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Secret World Legends: Lohnend oder Cashcow?


Im Juli 2012 erschein das MMORPG "The Secret World" und räumte mit dem Gedanken gründlich auf, dass es in einem Online-Spiel immer nur darum gehen kann, dass man möglichst viele Mobs umhacken müsste, um einen Fortschritt der Spielfigur zu erhalten: mit ziemlich knackigen Rätseln und reichlich Schleich- und Geschicklichkeitsmissionen erkundete man für die Illuminaten, Templer oder Drachen die Mysterien und Geheimnisse der Spielewelt und kam so allerlei düsteren Verschwörungen auf die Spur. 

Leider war das Spiel langfristig kein wirklich großer Wurf von Funcom - vermutlich waren Setting, der hohe Anspruch vieler Aufgaben, das Fähigkeitenrad und der doch merkliche Schwierigkeitsgrad nichts, womit man eher auf Casual Gaming orientierte Spielermassen anziehen konnte - und so begann der langsame Abstieg mit Serversterben, Servermerge, immer weniger Spielern und so weiter. Ich hatte damals mit "TSW" aufgehört, weil mir die grafischen Mängel, einige nervige Bugs und die Notwendigkeit, im dritten großen Spielgebiet zwingend immer mit jemand anderem unterwegs sein zu müssen, um die Quests zu schaffen irgendwann auf die Nerven gingen. 
Aber als ich im Lauf dieses Jahres hörte, dass TSW einen Relaunch unternehmen würde, habe ich mich dann doch gefreut - immerhin habe ich bisher kein MMORPG erlebt, bei dem ich mir zwischendrin vor Angst mal fast in die Hose gemacht hätte, weil der Horrorfaktor so gut rübergebracht wurde.

Ich habe als ehemaliger TSW-Spieler natürlich auch Early Access für "Secret World Legends" bekommen und die letzten Tage fleißig gespielt - was sich verändert hat und wie ich darüber denke, habe ich euch hier nun aufgedröselt:

Grafische Erscheinung
An der Spielewelt haben sich die Licht- und Nebeleffekte verbessert, ich habe auch den Eindruck, dass gerade in den neu gestalteten Gebieten in Agartha ein bisschen mehr Details drinstecken als zuvor, aber ansonsten ist SWL genau dasselbe wie TSW. Gerade bei den Cutscenes/Videos, welche Hauptquests einleiten oder generell die Geschichte des Spiels beginnen, hätte man nachdrehen müssen, weil man den Figuren das Alter und den mangelnden Fortschritt deutlich ansieht. 
Es gibt nun einmal einen riesigen Unterschied in der technischen Entwicklung zwischen 2012 und 2017 - dass die Entwickler hier überhaupt nichts verändert haben, kann ich nicht verstehen, da dies einer der offensichtlichsten und auch merklichsten Punkte ist, bei dem man dem zugrundeliegenden Spiel sein Alter anmerkt: Eckige Körperkanten, seltsam geformte Finger und Hände, generell nicht wirklich attraktive Gesichter - daran habe ich mich früher nicht so sonderlich gestört, aber mit dem Abstand von fünf Jahren und dem Vergleich zu anderen Games, die nach TSW gelauncht wurden, fällt mir derartiges umso mehr auf.
Funcom wirbt beim Relaunch von SWL damit, das Spiel an moderne Gegebenheiten und Spielgeschmack angepasst zu haben, doch gerade bei den  Animationen, den Cut-Scenes und der Charaktererstellung merkt man, dass hier im Grunde fast 1:1 übernommen wurde, was 2012 dem geneigten Spieler präsentiert wurde - modern sieht anders aus. Im Vergleich zu anderen Games schneidet SWL leider nicht wirklich nicht gut ab.


Charaktererstellung
Schon damals habe ich mich über die wenigen Charakterindividualisierungsmöglichkeiten von TSW geärgert, gerade die Gesichter boten nicht wirklich viel Abwechslung und schienen alle generell eher in der Ecke 'durchschnittlich' oder 'kantig' angesiedelt, auch jene der weiblichen Spielfiguren. Ich lege bei Online-Games sehr viel Wert darauf, möglichst viel meiner Spielfigur anpassen zu können, und auch wenn sich die Gesichterauswahl im Vergleich zu TSW verbessert hat, fehlen grundlegende Optionen wie Körperform-Anpassung oder ein Feintuning des Gesichts leider nach wie vor. 
Entweder man nimmt das vorgefertigte Modell und packt da noch ein bisschen Makeup, Narben oder Tattoos drauf, oder aber man hat eben Pech gehabt - mehr geht nicht. Selbst die Möglichkeit, die Körpergröße anzupassen, fällt bei maximaler oder minimaler Größenauswahl im Spiel nicht wirklich auf - den Slider hätte man sich auch sparen können.
Schade, denn selbst der Charaktereditor des 2011 erschienenen SWTOR bietet da mehr Optionen, und schon der ist nicht wirklich das Gelbe vom Ei! Dieser Punkt hat mich wirklich enttäuscht, denn gerade auf derlei legen Spieler viel Wert: bei anderen Funcom-Produkten wie "Conan Exiles" geht es doch auch.

Questsystem
Auch wenn ich erwartet hatte, dass sich bei der Story oder den Quests irgend etwas tun würde, musste ich nach dem Tutorial beim Betreten der Spielewelt feststellen, dass alles beim Alten geblieben ist - das bewährte Questsystem aus Ermittlungs-, Haudrauf- und Spionagemissionen ist ein Merkmal von TSW, welches auch bei SWL seine Berechtigung hat. Unerfreulicherweise jedoch gibt es auch bei den Quests kaum Innovation:
Wer in SWL levelt, spielt sich durch dieselbe Storyline wie bei TSW, bei denen nur einige Nebenquests marginal an bessere Spielbarkeit und Leitung der Spieler von Questhub zu Questhub angepasst wurden.  Wie auch bei TSW ist es möglich, alle Quests zu wiederholen, Haupt- wie Nebenquests, um extra Erfahrungspunkte zu sammeln; spezielle Belohnungen für das Abschließen von Ermittlungsquests gibt es jedoch nur beim ersten Lösen.

Ergänzt wurden die bereits bekannten Quests durch örtlich erscheinende Spezialaufträge, für welche man eine bestimmte Menge NPC-Gegner töten muss, ebenfalls insgesamt fünf einfache und fünf Bonus-Herausforderungen pro Tag, mit denen man insgesamt 20.000 'Male der Gunst', eine Währung für den Handelsmarkt und spezielle Items, verdienen kann und für die Aufgaben wie '5 Hauptquests erledigen' oder '50 NPC-Mobs töten' abgeschlossen werden müssen. 
Generell jedoch hätte ich mir definitiv ganz neue, für den Relaunch designete Quests gewünscht - gerade wenn man TSW intensiv gespielt hat, erlebt man schlicht nichts Neues, was sich im Grunde nur noch wie das Leveln eines weiteren Twinks anfühlt. Daran ändert auch nicht, dass die Quests abwechslungsreich und interessant gestaltet sind - auch etwas, das wirklich gut gemacht ist, wird bei der x-ten Wiederholung irgendwann müßig.

Glücklicherweise gibt es nun auch einen Gruppenfinder für die Dungeons, Baue und sonstige Spezialmissionen, die man besser mit mehreren Leuten bestreitet - früher bei TSW war die Suche nach geeigneten Mitstreitern für die jeweiligen Dungeons über den jeweiligen Gebietschannel eine ziemlich mühselige Angelegenheit. 

Tauglichkeit für Casual Gamer
So einige bei TSW als schwierig oder zumindest herausfordernd bekannte Quests wurden durch eine Vereinfachung der Mechaniken massentauglicher gemacht, auch die Menge an Mobs in verschiedenen Questgebieten scheint verringert worden zu sein, um das Spiel zu erleichtern. Das dürfte sicherlich Spielern, die diese Quests zum ersten Mal lösen müssen und im Spiel noch nicht so geübt sind, mehr Spaß bringen. Durch die jeweils um einen bestimmten Ort im jeweiligen Gebiet gruppierten Haupt- und Nebenquests lässt sich leicht Abschnitt für Abschnitt vorgehen, was ein casual Spiel deutlich unterstützt.
Überraschenderweise bietet das Questsystem auch eine weitere Neuerung: bei Quests, bei denen eine visuelle Spur verfolgt werden muss (die man früher anhand von Reifenspuren, Blutflecken, Schmutzspuren und ähnlichem eben sehen musste, um sie verfolgen zu können), erscheinen leuchtende Symbole, denen man simpler folgen kann, egal, ob es notwendig ist oder nicht - bei einer sehr breiten und großen Reifenspur hätte ich beispielsweise eine solche Hilfe nicht benötigt, bei kleinen Blutflecken auf dunklem Boden hingegen ist das eine Erleichterung. 


Bis auf Ermittlungsquests wird der Spieler zudem durch die bereits aus TSW bekannten Questmarker durch die Umgebung geleitet, auf die man im Zweifel einfach zulaufen muss - leichter geht's nicht. Das Spiel merkt sich inzwischen auch die Standorte von Questgebern auf der Map. Wer also auf der Suche nach einigen Nebenquests ist, findet diese dank einem Blick auf die Map in einem bereits erkundeten Gebiet wieder.

Anpassungen gibt es erfreulicherweise auch beim Craftingsystem: was früher in eine das Bankfach füllende Sammelorgie an Materialien und komplizierte Lege-Arien dieser Materialien ausartete, benötigt heute nur einen Gegenstand, den man zu nutzen wünscht und entweder einen Berg gleichartige Gegenstände, um den gewünschten bis zu einem Level von 20 zu steigern, oder aber Gegenstände gleicher Qualitätsstufe und Gegenstandslevel, um jene miteinander zu fusionieren, um einen neuen, eine Stufe höherwertigen Gegenstand herzustellen. Dies kann eine Waffe oder ein Talisman beliebiger Art als Grundlage sein.
Die täglichen insgesamt 10 Herausforderungen können bereits im Startgebiet an einem Abend geschafft werden, sodass man mit ein wenig Geduld und Grinding genügend Geld in die Hand erhält, um sich spezielle Dinge oder neue Gegenstände im Handelsmarkt zu kaufen - wer es nicht eilig hat und bereit ist, Zeit zu investieren, ist dieser Weg eine gangbare Alternative.

Rollenspiel-Tauglichkeit
Bei einer so reichhaltigen, mythenlastigen Spielewelt ist der Gedanke an einige schicke Rollenspielsessions natürlich nicht fern. Früher gab es bei TSW zumindest zur Zeit des ersten Launches verschiedene Spielserver, auch RP-Server, welche dann nach einigen Jahren einem Servermerge und dem daraus resultierenden babylonischen Sprachgewirr zum Opfer fielen. Bei SWL gibt es gar keine individuell wählbaren Server mehr, man loggt ein und befindet sich auf einem Server, zusammen mit Spielern aller Art und aller möglicher Sprachen. Letztendlich läuft es darauf hinaus, dass man sich auf englisch verständigt, um eine Chance zu haben, überhaupt mit diesen zu interagieren.
Offenes RP jedoch scheint mir durch diese Mechanik komplett unmöglich, da sich die Spieler beim Einloggen in unterschiedlichen Instanzen befinden, findet man sich in einer Gruppe zusammen, müssen oft die Spieler in die entsprechende Instanz wechseln. Das ist derzeit noch einigermaßen bugbelastet, ich habe zB mehrfach erlebt, dass sich mein Spiel beim Instanzwechseln schlicht aufgehängt und nicht mehr reagiert hat. Ein nichtgruppeninduziertes Instanzwechseln habe ich bislang noch nicht entdecken können, sodass man sich für RP nicht einmal in einer bestimmten Instanz verabreden könnte - so wird RP auf PvE-Gruppeninternes Spiel beschränkt, für das man bereits bekannte Mitspieler benötigt. Fraglich, ob man ohne ein größeres Maß an OOC-Verabredung über Foren oder andere Medien dann überhaupt andere Rollenspieler kennenlernen kann.

Schlüssel und verschiedene Währungssorten
Wer mit SWL beginnt, muss gleich mehrere Währungsarten im Blick behalten: zum einen braucht man durch das Töten von Mobs erhältliche "Anima-Splitter", die man benutzen kann, um Gegenstandsaufwertungen zu bezahlen. Daneben kann man durch das Absolvieren tägliche Herausforderungen "Male der Gunst" verdienen, mit denen man Waren im Handelsmarkt, spezielle Items, Inventarerweiterungen, Sprint-Verschnellerungen und andere kleine Goodies für die Spielerleichterung kaufen kann. 
Die entweder über einen flexiblen Handelsmarktkurs gegen "Male der Gunst" ertauschbare oder (derzeit nur per Kreditkarte) mit Euro bezahlbare Premiumwährung "Aurum" schließlich nutzt man, um sich besondere Effekte, Haustiere, Kleidungsstücke, Schlüssel für Agartha-Kisten und anderes kaufen zu können.
Grundsätzlich keine schlechte Idee - mit einem System, in dem man durch Ingamewährung  Premiumwährung kaufen kann, gibt auch GW2 den Spielern die Möglichkeit, ausserhalb von Eurolastigem Zukauf Premiumwährung zusammen zu bekommen. Aber - und hier kommt ein "aber" - die Tatsache, dass man Aurum nur über den Umweg von "Malen der Gunst" ertauschen kann, der Kurs fluktuiert und man für den Erwerb von "Malen der Gunst" erstmal eine ordentliche Menge an Herausforderungen absolvieren muss, um genug Tauschmaterial zu haben, schraubt das die Grindspirale ziemlich nach oben.
Glück für diejenigen, die dafür Zeit haben, Pech für die, die wirklich rein casual mal ein, zwei Stündchen am Abend reinstecken wollen, da die Aurum-Mengen, die man für den Kauf von speziellen Items benötigt, locker mal den Verdienst mehrerer Abende schluckt. Ja, es ist möglich, alle Spielinhalte wie von Funcom versprochen ohne Zuzahlungen zu erhalten - aber wieviel Zeit man dafür hineinstecken muss, verschweigt der Entwickler wohlweislich.

Kampfsystem
Wer seinen Charakter in SWL levelt, erhält bei steigender Erfahrungsmenge Kraft- und Fähigkeitspunkte, welche für den Kauf von aktiv anwendbaren Skills und passiv wirkenden Fähigkeiten verwendet werden können. Da man sich sowohl aktive wie auch passive Kräfte aus der dann vorhandenen Auswahl aussuchen kann, um sein Kampf'deck', welches aus einer Standardangriffsfähigkeit, drei erweiterten Kampffähigkeiten und zwei Spezialkräften besteht, zusammenzustellen, bleibt hier ein gewisses Maß an Individualität gewahrt, das von den beiden equippten Waffen abhängt. 
Ohne die zur jeweiligen Skill-Linie passende ausgerüstete Waffe kann man auch die entsprechende Kraft nicht nutzen - Blutmagier brauchen beispielsweise einen Fokus in Form eines Buches, Revolverhelden ballern mit Pistolen auf ihre Gegner, wer gerne mit einem Schwert dem Feind zu Leibe rückt, nutzt für den Skill "Klinge" beispielsweise ein Katana. Die Skills löst man mit den Tasten Q, E, 1,2 sowie rechter und linker Maustaste aus - verrutscht man im Kampf mal, wird das Ganze zu einem interessanten Tastengehämmer, ist also für anderes gewöhnte Spieler sicherlich eine Umstellung, die dank der übersichtlichen Menge an nutzbaren Skills jedoch überschaubar bleibt.
Im Kampf selbst muss man in Bewegung bleiben, da die Gegner geschickt vorgehen, flankieren, einkreisen und durch Fähigkeiten allerlei bunte Kreise mit unangenehmen Wirkungen auf den Boden werfen. Eine Neuerung stellt das aktive Ausweichen dar, welches man über ein doppeltes Tippen der jeweiligen Richtungstaste auslöst - unbegrenzt Ausweichen kann man leider nicht, da beim Ausweichen Stamina verbraucht wird und diese sich erst einmal wieder auffüllen muss, es empfiehlt sich also, sich gut zu überlegen, in welche Richtung man ausweicht.

Todessystem
Bei TSW wurde genau dasselbe gemacht wie bei Vorgängerspielen wie World of Warcraft oder Ultima Online: Wer stirbt, landet bei einem der in der Spielewelt verteilten Wiederbelebungsschreine und muss zuerst den Geist mit dem geschlagenen Körper wiedervereinen.
Das bedeutet, wer in jener Gegend, in der er questet, noch keinen nahen Schrein entdeckt hat, muss von einem weiter entfernten herbeilaufen. Dabei bewegt man sich mit der "Geistergestalt", die nicht angreifen kann, aber auch nicht angegriffen wird, durch eine in Grautönen gestaltete Landschaft, bis man eben an der Stelle, an der die NPC-Gegner die eigene Spielfigur aus den Latschen geprügelt haben, wieder erreicht hat.
Gerade in Ecken, in denen nicht nur feindliche NPCs, sondern auch Gesundheitsmindernde Umgebungseffekte vorhanden sind, ist das fast ein Garant für einen weiteren nervigen Tod. Und wider Erwarten hat sich leider nichts an diesem unpraktischen und nicht mehr zeitgemäßen System geändert - man stirbt und läuft. Danke für nichts, Funcom!

Kisten, Kisten, Kisten
Wer sich fleißig durch die NPC-Gegner in der offenen Welt oder in Dungeons fraggt, dürfte im Gegensatz zu anderen MMORPGs schnell feststellen, dass es hier auf jeden Fall schon quantitative Unterschiede gibt: einfache Mobs droppen keinerlei Loot, Anima-Splitter und Exp landen beim Töten automatisch in Geldbörse und Erfahrungsbalken.
Loot-Taschen gibt es nur für absolvierte Quests, für das erstmalige Erschlagen besonderer Mobs (auf der Minimap mit einem bräunlichen Totenkopf angezeigt), in Form random droppender lila leuchtender Agartha-Kisten und in Dungeons, auch in Kistenform. Während man Loot-Taschen durch einen einfachen Doppelclick öffnen kann und der darin befindliche Gegenstand im Inventar landet, ist für das Öffnen der Dungeonlootkisten und Agartha-Kisten ein jeweils spezieller Schlüssel notwendig. Dungeon-/Szenario- und Bauschlüssel erhält man zwar auch als F2P-Spieler in geringem Maß kostenfrei täglich, als Abonnennt in größerer Menge - aber es bleibt dabei, ohne Schlüssel kommt man nicht an sein Loot, was naturgemäß die Motivation, des öfteren mal einen Dungeon zu besuchen, um einiges herunterschrauben dürfte. Zusätzliche Schlüssel für diese Lootkisten kosten dann kräftig "Male der Gunst", für die man Herausforderungen farmen gehen muss - Timesink par excellence.

Ich habe noch kein einziges MMORPG erlebt, bei dem das Dungeonloot hinter eine indirekte Paywall gesteckt wurde - denn nichts anderes ist es, man zahlt zwar nicht mit Echtgeld, aber dafür mit einer Menge der eigenen Lebenszeit, die bei anderen Games schlicht nicht nötig ist. Ob einem sowas dann zupass kommt oder nicht, muss jeder selbst für sich entscheiden - meine Lust auf Dungeonbesuche ist jedenfalls absolut im Keller.


Besonders verhält es sich mit den Agartha-Kisten (siehe Bild), für deren Öffnung man die entsprechenden Schlüssel nur mit Aurum kaufen kann - noch mehr versteckter Grind-Aufwand, wenn man kein Echtgeld in die Sache reinstecken will. Ja, der Entwickler Funcom lügt nicht, wenn behauptet wird, dass man sämtliche Spielinhalte ohne Einsatz von Echtgeld erhalten kann. Die zeitliche Hürde, die man dafür überspringen muss, die erschließt sich jedoch erst im Spielbetrieb selbst.
Kauft man Agartha-Kistenschlüssel mit Echtwährung, braucht man für einen Key 150 Aurum - 500 Aurum kosten derzeit 4,99€. Nicht erstaunlich also, dass sich die besten Waffen des Spiels (animabeseelte Waffen) in Agartha-Kisten verstecken, ebenso Aufwertungsgegenstände für Talismane und Waffen, die einem eine Menge Aufwertungen ersparen können. Abonnenten erhalten zwar täglich einen solchen Schlüssel, bedenkt man aber die Menge der Agartha-Kisten, die man pro Tag auch ohne besondere Anstrengung erhält (bei mir schwankt das zwischen 3 und 5), winkt Funcom hier ziemlich deutlich mit der virtuellen Karotte.

Für mich riecht das ehrlich gesagt ziemlich nach Pay to Win, nicht zuletzt, da der Inhalt der Agartha-Kisten zufällig aus einer dafür vorhandenen Loot-Tabelle generiert wird. Man kann mit seinen Keys also Glück haben und für das mühsam erfarmte Aurum gleich eine megadicke Knarre rausziehen, muss aber nicht. Hat man also des öfteren Pech, lösen sich über den Umweg "Male der Gunst" > Aurum > Agartha-Kistenschlüssel > Agartha-Kisteninhalt leicht mal ein paar Spielabende in Luft auf. Wer sich das antun will - viel Spaß! Aber ich vermute, dass SWL bei Steam-Start gerade durch diese Mechanik mit den Kisten eine üble Bauchlandung hinlegen wird, da die User bei so etwas erwartungsgemäß mit Negativbewertungen abstrafen.

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Soviel zu meinem Ersteindruck von "Secret World Legends" - einerseits erlebe ich beim Spiel derzeit eine gewisse Nostalgie, da ich mich gemeinsam mit dem Kerl durch knackige Ermittlungsquests und ordentlich slashige Hauptquests metzeln kann, an denen wir vor ein paar Jahren bereits eine Menge Spaß hatten. Andererseits aber bin ich darüber enttäuscht, wie wenig wirklich sinnvolle Neuerungen zu entdecken sind, da hätte ich mir nach fünf Jahren und dank "Conan Exiles"-Gewinnen vollen Funcom-Kassen mehr erhofft und erwartet.
Es macht schlicht keinen Sinn, eine angestaubte Grafik, angestaubte Cutscenes und ein deutlich erleichtertes Skillsystem als die total tolle Neuerung zu verkaufen, wenn nach etwas tieferem Stöbern leicht erkennbar wird, wie viele Ecken im Spiel irgendwie damit zu tun haben, dass man bis aufs Blut grinden gehen muss, um gescheite Ausrüstung zu bekommen.

Ja, ohne einen gewissen Grind funktioniert kein MMORPG und ich habe nichts dagegen, mir meine gute Ausrüstung zu 'verdienen' - doch sollte eine gewisse Verhältnismäßigkeit zwischen eingesetzter Zeit und Ertrag gewahrt werden, die ich selbst auf niedrigen Stufen bei diesem Spiel nicht wirklich erkennen kann. Wie es im Endgame (also ab Level 50) sein mag, kann ich noch nicht sagen, da ich noch nicht so weit gekommen bin, aber angesichts eines gewissen, bereits jetzt schon aufgekommenen Unmuts bezweifle ich derzeit, dass ich so weit kommen werde.
Wer mal andere Questmechaniken erleben, ordentlich knackige Rätsel lösen und eine gut gestaltete Horrorstimmung genießen will, sollte hier auf jeden Fall mal 'reinschauen - die Quests sind toll, keine Frage - aber für langjähriges Engagement in diesem Spiel sehe ich derzeit keine Grundlagen. Mal sehen, ob und was sich noch ändert.

Über Gloria H. Manderfeld

4 Eure Meinung zu den Nerd-Gedanken:

  1. Hallöchen,

    ein sehr interessanter Eindruck zum Spiel. Ich kenne das Orginalspiel nicht, also werden mich wohl die Parallelen zum Orginalspiel nicht stören. Und ich glaube von dem was du geschrieben hast, wird mir auch das Spiel ziemlich gut gefallen. Mal schauen, wann ich die Zeit finde es anzutesten.
    Anscheinend haben sie ja nachgebessert, was die Pay2Win Sache betrifft. Inwieweit das auch die Lootboxen betrifft, kann ich allerdings nicht sagen.

    Liebe Grüße,
    Abigail

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    Antworten
    1. Wenn Du das Game noch nicht kennst - viel viel Spaß bei den Quests, gerade bei den Ermittlungs- und Knobelquests, daran hatten wir damals beim ersten 'Versuch' echt eine Menge Laune :) ich hoffe, dass Du das genießen kannst, ganz unabhängig von irgendwelchen Paywalls und anderem Kram. Und wenn Du Dir einen Eindruck gemacht hast, wäre es toll, wenn Du mir den schildest - auf sowas bin ich immer neugierig :)
      Liebe Grüße zurück!

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  2. Hab damals zum Release bzw. zur Beta mal reingeschaut, weil ich das Setting wirklich, wirklich gut fand. Habe dann allerdings gerade aufgrund des seltsamen Kampfsystems wieder aufgehört. Und wenn jetzt noch solche Paywalls dazukommen, dann halt ich mich lieber ganz davon fern.

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    1. Vielleicht solltest Du gerade jetzt nochmal reinschauen, das Kampfsystem wurde ziemlich verändert (und an so mancher Ecke vereinfacht). Das mit den Paywalls ... naja, vielleicht sehe ich es auch zu kritisch, aber ich habe nunmal auch nicht unendlich Zeit, bei einem so geringen Ertrag Zeug zu erfarmen.

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