muss, um endlich Gelegenheit für sein Attentat zu haben.
Fleming erhält durch diesen Story-Kunstgriff die Gelegenheit, auch die Infiltration eines feindlichen Agenten innerhalb einer Geheimdienstumgebung zu beschreiben, ohne dass man diesen gleich für den Bösewicht hält – im Gegenteil, durch die Erklärungen zu Bonds Handlungen erscheint er eindeutig als das Opfer der Manipulationen durch den KGB.

Wer schon einmal auf Bonds Spuren auf Jamaica gewandelt ist (siehe: Dr. No), wird das beschriebene Flair sicher wieder erkennen. Auch in seinem dreizehnten Bond-Roman geizt Fleming nicht mit stimmungsvollen Beschreibungen. Eine gewisse Ermüdung des Autors lässt sich jedoch nicht übersehen:
Ob dies nun an seiner schwerer werdenden Erkrankung während des Schreibprozesses oder einer allgemeinen Lustlosigkeit betreffs Bond liegen mag, lässt sich nicht sagen, doch die Folgen sind leider allzu offensichtlich. Der ansonsten sehr viel detaillierter und genauer arbeitende Fleming liefert mit ‚Der Mann mit dem goldenen Colt‘ keine Glanzleistung ab. 

Gerade wenn es darum geht, Orte und Technik wie auch Szenen greifbar zu machen, wirkt die Erzählung irgendwie unfertig und lässt Flemings sonstige sprachliche Eloquenz etwas vermissen. Selbst die unvermeidliche Affäre Bonds, die ja schon zum Standardrepertiore der in Bond-Büchern vorkommenden Elementen gehört, gerät reichlich lasch und durchschnittlich mit einer mehr als willigen Dame, die Bonds Charme nur wenig entgegen setzen kann.

Dabei hätte man aus diesem Kampf zweier auf den ersten Blick ebenbürtigen Gegner sehr viel herausholen können. Bonds Detektivarbeit auf der Suche nach dem zu Tötenden liest sich weitaus spannender als sein späterer Aufenthalt unter Gangstern. Scaramanga agiert schlau und scheint mit einem guten Instinkt gesegnet, sodass die Jagd nach ihm mehr Potential als einen lauen Showdown auf Jamaica gehabt hätte.
Wie gut Fleming sehr unterschiedliche Charaktere beschreiben kann, hat er bereits in „Goldfinger“ bewiesen, dieses Mal jedoch scheinen die einzelnen Gangster aus Scaramangas Meute eher blass und recht eindimensional. Natürlich ist bei den Bond-Romanen immer klar, wer am Ende gewinnt, doch das ‚wie‘ hat Fleming in früheren Büchern definitiv besser geschrieben.

Dennoch ist auch ‚Der Mann mit dem goldenen Colt‘ kein schlechter Thriller. Der Kampf mit Scaramanga und seinen Leuten ist spannend genug, dass man bis zum Ende weiterlesen möchte, die Szenerie exotisch genug, um in ein Geheimdienst-Abenteuer zu passen. Es ist nur kein waschechter Bond-Roman, der einen Fan voll zufrieden stellen könnte.

Fazit: Solide Story an exotischem Schauplatz, aber kein totaler Bond-Kracher. Sechs von zehn möglichen Punkten.

Buchdetails:
Reihe: James Bond 007, Band 13
Titel: Der Mann mit dem goldenen Colt
Originaltitel: James Bond – The Man with the Golden Gun
Autor: Ian Fleming
Übersetzer: Anika Klüver, Stephanie Pannen
Buch/Verlagsdaten: Cross Cult, Broschiert, 240 Seiten, 1. Auflage (März 2014), ISBN-13: 978-3864250941, 12,80€

Über Gloria H. Manderfeld

2 Eure Meinung zu den Nerd-Gedanken:

  1. Jup kann ich nur bestätigen. Ist auch unter den Filmen einer der eher schwächeren Bond.

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    1. Ja, leider ... es ist umso schlimmer, dass das der letzte große Roman vor dem Tod des Autors war *seufz*

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