Slogan Nerd-Gedanken
LARP

Sehnsucht nach Lagerfeuer

Wer einmal mit dem LARP-Virus infiziert wurde, der wird ihn nicht mehr los. Vorausgesetzt, man findet überhaupt Spaß daran, in fremdartigen Klamotten herum zu laufen, über Stock und Stein zu kraxeln und mit etwas Pech an einem Wochenende mit Dauerregen fast den gesamten Tag im Freien zu verbringen. LARPer sind eben nicht so leicht kleinzukriegen. Wie oft man an verregneten LARP-Tagen den Spruch 'Nur die Harten kommen in den Garten' hört, kann ich gar nicht genau aufzählen. Es ist oft.
Oder aber das Wetter schlägt in die andere Richtung aus - selbst erlebt beim Drachenfest 2008. Es war so heiss, dass ich mir regelmäßig ein Tuch mit Wasser getränkt habe und es unter meiner Kopfbedeckung getragen habe, damit ich keinen Hitzeschlag bekomme. Meine Rolle war die einer Magierin, und leider beinhaltete das auch Kleidung im Farbspektrum schwarz bis dunkellila. Solche Farben sind bei Temperaturen über 30°C und glühender Sonne nicht die beste Entscheidung. Seitdem achte ich darauf, für meine Rollen eine Sommergarderobe mit einzuplanen - mit hellen, an Sonnenlicht angepassten Farben. Man muss es sich ja nicht unnötig schwer machen.

Momentan erlebe ich einen Zustand grünsten Neids, der mir das Mit-Freuen bei anderen, in diesem Punkt glücklicheren Bekannten und Freunden wirklich schwer macht: Sie sind alle voller Vorfreude auf die Großcons in diesem Jahr, allen voran Mythodea und Drachenfest, oder fahren jetzt während der Sommermonate auf Zeltcons am Wochenende. Für mich fällt das leider in diesem (wie auch in den letzten vorhergegangenen) Jahr flach - Geld- und Gelegenheitsmangel.
Wer umzieht, verbrennt eine Menge Kohle, und leider meist mehr, als man zuvor geplant hat. Ich musste zusehen, wie sich der Gewinn aus den ersten Monaten dieses Jahres bei meiner selbständigen Tätigkeit buchstäblich in Schweiß aufgelöst hat. In die neue Wohnung umziehen, neue Möbel erwerben, aus der alten Wohnung raus, die alte Wohnung renovieren - und das Ganze über eine Distanz von 350 Kilometern. Da bleibt am Ende nicht mehr viel ausser der Erleichterung, dass man es geschafft hat. Und natürlich einem leeren Konto, das bei jeglicher Sehnsucht nach Lagerfeuern und LARP-Spiel energisch mit dem imaginären Kopf schüttelt.

Aber auch das Zeitproblem war ein Hemmnisgrund - wer eine Fernbeziehung über mehr als 300km Distanz führt, ist das halbe Wochenende mit Fahren beschäftigt. Danach noch von mir oder meinem Freund aus zu einer Conlocation gondeln zu müssen, die vielleicht auch noch einige Stunden Fahrt erfordern, ist bei zwei Berufstätigen irgendwann schlicht ein Ding der Unmöglichkeit. Für die SL-Tätigkeit beim ZdL 2011 mussten wir beide Urlaub nehmen - Spaß hat's ohne Frage gemacht, aber der Erholungsfaktor blieb doch etwas auf der Strecke. Vor allem, wenn man die wenige Zeit, die man überhaupt hat, damit verbringt, Heldengruppen unabhängig voneinander durch das Dungeon zu schleusen und man sich zwar sieht, aber nicht viel gemeinsam tun kann.
So gern ich auch SL bin oder mich für andere engagiere, die Erfahrung dieses Cons hat uns davon Abstand nehmen lassen, das Ganze während unserer Vielfahrerei-Zeit zu wiederholen. Es war auch so schwer genug, sich Urlaubszeit freizuhalten und genießen zu können. LARP wird erst wieder etwas für uns werden, wenn wir endgültig zusammen wohnen und die gröbsten Löcher in der Haushaltskasse gestopft sind. Mit dem Gedanken im Hinterkopf spielen zu müssen, ob man sich ein Getränk in der Spielertaverne überhaupt leisten kann, oder ob man das Geld nicht lieber für die Heimfahrt sparen sollte, um dabei etwas zu essen zu kaufen, macht zumindest mir keinerlei Spaß.

Hachja - das waren noch Zeiten, als ich es regelmäßig mit meinem damaligen Freund auf Cons geschafft habe. Der größte Spaß neben den zu erlebenden Plots war es für mich immer, die Charakterkonzepte anderer kennenzulernen, sie ein bisschen über ihre Hintergründe auszufragen und überhaupt: Mit anderen zu spielen. Das Miteinander ist für mich der wichtigste, zentrale Punkt beim LARP. Zu einem Con einer unbekannten Orga zu fahren und dann Leute aus einer Gruppe zu treffen, die man schon vor einem Jahr kennengelernt hat und mit denen man eine gute Zeit verbracht hatte, ist einfach unbezahlbar. Solche unverhofften kleinen Goodies habe ich beim LARP oft erlebt und ich bin gespannt, ob es mir nach meiner vierjährigen Pause noch immer so gehen wird. Ob da draußen noch Leute sind, die sich erinnern, die sich freuen werden, mich wieder zu treffen.
Denn geplant ist im nächsten Jahr auf jeden Fall eines - der Besuch des Drachenfests. Meinen Freund und ein befreundetes Paar habe ich schon mit dem 'wir fahren aufs DF' Virus angesteckt und wir wollen uns bis zum nächsten Jahr ein kleines, brauchbares Gruppenkonzept ausdenken, das uns erlauben wird, Leute kennenzulernen und mit sehr unterschiedlichen Charakteren zu spielen, ohne die eigenen Charaktere verbiegen zu müssen.

Nächstes Jahr also - ich freue mich schon sehr darauf, auch auf die Zeit mit unseren Freunden. Mit hoffentlich vielen alten Bekannten aus dem silbernen Lager. Mit hoffentlich vielen neuen Bekanntschaften, mit Erlebnissen, die man so schnell nicht wieder vergisst.
Dennoch wird mir die Zeit ein bisschen lang. Ich habe Sehnsucht. Sehnsucht nach einer gemütlichen Runde am Lagerfeuer, nach Erzählungen, nach dem gemeinsamen Grillen, nebenbei erlebten Abenteuern wie dem nächtlichen Gang zur Toilette, wenn die fiesen Räuber mal wieder lauern. Die letzte Pause hat wirklich viel zu lange gedauert. Nächstes Jahr ...

Über Gloria H. Manderfeld

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