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Babylon 5

Mauern [Babylon-5-Fanstory]

Diese Story aus dem Babylon-5-Universum stammt aus dem Jahr 2007 - heute habe ich sie durch Zufall aufgestöbert. Sie ist entstanden, als ich damals wieder einmal alle Folgen dieser genialen SciFi-Serie in Reihe geschaut habe und entsprechend inspiriert wurde. Meine Lieblinge waren seit jeher die Minbari, und so bietet die Story einen kleinen Einblick in eine Lektion von Minbari-Tempelschülern und ihren Gästen. Ganz 'original' ist sie allerdings nicht, ich habe ein, zwei Schachtelsätze an einen besseren Lesefluss angepasst.

"Ich bin ein Ranger. Wir gehen an dunklen Orten, die niemand sonst betreten will. Wir stehen auf der Brücke und niemand darf vorbei. Wir leben für den Einen. Wir sterben für den Einen."
Die Worte drifteten durch die Gedanken der jungen, dunkelhäutigen Frau wie ein vertrautes Echo, einer Umarmung gleich, die niemals nachlassen würde, denn mit den Jahren der Ausbildung waren diese Worte ein Teil ihres Selbst geworden. Avani Shidasani, geboren auf dem blauen Planeten Erde, stellte fest, dass sie noch immer fröstelte, wann immer sie sich durch eine Stadt der Minbari bewegte, aber auch diese Reaktion auf die seltsam fremde und doch vertraut wirkende Umgebung gehörte dazu.
Funkelnd spiegelte sich das helle Licht der Mittagssonne auf den abertausend kristallinen Formen und Verzierungen des Tempels, in den sie mit James Hewitt, einem zweiten Ranger, gerufen worden war. Seltsam, dass die Minbari in so vielem den Menschen ähnlich waren, in noch mehr aber sehr viel unterschiedlicher, überlegte sie und lächelte still in sich hinein. Die Zeiten, in denen sie noch zornig gewesen war, in denen sie gegen diese Unterschiede rebelliert hatte, lagen weit zurück und waren doch vom Augenblick der Gegenwart nur wenige Jahre entfernt.

Nachdem das Transportschiff, das ihre Eltern mitsamt dem reichhaltigen Sippenanhang, bestehend aus Schwagern, Tanten, Onkeln, Cousins und Cousinen, betrieben hatten, während Kampfhandlungen zwischen Drasi-Fraktionen beschädigt und zerstört worden war, hatte es für Avani nur noch wenige Perspektiven gegeben. Man hatte sie gefunden, gerettet, und die Wunden des Körpers waren mit der Zeit geheilt. Doch im Inneren ihrer Seele quälte sie der Hass auf die Mörder ihrer Eltern, gepaart mit der endlosen Verzweiflung, alleine gelassen worden zu sein, ohne einen Grund dafür zu kennen.

Sie hatte auf einer abgewrackten Centauri- Raumstation zwischen Müllcontainern und den Schatten unterhalb der Vergnügungsebenen gehaust, sich durch Diebstähle und Lügen ernährt, bis sie eines Tages versuchte, einen etwa fünfzig Jahre alten Mann mit schütterem weißem Haar zu bestehlen, dessen Kleidung zwar schäbig aussah, aber nicht wirkte, als wäre sie aus einem billigen Laden gekommen. Er hatte sie entdeckt, ihre Hand gefangen und sie zu ihrem maßlosen Erstaunen nicht zur Stationssicherheit geschleppt, sondern ihr eine warme Mahlzeit spendiert.
Und immer wieder mit dem trotzigen, dreizehnjährigen Kind gesprochen, das irgendwann begann, zu ihm Vertrauen zu fassen. Er war ebenfalls ein Ranger gewesen, kein aktiver Kämpfer mehr, aber dennoch ein Ranger, der dem Weg der Anla’shok durch sein Wissen und seine Erfahrung dienlich war. Und heute war sie selbst eine der ihren geworden und trat selbst für diese besonderen Werte ein, die ihr damals nicht nur das Leben gerettet hatten, sondern auch fähig gewesen waren, ihrer Seele Frieden zu bringen.

„Warum hat sie uns eigentlich eingeladen?“ riss James’ Stimme seine Begleiterin aus ihren Gedanken. Rein äußerlich gesehen waren sie einander fast ein krasses Gegenteil – Avani war klein, dunkelhäutig und schwarzhaarig, mit einem vollen, runden Gesicht, während James mit seinem langen, blonden Haar und der hellen, rosigen Haut ein typischer Vertreter des eher hageren nordeuropäischen Aussehens darstellte. Dennoch arbeiteten sie gut zusammen, denn dort, wo Avani impulsiv und emotional handelte, konnte James’ Rationalität und Vorsicht vieles retten, dort, wo er zu zurückhaltend gewesen wäre, konnte sie ihn mitreißen. „Es soll anscheinend um die Geschichte von Menschen und Minbari gehen,“ antwortete sie und zuckte unter dem schweren, braunen Mantelumhang etwas die Schultern. Avani deutete auf den vor ihnen aufragenden, aus tausendfach glitzernden Kristallen geformten Tempeleingang. 
„Aber wir werden es sicher gleich sehen.“

James nickte, und die beiden Ranger überwanden den letzten Rest der Strecke mit schneller werdenden Schritten. Wenn eine Satai um Anwesenheit bat, konnte man nicht einfach zu spät kommen. Zwar würde die Welt davon nicht untergehen, aber es war besser, einer Minbari gegenüber Respekt zu beweisen. Andernfalls, hatte James irgendwann einmal im Scherz gesagt, würden sie sich höflich verhalten, sich dann zurückziehen und einem niemals sagen, warum sie das taten. Leicht schmunzelnd blickte sie sich in der hohen Eingangshalle des Tempels um, die sowohl von den deckenhohen, vielfarbig glitzernden Kristallsplitterfenstern als auch einfachen, mit quadratischen Abschnitten unterteilten Lichtsäulen dominiert wurde. Ansonsten befand sich hier nichts – nur Licht und Stille. Keine Bänke, keine Tische, keine Insignien, einzig allein Licht, kühle Luft und vollkommene Stille.
Bei ihrem ersten Betreten eines Minbari-Tempels hatte ihr diese vollkommen fremdartige, spirituelle Atmosphäre einige eisige Schauer über den Rücken gejagt, und auch heute fühle Avani, dass sie die vorherrschende Stimmung berührte. Nachdem die beiden Ranger einige Momente die einzigen Personen in diesem weitläufigen Raum gewesen waren, näherte sich aus der Ferne eines trapezförmigen Portals eine Gestalt. Der junge Minbari war mit der weißen, einfachen Robe eines Tempelakolythen bekleidet und legte, als er die Ranger erreichte, die Hände zum traditionellen Gruß der Minbari zusammen und verneigte sich vor ihnen.
„Bitte folgen Sie mir,“ sprach er leise, ein wenig haspelig in Standard, und wandte sich ohne eine weitere Erklärung um.

Die beiden Ranger wechselten einen kurzen Blick, und an den winzigen Lachfältchen in den Augenwinkeln ihres Begleiters erkannte Avani, dass sie nicht die einzige im Raum war, die kurz über die rätselhafte Art der Minbari lächeln musste. Dass ihr Führer versucht hatte, Standard anstatt der Sprache der religiösen Kaste zu sprechen, zeugte entweder von Höflichkeit oder aber von Unwissen: auch die Ranger lernten Adrenato während ihrer Ausbildung, um sich mit ihren Lehrern verständigen zu können. Lichtflecken in verschiedensten, hellen Farben wechselten sich auf dem Boden ab, und Avani fühlte an manchen Stellen die Wärme der Sonne deutlicher auf ihrem blauschwarzen Schopf wilder Locken, als sei die Galerie, durch welche sie geführt wurden, ein Gang der Sinneseindrücke, der ohne Worte die Verschiedenartigkeit der Schöpfung offenbaren sollte.
Sie nahm sich vor, später danach zu fragen – denn die meisten Geheimnisse der Minbari- Architektur waren noch immer ein Buch mit mehr als sieben Siegeln für sie. Jedes Mal entdeckte sie etwas Neues, Einzigartiges, nie konnte sie sich satt sehen. Wieder aus ihren Gedanken in die Gegenwart zurückkehrend, stellte sie fest, dass sie in eine weitere Halle geführt worden waren, die durch mehrere Lichtsäulen unterteilt wurde.

Eine kleine Gruppe an weiteren Minbari in den Roben der Tempelschüler – weiss und helles Braun – stand abseits und schien zu warten, während in der Mitte des Raumes eine kleine, einfache Säule aufgebaut war, die ein Gestell aus Kristall bereit hielt. Der Akholyt verneigte sich abermals vor den Rangern, nachdem er sie in die Nähe der Schülergruppe geführt hatte, und ließ sie mit den Minbari alleine, deren verstohlene Aufmerksamkeit den beiden Anla’shok nicht entging.
Offen angestarrt wurden sie natürlich nicht, denn dies war für Minbari höchst unhöflich, aber dennoch blieben die Blicke der Schüler ab und an auf ihnen liegen. Niemand sagte ein Wort, auch Avani und James eröffneten das Gespräch nicht – wenn die Schüler sich an diesem Ort befanden und nichts sagten, gab es dafür in der Regel auch einen guten Grund. Sollten sie einem Schweigegelübde unterliegen und man würde sie ansprechen, wäre es für die Schüler wiederum unhöflich gewesen zu schweigen, denn die Anla’shok waren hoch geachtet. So vermied man Komplikationen mit den verworrenen Glaubens- und Benehmensregeln der Minbari besser durch Schweigen und nicht allzu offene Blicke.

Die vollkommene Stille des Tempels wurde abermals gestört, wenngleich nicht auf unangenehme Art und Weise. Leise Schritte kündigten die letzte, noch fehlende Person an, Satai Reohann, Mitglied des grauen Rates für die religiöse Kaste. Seit durch die Neuordnung des grauen Rates durch Delenn die Anzahl der Vertreter der religiösen Kaste von drei auf zwei zurückgegangen war und die Kaste der Arbeiter die meisten Vertreter stellte, war die Ehre, in den grauen Rat berufen worden zu sein, umso größer geworden. Noch immer war Delenns Einfluss spürbar, selbst fast fünfzig Jahre nach ihrem Tod.
Noch immer erinnerte man sich ihrer Weisheit und Weitsicht genauso sehr wie ihrer Werke und ihrer Lehrsätze, die in den Tempeln weitergegeben wurden wie auch die Lehren Valens und Dukhats. Und man erinnerte sich ihres Lachens, ihres großen Opfers, eine Brücke zwischen den Minbari und den Menschen zu schlagen, indem sie durch eine besondere Transformation zu einer Hybridin geworden war, halb Mensch, halb Minbari. Reohann war unter die Anwesenden getreten und hielt etwas in den beiden, schlanken Händen, das Avani erstaunt als Triluminarium erkannte – ein dreieckiger Rahmen aus matt schimmerndem Metall, darin ein vielseitiger, farbloser Kristall, den sie behutsam auf dem kleinen Gestell auf der Säule absetzte.

„Willkommen,“ sagte Reohann und neigte ihren Kopf vor den Rangern, dann zu ihren Schülern, deren Blicke sich auf den Boden gerichtet hatten, die uralte Geste des Respekts, die schon Delenn vor Dukat stets ausgeführt hatte, bis dieser ihr jenes verboten hatte.
„Wie ihr inzwischen festgestellt habt, habe ich für heute besondere Gäste von den Anla’shok eingeladen, denn heute jährt sich ein besonderes Ereignis.“ Warm und volltönend sprach die Satai im Adrenato, und wie immer, wenn Avani sie sah, wirkte sie ausgeglichen, fast ein wenig fröhlich, auf distanzierte, freundliche Art. Es war ihr unmöglich zu sagen, wie alt Reohann sein mochte, aber es hieß, sie hätte noch unter Delenn selbst gelernt. Zeitlos jung und alt wirkte das Gesicht der Satai, in den Augen die Weisheit vieler Jahre, das Gesicht jedoch faltenlos und glatt, als sei sie noch eine sehr junge Frau.
Und wahrscheinlich hätte sie auf die Frage nach ihrem Alter nur gelacht und gesagt, dass dieses Wissen nicht von Bedeutung sei. Minbari maßen dem Alter an sich wenig Bedeutung bei, es verlief und endete im ewigen Kreislauf.
„Heute vor hundertvierundachtzig Jahren, im Erdenjahr 2242, fand unser großer Führer Dukhat den Tod, und damit begann der große Krieg zwischen Menschen und Minbari.“ Satai Reohann blickte von den beiden Rangern zu ihren Schülern zurück und deutete sanft auf einen schmächtigen, eher kleinen jungen Minbari, dessen Gesichtszüge eine gewisse Naivität andeuteten.
„Was ist dabei geschehen, Elennor?“ Der Angesprochene zuckte etwas zusammen und räusperte sich nervös, bevor er zu sprechen begann, den Blick auf die matt dunkelgrün schimmernden Bodenplatten gerichtet.

„Ein Schiff der Erdallianz traf auf eines unserer Schiffe, das aus Höflichkeit die Waffensysteme aktiviert ließ, um dem Gegenüber Respekt zu erweisen. Die Menschen jedoch interpretierten dies falsch und griffen an. Bei diesem Angriff kam der große Dukhat zu Tode, und durch diesen Verlust voller Zorn, wurde der Angriff gegen die Schiffe der Menschen befohlen. Der große Krieg begann.“ Reohann nickte Elennor leicht zu, der verstohlen aufatmete, dann wies sie mit einer ruhigen, fast priesterhaft wirkenden Geste auf die beiden Anla’shok.
„An diesem besonderen Tag habe ich zwei Anla’shok eingeladen, die nicht Minbari sind, und doch gelernt haben, unter uns zu leben. Aber es soll nicht um diese beiden gehen, sondern um euch.“ Einige der Schüler blickten sich gegenseitig an, dann aber schnell wieder zu Boden.
„Ich möchte euch etwas zeigen,“ führte die Satai fort und schritt in Richtung der kleinen Säule, auf welcher noch immer das Triluminarium weilte.
„Ihr solltet allerdings den Blick erheben, sonst werdet ihr nichts erkennen können.“ Folgsam hoben sich die Köpfe der Schüler, während die Ranger schweigend das Geschehen beobachteten, auch wenn beide nicht die geringste Idee hatten, was das Ganze nun werden würde.

Reohann blieb neben dem Triluminarium stehen und erklärte:
„Die Triluminarien wurden uns von Valen anvertraut und sind seitdem immer sorgsam bewahrt worden. Aus der Erzählung über Delenns Leben werdet ihr noch wissen, dass sie ein Triluminarium benutzte, um durch die Zeremonie des Chrysalis zu dem zu werden, was Minbari und Menschen verbunden hat.“
Die Schüler nickten stumm, aber niemand meldete sich oder stellte Zwischenfragen, was Avani erstaunte. Sie hatte gemeinsam mit Minbari gelernt und diese oft als sehr wissbegierig erlebt, wieso blieben also diese Tempelschüler so lautlos?
„Elennor, tritt vor und berühre das Triluminarium,“ gebot die Satai und lächelte dabei etwas, was den Schüler kurz zögern ließ. Ein so wertvolles Artefakt bekamen sie nicht an jedem Tag zu sehen, und so herrschten doch einige Skrupel vor, die er sich nicht so leicht ablegen konnte.
„Nur Mut. Es wird Dich nicht beißen,“ fügte Reohann freundlich an und machte ihm Platz.

Zögerlich hob Elennor seine rechte Hand und tippte das Triluminarium kurz an, zuckte fast sofort zurück, als es zu leuchten begann und erlosch, sobald seine Hand es verließ.
„Nun Du, Hreel.“ Der nächste Schüler trat vor und berührte das Artefakt, doch bei ihm leuchtete es nicht. Einen nach der anderen bat Reohann nach vorne, ließ sie das Triluminarium berühren und beobachtete die Szenerie ansonsten schweigend – mal leuchtete es, mal nicht, jedoch schien es öfter mit einem Leuchten zu reagieren als lichtlos zu bleiben. Dann, als der letzte vorüber gegangen war, winkte sie Avani und James heran:
„Auch unsere Gäste sollen die Ehre erwiesen erhalten, das Triluminarium zu berühren.“

Wieder tauschten die Ranger einen Blick – sollten sie? Aber die Satai hatte sie ausdrücklich gebeten, es abzulehnen, wäre unverzeihlich. Ähnlich wie zu spät kommen, auf einem White Star nicht im Gemeinschaftsraum zu schlafen und Blumen im Tempelgarten zu zertrampeln. Bei manchen Dingen waren Minbari einfach seltsam – und wann bekam man schon die Chance, einem so bedeutsamen Artefakt nahe zu sein? Vorsichtig legte Avani ihre Fingerspitzen auf den metallenen Rahmen des Triluminariums und stellte überrascht fest, dass es auch bei ihr leuchtete – ebenso bei James.
Ihre Verwirrung spiegelte sich auch auf den Mienen der Tempelschüler wider, die sich diesen Umstand ebenso wenig erklären konnten wie die beiden Anla’shok selbst. Nur Reohann wirkte absolut nicht überrascht, was sie jedoch fast nie tat. Wie die meisten spirituellen Lehrer der Minbari war sie kaum aus dem Konzept zu bringen, es schien geradezu ausgeschlossen, sie in irgendeiner Weise mit etwas konfrontieren zu können, auf das sie keine Antwort finden würde. Aber vielleicht war es das, was den Minbari ihre Sicherheit verlieh, überlegte Avani still für sich. Zu wissen, dass es stets jemanden geben würde, mit dem man sprechen konnte, egal wie verworren das Thema sein mochte.

„Du hast gelernt zu denken und zu beten,“ erhob Reohann wieder ihre volltönende Stimme und konzentrierte die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sich.
„Dies sprach Dukhat zu Delenn, als er sie als seine Schülerin annahm. Auch ihr habt gelernt zu denken und zu beten. Nun ist es Zeit, dies zusammen zu bringen. Ihr seid von unterschiedlichen Völkern, und doch vereint das Triluminarium sowohl Minbari als auch Menschen in seiner Reaktion. Auf einige von euch hat es gar nicht reagiert. Was könnte die Ursache sein?“
Schweigen. Außerordentlich betreten wirkendes Schweigen, dachte Avani und atmete innerlich darüber auf, nicht zu den gefragten Schülern gehören zu müssen, es erinnerte sie an so manche quälende Schulstunde inmitten eines stickigen Klassenzimmers in Bombay, während draußen der Monsunregen fiel und die Schüler durch das dauerhafte Platschen des Wassers nahe am Einschlafen waren. Hier hingegen war die Luft empfindlich kühl und man hörte gar nichts. Während die Minuten verstrichen, fühlte sie sich unwohl, aber die Schüler schienen ernsthaft nachzudenken. Schließlich war es der schmächtig wirkende Elennor, dessen Kopf sich langsam anhob und den Reohann ansprach.

„Wenn das Triluminarium nicht nach der Rasse entscheidet, denn einige von uns konnten kein Leuchten erzeugen, muss es sich nach anderen Kriterien entscheiden zu leuchten, glaube ich. Da wir alle aber dieselbe Ausbildung genossen haben und es auch hier keine eindeutige Ausrichtung gegeben hat, kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, dass etwas anderes als bloßer Zufall entscheidend war.“ Reohann lächelte und wiegte etwas den Kopf.
„Und was würdest Du sagen, wenn ich Dir verraten würde, dass sich die Reaktion des Triluminariums sehr wohl durch das Erbgut bestimmt?“ gab sie zu bedenken und erntete einige überraschte Blicke, manche de Schüler zogen gar eilig den Atem ein. Dieser Gedanke war fast zu ungeheuerlich, denn dass Unterschiede bestanden, war offensichtlich.
„Dann bestehen also Gemeinsamkeiten?“ wagte Elennor nochmals das Wort an sich zu nehmen, ein Nicken von der Satai erntend.
„So ist es. Unsere Völker haben viele Gemeinsamkeiten, auch wenn man sie mit bloßem Auge nicht entdecken kann. Umso wichtiger ist es, sich auf das, was einem fremd erscheint, einzulassen und zu versuchen, es zu verstehen und zu ergründen.“ Sie legte eine ihrer schlanken Hände auf der kleinen Säule ab und blickte sowohl ihre Schüler als auch die beiden Ranger ernst an.

„Hätten im Erdenjahr 2242 die Menschen gewusst, dass die Aktivierung der Waffensysteme kein feindliches Zeichen, sondern ein Zeichen des Respektes ist, hätte ein Angriff vermieden werden können. Hätten wir im Erdenjahr 2242 gewusst, dass für Menschen die Aktivierung von Waffensystemen einen feindlichen Akt darstellt, hätte ein Angriff ebenfalls vermieden werden können. Doch keine Seite kannte die andere, man war sich fremd und hörte nicht auf das, was unsere Herzen uns sagen können. Denn im Wunsch nach Glück, im Lachen, in der Weisheit, in der Neugierde sind wir uns gleich.“ Der Ernst in ihrem Gesicht wich wieder der heiteren, freundlichen Gelassenheit von sonst.
„Das Fremde ist eine Mauer in unseren Köpfen, der wir niemals nachgeben dürfen, wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, irgendwann inmitten dieser Mauer alleine zu stehen. Die Anla’shok sind eine Brücke, die uns in die Galaxis hinaus Türen öffnet, auf dass wir das Fremde kennen lernen können, um Erfahrungen und nützliches Wissen zu sammeln. Sie sind Menschen, und doch haben sie unsere Sprache gelernt, die unsere Art zu kämpfen und unsere Schiffe zu steuern, sie dienen einem gemeinsamen Ziel. Erinnert euch stets daran, dass es nichts gibt, das euch davon zurückhalten sollte, Neues kennen zu lernen und das Fremde etwas geringer zu machen, das unseren Geistern Ketten anlegt.“

Damit neigte sie den Kopf zu den Schülern, aber auch den Rangern, wandte sich um und verließ leichtfüßig den großen Saal, das Triluminarium zurücklassend. Respektvoll verneigten sich auch die Schüler in Richtung der Ranger und folgten ihrer Lehrerin mit schnellen Schritten, während die beiden Menschen schweigend verharrten. Avani betrachtete das Artefakt fasziniert und konnte das Gefühl nicht unterdrücken, an diesem Tag ein besonderes Geschenk erhalten zu haben – und eine wertvolle Lektion erfahren.
Auch Jahre später erinnerte sie sich sehr genau an den 184. Jahrestag des Beginns einer schrecklichen Schlacht. So voller Frieden und Erkenntnis war die Erinnerung an diesen besonderen Tag, dass er die auf den Beginn der Schlacht folgenden Jahrhunderte voller Schatten mit Leichtigkeit für Avani überstrahlte.

Über Gloria H. Manderfeld

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