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Alte Zöpfe ab - weniger Grind im Endgame, bitte!

Vor einiger Zeit stieß ich auf die #52Games-Challenge von Zockwork Orange, bei der in jeder Woche des Jahres 2017 ein bestimmtes Gaming-Thema genannt wird, zu dem man sich Gedanken machen kann.
Das Thema dieser Woche lautet "Zöpfe", und auch wenn es natürlich verlockend ist, das ganz wörtlich zu interpretieren und einen seitenlangen Artikel über Lara Crofts Haartracht oder ähnliches zu verfassen, aber mir ist es viel wichtiger, mal etwas zu einem Thema zu sagen, das mir vor allem bei Star Wars: The old Republic inzwischen sehr auf der Seele liegt: Das Thema Endgame mit dem dazugehörigen Grind.

Deswegen heißt es bei mir heute: Zöpfe ab! 
Egal, in welches MMORPG man blickt, ob es nun der Platzhirsch World of Warcraft ist, oder kleinere Vertreter des Genres, ab dem Erreichen des Endlevels gibt es für die Spieler im Grunde nur noch eines: Repetitives Abfarmen von Raids, Dungeons und Dailyquests, um irgendeine Menge an Erfahrungspunkten, Marken oder sonstigen Währungseinheiten zu verdienen. Damit steigt man dann noch eine belieblige Menge an Zusatzleveln auf, bei denen es  - wie überraschend - neue Ausrüstung und/oder ein paar Goodies zu erhalten gibt.

Und damit zockt man dann die vorhandenen Raids, Dungeons und Dailyquests ein bisschen effektiver durch als vorher, hält mehr Schaden aus oder macht mehr Schaden - je nach gewählter Spielrolle. Spätestens, wenn man ein Spiel schon sehr lange zockt, ist das Ganze irgendwann einfach nicht mehr spannend. Nicht zuletzt, wenn man bei jedem größeren Genrevertreter schlicht auf dasselbe trifft.
  • Sind die Spieler, die langjährig mit dabei sind, vielleicht sogar begeisterte Fans, aber auf jeden Fall in der Regel bezahlende Abonnenten, den Entwicklern nicht mehr wert als Dauergrind?
  • Gibt es bei all den Leuten, die in der MMO-Branche jahrelange Erfahrung mitbringen, niemanden, der sich mal was anderes ausdenken kann ausser Verwahr- und Zeitvertreibssysteme für Spieler mit hochgelevelten Charakteren?
  • Sind die Entwickler nicht mehr bereit, auf das zu hören, was sich die Spieler wünschen, um den für sie bequemsten aller Wege zu gehen?
Spiele wie Star Wars: Galaxies oder Dauerbrenner wie Minecraft machen es vor, manche MMOs wie Elder Scrolls Online springen mit ihrem neuen Housing-System auf den Zug bereits auf: Es geht um den Sandbox-Faktor, die Möglichkeit, eigenes zu gestalten und kreativ zu werden. 

Die Annahme, ein Entwickler müsse den Spieler bei der Hand nehmen und ihm minutiös vorgeben, was er machen kann und was nicht, ist ein so alter Zopf, dass er von hier bereits nach China reicht - denn gerade das führt zu immer gleichbleibenden Aufgaben, mit denen man letztendlich nur beschäftigt wird. Und diese Haltung führt zu einem beständigen Hunger der Spieler, da jedermann mit einem Wunsch nach Neuem an Freizeitvergnügen heran geht und das 'Neue' in diesem Fall nur durch die Entwickler befriedigt werden kann.
Ein Druck, den man sich gar nicht auferlegen müsste, würde man MMOs weniger wie Themeparks mit vorgegebenen, feststehenden Attraktionen designen, sondern mehr Möglichkeiten zur Selbstgestaltung und damit auch -beschäftigung für die Spieler eröffnen.

Ein Sandbox-Anteil in einem MMO allerdings gibt dem Spieler Werkzeuge in die Hand, mit denen er innerhalb eines leeren, dafür zur Verfügung stehenden Raumes kreativ werden kann - bei SW:Galaxies führte das dazu, dass sich in den für Spielerbauten vorgesehenen Flächen ganze Städte bildeten und Slots von Gebäuden belegt wurden, die von der Höhle bis hin zum Edeletablissement reichten.
Das SW:ToR-Hakensystem - ein guter Anfang, aber eben nicht perfekt

Man könnte sagen, dass SW:ToR ähnliches bereits bietet, aber durch die nur geringe Auswahl an Grund-Strongholds mit eindeutiger Farbgebung und Beleuchtung sowie einer starren Raumaufteilung ist der Spieler in den Möglichkeiten extrem beschnitten. Ebenfalls fehlt eine freie Möglichkeit zur Positionierung von Gegenständen, da es nur vordefinierte Haken in verschiedenen Größen gibt, auf welche man die vorhandene Einrichtung einsetzen kann. 
Echte Freiheit sieht anders aus!

Klar, das System ist besser als gar keines - World of Warcraft hat es auch nach zehn Jahren noch nicht geschafft, den Spielern irgend etwas zu bieten, das mehr ist als eine instanzierte Umgebung mit ein paar Vendoren und Quest-NPCs darin. Aber man hätte viel viel mehr daraus machen können - alleine schon eine selbst auswählbare Raumaufteilung durch die Schaffung von frei platzierbaren Wandelementen hätte unendliche Gestaltungsmöglichkeiten gegeben.
Survival-Games wie ARK, The Forest, Conan Exiles und ähnliche zeigen, dass man ein System bauen kann, in dem solches funktioniert. Bedenke ich, wie begeistert viele Mitspieler von der Möglichkeit sind, sich ein Haus nach eigenem Gusto zu basteln, scheint mir das ein Spielinhalt zu sein, der viele auch längere Zeit in Atem halten könnte - und mit zusätzlichen, speziellen Wandtiles könnte man auch den SW:ToR-Kartellmarkt um gut verkäufliche Gegenstände beleben. 
Wirkliche Freiheit beim Platzieren von Möbelstücken gibt es meines Wissens nach derzeit nur bei Elder Scrolls Online und Wildstar - und beide Games haben dank Setting, Steuerung, Grafik und/oder Sprachwirrwar auf Riesenservern andere Punkte, die nicht unbedingt jeden ansprechen.

Auch Neverwinter Online hat seit Spielstart einen Sandboxanteil, den ich sehr bemerkenswert finde: die sogenannte "Foundry", ein Questbaukasten. Viel des Spielinhaltes dieses MMOs bestand zu Beginn daraus, dass man über die Foundry einen instanzierten 'Kleindungeon' betrat, bei dem man sich in der Regel durch ein bestimmtes Gebiet durchprügelte, um Questgegenstand X zu erlangen, den man nach Verlassen der Umgebung bei einem eigens dafür designten NPC abgibt - Quest erledigt. 
Das Besondere daran war, dass dieser Questbaukasten für Spieler zur Verfügung steht und man so viel mehr damit machen kann als eben nur ein Dungeongebiet mit Monstern vollzustopfen.
Hochrangig bewertete Quests beinhalten kleine Geschichten, bei denen andere Spieler investigativ tätig werden können, sich durchfragen müssen, die Umgebung erkunden, vielleicht sogar auf einen besonderen Questmob warten, den sie nur dadurch finden, dass sie sich mit einem anderen NPC gut stellen und der ihnen einen Hinweis gibt. 

Questübersicht in der "Foundry" von Neverwinter Online
Wer willens ist, sich auf das System einzulassen, kann ganze kleine Welten schaffen - die erfolgreichsten Questbastler designen ganze Questreihen, bei denen neue Teile von ihren Fans sehnsüchtig erwartet werden.
Nach einer mehrmonatigen Pause im Jahr 2016, in denen die Foundry überarbeitet wurde, ist sie nach wie vor eines der wichtigsten Features des Spieles, eines der wenigen Alleinstellungsmerkmale, wenn man mal von der bedienten Welt absieht. Aber einzigartige Welten haben alle MMOs, das ist heutzutage kein Qualitätsmerkmal mehr ...

Traurig, dass es eigentlich offensichtlich brauchbare Ideen bei den Entwicklern gibt, sie aber selten wirklich konsequent weitergedacht werden oder mit Mut weiterentwickelt - in einem Markt, in dem im Grunde alle MMOs grundlegend dasselbe bieten, braucht es herausstechende Merkmale. Inhalte mit Sandbox-Charakter sind etwas, die für langfristige Motivation sorgen können - aber vermutlich ist hierbei nicht entscheidend, wie sich die Spieler motiviert fühlen, sondern nur noch wichtig, dass sie willig sind, ihre Abonnentengebühr zu bezahlen oder in den Bezahlshops Geld zu lassen. 
Da kann man nur hoffen, dass sich irgendwann eine andere Einstellung der Entwickler ihren Kunden gegenüber durchsetzt und Spiele, die kreativere Endgameinhalte bieten, mehr Zulauf erhalten. Denn anders werden gerade große Publisher nicht lernen, was ihre Kundschaft wirklich möchte - oder, dass zumdest ein merklicher Anteil der Kundschaft nicht wie ein kleines, unmündiges Kind von Raid zu Dungeon zu Dailyquest zum Ruffarmen geführt werden will.


Über Gloria H. Manderfeld

1 Eure Meinung zu den Nerd-Gedanken:

  1. Wirklich sehr schöner Artikel der es auf den Punkt trifft.
    Zu meinen wenig bumser Zeiten in denen ich in WoW eine große Nummer gewesen bin (vermeintlich) , habe ich so darauf hin gearbeitet den Lich King im 25er Hero Modus zu legen. Was hat man gefarmt, gedaylit usw. Nach mehreren Wochen, als er dann lag, da habe ich WOW ausgemacht und dann nicht mehr angeschaltet für Jahre. Habe drüber nachgedacht ob es das wert war....Antwort war Nein. Mit jedem neuen Update dann habe ich es mir wieder gekauft, bin dann aber über einen Monat Spielzeit nicht mehr weiter gekommen. Einfach weil es nur noch Nett ist und ich keine Begeisterung mehr sehe, ja mir schaudert vor dem Endspiel.

    Ich mag Sandbox gerne, da hat es viel zu entdecken und man kann sich selber beschäftigen. In wie weit das mit einem MMO funktioniert, keine Ahnung. EVE Online das ja so viele Möglichkeiten gibt, und im Prinzip auch von Spielern geleitet wird hat aufgrund des massiven Aufwands den man braucht um da Fuß zu fassen, einfach abgeschreckt. ARK hat mich nicht langzeit motiviert. Vielleicht wird es Conan schaffen. Ich hab auch Witcher 3 und Fallout 4 begonnen zu spielen, aber hab auch nach kurzer Zeit wieder aufgehört. Weil es da noch so viel zu entdecken gibt. Gut, ich warte bis ich mehr Zeit habe sagte ich zu mir selber. Ich spiele glaube einfach gerne World of Tanks weil es so "unverpflichtend" ist. Kurze Runden, kein Inventar, kein Grind, keine Verpflichtungen. Jetzt mit Frau und anderen Hobbys will ich mich einfach nicht mehr so an ein Spiel binden. Nur GW2 kann mich mit der lebendigen Welt immer wieder abholen und das Spiel ich dann und freu mich darüber wie es weiter geht. Aber auch da bin ich nicht mehr im Raid und in anderen End Contend unterwegs.

    Etwas völlig neues wäre mal gut, und vielleicht lasse ich mich drauf ein. Was ich mir wünsche kann ich aber leider auch nicht sagen.

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