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Buch

Rezension: Der Herr des Feuers

Das Leben könnte so einfach sein: Dolch, einer der Assassinen des Gottkaisers von Arakand, widmet sein Dasein ganz dem Befehl seines mächtigen Herrn, für dessen Sicherheit und politische Entscheidungen er die Waffen hebt. Als sogenannter »Wechsler« gab es für ihn keinen anderen brauchbaren Lebensweg denn als einer der herausragenden Mörder des Herrschers, da jeder andere Mensch beim Blick in Dolchs Gesicht die Person erblickt, der er das größte Unrecht zugefügt hat. 

Dolch ist ein frommer Mann, und als ihm vom höchster Stelle der Auftrag erteilt wird, eine Gemeinschaft an Mönchen auszulöschen, weil diese sich in häretischer Weise gegen den Gottkaiser erhoben haben sollen, zögert er nicht, den Befehl auszuführen. Denn sollte die Herrschaft des Gottkaisers bedroht sein, sind alle Menschen auf der Welt bedroht, da nur dem Gottkaiser die Macht gegeben ist, das zweite Licht am Himmel zurückzusenden, bevor es durch seine flammende Hitze alles Leben auslöschen kann.

Doch ist es Dolchs starker Glauben, der ihn in seiner Mission einen fatalen Fehler begehen lässt: einer der Mönche überlebt, und nun muss sich Dolch der Herausforderung stellen, seinen Fehler auszubügeln, bevor es zu spät ist. Dummerweise ist der Überlebende ausgerechnet der willensstärkste und klügste Kopf aus der Mönchsgemeinschaft, der zudem noch ein fatales Geheimnis hütet.
Hat er wirklich Magie benutzt, um Dolchs Handeln zu beeinflussen? Und wenn es ihm einmal gelungen ist, den treuen Assassinen zu etwas zu bringen, das dieser eigentlich nicht tun wollte, wird er ein zweites Mal Erfolg haben? Und was wird geschehen, wenn das Wissen des Mönchs die richtigen Ohren finden sollte …?
 

Adrian Leschek präsentiert in seinem Fantasy-Roman »Der Herr des Feuers« einen recht eigenwilligen Haupthelden mit einer ziemlich düsteren Vergangenheit. Der großer Teil der Geschichte wird aus seiner Perspektive erzählt und gibt dem Leser einen interessanten Einblick in eine zunächst fest gefügte Wertevorstellung, nach der sich der nachdenkliche Assassine bei all seinen Taten richtet. Dass ihn diese aufs Glatteis führt, stürzt den Antihelden in einen Konflikt, der Dolch langfristig beschäftigt und schließlich auch zu einer Entwicklung seines Charakters führt, die in ihrer finalen Konsequenz eine ziemlich zynische Überraschung wurde.

In seinem Zweifeln und seiner Nachdenklichkeit über die sich verändernde Lebenssituation tritt sein herausragendes Können mit der Waffe hinter die innere Entwicklung zurück und nimmt dem Protagonisten die übermenschlich wirkende Professionalität. Gerade bei Dolch habe ich sein hingebungsvolles Streben nach Perfektion gerne verfolgt, da es ihm erlaubt war, zu scheitern und an diesem Scheitern zu wachsen – also wurde erzähltechnisch alles richtig gemacht!

Dagegen ist sein Antagonist, der verkrüppelte Mönch Baladus, schon sehr viel mehr ein Unsympath, der an seiner Mission und Bestimmung keinen Moment lang zweifelt und es trotz aller körperlichen Beeinträchtigungen mit einer geradezu sadistischen Freude genießt, andere Menschen seinem Willen entsprechend zu manipulieren. Was zunächst durch die unterschiedliche Erzählperspektive als spannender Erzählstrang beginnt, verliert sich leider mit der Zeit in eine stetige Wiederholung immer neuer Überheblichkeiten des Mönchs, der trotz seiner recht prekären Situation nur wenig daran zweifelt, dass seine ganzen Planungen genau so aufgehen werden, wie er sich das vorstellt.

 nimmt man Baladus nach einer gewissen Zeit nicht mehr als Opfer wahr, sondern muss ihn als einen der Täter empfinden, der selbst das Leben seiner Umgebung relativ mitleidlos opfert, um seine Ziele zu erreichen und versucht, im Hintergrund so viele Strippen zu ziehen wie nur möglich. Denn sein eigentliches Ziel ist weniger die Offenbarung seines geheimen Wissens, sondern die Kontrolle über alle anderen zu haben, die sich mit ihm auf dem ränkevollen Spielfeld befinden.

Dritter in der Runde der hauptsächlich handelnden Personen ist der Barbar Kellorn, welcher das unsichere Leben als Söldner vor den Toren der belagerten Stadt Arakand zugunsten einer weitaus einträglicheren Position in der Stadtwache eingetauscht hat und erst einmal mit den dort herrschenden Verhältnissen klar kommen muss. Kellorn dient als Außenseiter zu einem großen Teil dazu, die Welt zu erklären, in der die Erzählung handelt, da er Arakand noch nicht kennt und die riesige Stadt nur von außen wahrgenommen hat.
Er bringt Fragen auf, die man sich als Leser durchaus auch stellt und bietet eine frische Perspektive. Dabei gelingt es dem Autor, die Blickwinkel oft genug zu wechseln, dass man der Person, aus deren Perspektive die Handlung betrachtet wird, nicht überdrüssig wird und die Handlung in einem schnellen, aber nicht zu rasanten Tempo voranschreitet.

Auch wenn die Erzählung bis auf eine überraschende Wendung am Ende relativ höhepunktsarm ist, so heißt das nicht, dass »Der Herr des Feuers« eine schlechte Geschichte wäre – mitnichten! Gerade dadurch, dass man auf viele Weisen Einblick in die Handlung erhält und die beleuchteten Personen sehr unterschiedlich gestaltet sind, bleibt die Erzählung kurzweilig und lässt nach dem Ende der jeweiligen Kapitel die Lust auf das nächste zurück. Dabei wird der Grundkonflikt zwischen Wissenschaft und Glaube langsam eingeführt und bleibt bis zum Ende präsent.

So zeigt sich Andreas Leschek als routinierter Erzähler, bei dessen Story ich nur bedauert habe, dass in all diesen Blickwinkeln nur für einen geringen Bruchteil auch die Perspektive einer Frau erschienen ist und ansonsten alle anderen Handelnden Männer sind. Im letzten Viertel der Erzählung indes schien mir die bisher recht detailreiche Schilderung etwas fahriger zu werden, sodass es wirkt, als habe der Autor zu einem Ende kommen wollen. Aber angesichts der abrupten Wende der Geschehnisse ist das absolut verzeihbar und die Frage bleibt zurück, ob die Welt von Arakand nun eine Eintagsfliege bleiben wird oder ob sich der Autor für ein neues Werk wieder dorthin begeben wird – Potential dazu wäre in jedem Fall vorhanden.

Fazit: Solide erzählte Fantasystory ohne echte Höhepunkte, aber mit interessanten Blickwinkeln. Sieben von zehn möglichen Punkten. 

Buchdetails:
Titel: Der Herr des Feuers
Autor: Adrian Leschek
Buch/Verlagsdaten: Blanvalet Taschenbuch Verlag, 15. Februar 2016, Taschenbuch, 448 Seiten, ISBN-13: 978-3734160264 

Das Rezensionsexemplar wurde vom RandomHouse-Bloggerportal zur Verfügung gestellt - vielen Dank! 

Über Gloria H. Manderfeld

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