Im schönen (und hier leider reichlich verschneiten) März 2016 ist das Thema des Karnevals der Rollenspielblogs 'Unter Druck'. Da mir gerade die Ideen für Unterwasserszenarien ausgehen, möchte ich euch heute ein paar Möglichkeiten vorstellen, wie ihr euren Spielern auch ohne Tiefenrausch ordentliche Spannung aufdrücken könnt. Ausgerichtet wird der März-Karneval von der unglaublichen Clawdeen, deren Blog auch ohne die Aktion mehr als nur einen Besuch wert ist.
Wie immer gilt: Wenn ihr diese Tipps ausprobiert habt, freue ich mich natürlich über ein Feedback, wie gut es in euren Spielerunden geklappt hat.
1. Erschafft Zeitdruck durch sich nach und nach verschärfende Rahmenbedingungen
Im realen Leben sind die Aufgaben, die uns als besonders unangenehm und stressig in Erinnerung bleiben, meist jene, die von uns verlangen, innerhalb kürzester Zeit ein Ergebnis zu erlangen. Wer die Uhr im Hintergrund ticken hört, konzentriert sich meist weniger auf die Lösung des Problems, wird vielleicht sogar hektisch - es liegt bei euch als Spielleiter, den Spielern die ablaufende Zeit zu vergegenwärtigen.
In modernen Szenarien geht das beispielsweise über eine neben den Spielern auf dem Tisch platzierte Stoppuhr, die ihr auf eure Wunschzeit einstellt - ist die Zeit abgelaufen, müssen die Spieler eine Lösung für das gestellte Problem gefunden haben. Oder aber ihr nutzt erzählerische Stilmittel wie Sinneseindrücke, die sich mit fortschreitender Zeit häufen: Ein geschlossener Raum, in den Gas einströmt, wird erst nach einer Weile danach riechen, und wieder eine Weile nach dem ersten Wahrnehmen des fremdartigen Geruchs dürfen die ersten Abzüge auf Primärattribute folgen, um zu verdeutlichen, dass dieser Geruch gefährlich ist und man sich schnellstmöglich aus dem Raum begeben sollte. Blöd, wenn dann die Tür klemmt oder der Dietrich des Schurken abbricht, der das Schloss knacken will.
Eine ebenfalls gut anschaulich und in den meisten Szenarien gut einsetzbar ist der langsam verblutende, wichtige Verbündete, dessen Leiden mit einfachen, aber eindrücklichen Worten beschrieben werden kann - er benötigt ein Gegengift, das die Helden nicht bei sich haben oder einen besonderen Heiler, zu dem sie den Verletzten erst bringen müssen. Jedes neue im Weg der Helden auftauchende Hindernis erhöht den Druck deutlich, ohne dass jemand direkt verletzt werden muss - aber ganz sicher ist für jeden spürbar, dass es um etwas Wichtiges geht.
Die Zaubererwelt wird deutlich ungemütlicher, als Voldemort seine Todesser und Anhänger auf sie loslässt ... |
2. Stoßt die Spielercharaktere aus der gewohnten Comfort Zone heraus
Helden haben spätestens nach den ersten paar Abenteuern irgend etwas erreicht - bessere Ausrüstung, vielleicht ein gut ausgestatteter Unterschlupf, Kontakte, Hilfe aus verschiedenen Richtungen. Egal, welche Kampagne und welches System bespielt werden, irgendwann erreichen alle Spielercharaktere mal einen Punkt, ab dem bestimmte Alltagssorgen einfach nicht mehr so bedeutend sind wie zu Beginn.
Druck setzt an genau diesem Punkt an: Man stoße sie in eine Umgebung, in der ihnen ihre erarbeiteten Vorteile und Bequemlichkeiten nichts helfen. Sei es, dass sie von Unbekannten ausgeraubt und in der Wildnis sitzen gelassen werden, jemand ihr Schiff klaut, auf dem der ganze bequeme Krempel gelegen hat, oder man sie in eine Zwangslage bringt, in der ihnen Waffen und Ausrüstung abgenommen werden und bei einer Flucht nur sehr begrenzte Mittel und Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Wenn man plötzlich in einfacher Kleidung und ohne sonstige Hilfsmittel in einer feindlichen Stadt oder im Wald umherstolpern muss, während man von Wachen und Spurenlesern verfolgt wird, lernt man die Fähigkeiten des Charakters und gute Ideen der Mitspieler ganz neu kennen (und zu schätzen!).
3. Lasst Gegner in Konfliktsituationen intelligent handeln
Jedes Lebewesen sollte über einen gesunden Überlebensinstinkt verfügen - leider lassen sich viele Spielleiter dazu verleiten, die ganz normalen Minions irgendeines Oberschurken als relativ stumpfsinniges Fallobst darzustellen, das nicht von eins bis fünf zählen kann. Meist regiert hier auch der Grundsatz 'Masse statt Klasse', oder aber diese Minions können durch schlechtere Bewaffnung und schlechtere Fähigkeiten nicht viel gegen einen normalen Heldencharakter ausrichten.
Wer aber überleben will, der kommt vielleicht auf genau so kreative Ideen, wie es Helden zu tun pflegen, wenn sie einen Erfolg erzielen wollen.
Eine vor Angst in einer blutigen Situation panisch gewordene Frau könnte durchaus einen Stein in ihren weiten Robenärmel packen und diesen dem erstbesten Helden entgegenschlagen, der dumm genug ist, ihr entgegen zu treten. Im alten China haben sich Prostituierte mit solchen sogenannten 'geladenen Ärmeln' gegen aufdringliche und gefährliche Freier verteidigt.
Wenn Wachleute wissen, dass sie zwar schlechter bewaffnet, aber in der Überzahl sind, könnten sie taktisch agieren und die Helden in eine Ecke zusammentreiben, sie umkreisen - oder sich Gasgranaten, Fangnetze oder ähnliches nutzbar machen.
Wer auf einem Burghof kämpft, muss auch damit rechnen, dass auf den Zinnen Bogenschützen aufziehen oder mit improvisierten Geschossen versucht wird, sie ganz dem bewährten Prinzip einer Steinigung folgend, ausser Gefecht zu setzen. Bei einer Masse von herumfliegenden, schweren Dingen gelingt früher oder später sicher mal ein Treffer. Überlegt als Spielleiter einfach, welche Möglichkeiten Minions ausserhalb der Dinge auf ihren NPC-Bögen zur Verfügung stehen - dazu sollte auch gehören, im Zweifel zu fliehen, wenn die Sache schlecht aussieht, um Verstärkung zu holen oder die Helden bei lokalen Autoritäten anzuschwärzen, wenn diese im allgemeinen Verhalten zu sehr über die Stränge schlagen.
Wer auf einem Burghof kämpft, muss auch damit rechnen, dass auf den Zinnen Bogenschützen aufziehen oder mit improvisierten Geschossen versucht wird, sie ganz dem bewährten Prinzip einer Steinigung folgend, ausser Gefecht zu setzen. Bei einer Masse von herumfliegenden, schweren Dingen gelingt früher oder später sicher mal ein Treffer. Überlegt als Spielleiter einfach, welche Möglichkeiten Minions ausserhalb der Dinge auf ihren NPC-Bögen zur Verfügung stehen - dazu sollte auch gehören, im Zweifel zu fliehen, wenn die Sache schlecht aussieht, um Verstärkung zu holen oder die Helden bei lokalen Autoritäten anzuschwärzen, wenn diese im allgemeinen Verhalten zu sehr über die Stränge schlagen.
4. Bringt Verpflichtungen und Feinde aus der Vergangenheit der Helden ein
Kein Charakter beginnt sein 'Abenteurerleben' als unbeschriebenes Blatt - selbst sehr junge Helden könnten durch familiäre Schwierigkeiten oder eine Lokalgröße aus ihrer Heimat in eine echte Bredouille geraten. In einem System wie "Star Wars: Am Rande des Imperiums" müssen alle Spieler Verpflichtungen bei der Charaktererschaffung wählen, die sich auf die Gegenwart ihrer Helden auswirken können und ihnen früher oder später abnötigt, sich um die Lösung alter Konflikte zu bemühen.
Aber auch in anderen Rollenspielsystemen dürfte es reichlich Gelegenheiten geben, eine Vorgeschichte festzulegen, aus denen ein Spielleiter interessante Herausforderungen schaffen kann. Notorische Spieler könnten drückende Schulden haben, strahlende Ritter einem ehemaligen Gegner erneut über den Weg laufen, der nun für seine einstige Niederlage Rache will, Schmuggler könnten ihre Ware dem Falschen verkaufen oder vom Falschen gekauft haben, auf einen Geschäftsmann oder Forscher könnte es ein Kopfgeld geben oder Personen, die unbedingt an die Forschung herankommen wollen - und so weiter.
Meist bieten gerade die gewählten Berufe und moralischen Ausrichtungen genügend Ansatzpunkte, um glaubhafte Schwierigkeiten zu finden, die den Helden Knüppel zwischen die Beine werfen. Je drastischer die Einschränkungen für die Gegenwart des Charakters, desto höher der Druck - wird die geliebte Schwester entführt und gefangen gehalten, lässt sich vielleicht auch ein sehr moralischer Charakter auf eine sehr unschöne Aufgabe ein, die natürlich ziemlich gefährlich ist...
5. Durchbrecht Spielgewohnheiten und sorgt für Überraschungen
Dieser Tipp mag erstmal sehr allgemein und wenig hilfreich klingen, aber er verlangt das Meiste von euch als Spielleiter: Reflexion der gespielten Kampagnen und des Spielstils, den ihr gemeinsam pflegt. Analysiert, wo die Stärken und Schwächen liegen, und werft einen genaueren Blick auf die Spielszenen, die sich bei den meisten eurer Abenteuer wiederholen. Gerade bei langjährigen Gruppen schleichen sich Gewohnheiten ein, welche meist mit den Vorlieben zu tun haben, die einzelne Spieler entwickeln. Die es sicherlich auch leicht machen, Abenteuer zu entwerfen, die bei den Spielern gut ankommen. In einer Runde mit Actionverliebten kommen psychologische Streitgespräche sicher nicht gut an, wer gerne ermittelt, wird vermutlich mit viel Action nicht unbedingt Spaß haben. Aber solche auf die Helden und Spielergewohnheiten zugeschnittenen Abenteuer haben früher oder später den Nachteil, dass sie zu einem watteweichen Wohlfühlpaket werden können, bei dem die Spannung bestenfalls nur noch Mittelmaß erreicht.
Wer will, dass die Spieler wirklich mitgerissen werden, muss bereit sein, ihnen auch einmal etwas vorzusetzen, das ihnen vielleicht erstmal nicht so schmeckt und sie zwingt, umzudenken. Es kann schon helfen, in eine Reihe verschiedenster Ermittlungsabenteuer mal knallharte Action zu bringen, die mit einer Rahmenhandlung einer Ermittlung verknüpft ist.
Oder bei einer Gruppe mit Actionliebhabern die Action so zu verpacken, dass die Helden nicht mehr direkt agieren, sondern indirekt handeln müssen. Beispielsweise dadurch, dass sie nicht selbst in eine Arena steigen können, um zu kämpfen, sondern versuchen müssen, ihren bevorzugten Kämpfer, auf den sie eine Menge Geld gesetzt haben, bei Laune zu halten und potentielle Gefahren aller Art für diesen auszuschalten. Wichtig ist die Konfrontation mit dem Ungewohnten - beispielsweise durch einen Gegner, dessen Handeln schwer absehbar ist. Das D&D-Gesinnungs-System bietet viele Möglichkeiten, sehr schnell einen neuen Gegnertypus zusammen zu bauen, einige weitere Beispiele für ungewöhnliche Gegner habe ich für einen früheren Karneval bereits zusammengestellt. Oder ihr benutzt die Spiegel-Methode, um eine neue Herausforderung zu schaffen.
Und nun: Probiert es aus! Lasst eure Spieler Spannung und Schwierigkeiten erleben, schickt ihre Helden durch Himmel und Hölle - und vor allem, wenn ihr damit Erfolg habt, lasst es mich wissen. Ebenso wie Misserfolge. Ich helfe gerne, wenn ihr irgendwo an einem toten Ende sitzt und ein paar Ideen braucht - schreibt es mir einfach in die Kommentare :)
Kein Charakter beginnt sein 'Abenteurerleben' als unbeschriebenes Blatt - selbst sehr junge Helden könnten durch familiäre Schwierigkeiten oder eine Lokalgröße aus ihrer Heimat in eine echte Bredouille geraten. In einem System wie "Star Wars: Am Rande des Imperiums" müssen alle Spieler Verpflichtungen bei der Charaktererschaffung wählen, die sich auf die Gegenwart ihrer Helden auswirken können und ihnen früher oder später abnötigt, sich um die Lösung alter Konflikte zu bemühen.
Aber auch in anderen Rollenspielsystemen dürfte es reichlich Gelegenheiten geben, eine Vorgeschichte festzulegen, aus denen ein Spielleiter interessante Herausforderungen schaffen kann. Notorische Spieler könnten drückende Schulden haben, strahlende Ritter einem ehemaligen Gegner erneut über den Weg laufen, der nun für seine einstige Niederlage Rache will, Schmuggler könnten ihre Ware dem Falschen verkaufen oder vom Falschen gekauft haben, auf einen Geschäftsmann oder Forscher könnte es ein Kopfgeld geben oder Personen, die unbedingt an die Forschung herankommen wollen - und so weiter.
Meist bieten gerade die gewählten Berufe und moralischen Ausrichtungen genügend Ansatzpunkte, um glaubhafte Schwierigkeiten zu finden, die den Helden Knüppel zwischen die Beine werfen. Je drastischer die Einschränkungen für die Gegenwart des Charakters, desto höher der Druck - wird die geliebte Schwester entführt und gefangen gehalten, lässt sich vielleicht auch ein sehr moralischer Charakter auf eine sehr unschöne Aufgabe ein, die natürlich ziemlich gefährlich ist...
Bestes Beispiel für eine Verpflichtung, die einen einholen kann: Han Solos Schulden bei Jabba the Hutt |
5. Durchbrecht Spielgewohnheiten und sorgt für Überraschungen
Dieser Tipp mag erstmal sehr allgemein und wenig hilfreich klingen, aber er verlangt das Meiste von euch als Spielleiter: Reflexion der gespielten Kampagnen und des Spielstils, den ihr gemeinsam pflegt. Analysiert, wo die Stärken und Schwächen liegen, und werft einen genaueren Blick auf die Spielszenen, die sich bei den meisten eurer Abenteuer wiederholen. Gerade bei langjährigen Gruppen schleichen sich Gewohnheiten ein, welche meist mit den Vorlieben zu tun haben, die einzelne Spieler entwickeln. Die es sicherlich auch leicht machen, Abenteuer zu entwerfen, die bei den Spielern gut ankommen. In einer Runde mit Actionverliebten kommen psychologische Streitgespräche sicher nicht gut an, wer gerne ermittelt, wird vermutlich mit viel Action nicht unbedingt Spaß haben. Aber solche auf die Helden und Spielergewohnheiten zugeschnittenen Abenteuer haben früher oder später den Nachteil, dass sie zu einem watteweichen Wohlfühlpaket werden können, bei dem die Spannung bestenfalls nur noch Mittelmaß erreicht.
Wer will, dass die Spieler wirklich mitgerissen werden, muss bereit sein, ihnen auch einmal etwas vorzusetzen, das ihnen vielleicht erstmal nicht so schmeckt und sie zwingt, umzudenken. Es kann schon helfen, in eine Reihe verschiedenster Ermittlungsabenteuer mal knallharte Action zu bringen, die mit einer Rahmenhandlung einer Ermittlung verknüpft ist.
Oder bei einer Gruppe mit Actionliebhabern die Action so zu verpacken, dass die Helden nicht mehr direkt agieren, sondern indirekt handeln müssen. Beispielsweise dadurch, dass sie nicht selbst in eine Arena steigen können, um zu kämpfen, sondern versuchen müssen, ihren bevorzugten Kämpfer, auf den sie eine Menge Geld gesetzt haben, bei Laune zu halten und potentielle Gefahren aller Art für diesen auszuschalten. Wichtig ist die Konfrontation mit dem Ungewohnten - beispielsweise durch einen Gegner, dessen Handeln schwer absehbar ist. Das D&D-Gesinnungs-System bietet viele Möglichkeiten, sehr schnell einen neuen Gegnertypus zusammen zu bauen, einige weitere Beispiele für ungewöhnliche Gegner habe ich für einen früheren Karneval bereits zusammengestellt. Oder ihr benutzt die Spiegel-Methode, um eine neue Herausforderung zu schaffen.
Und nun: Probiert es aus! Lasst eure Spieler Spannung und Schwierigkeiten erleben, schickt ihre Helden durch Himmel und Hölle - und vor allem, wenn ihr damit Erfolg habt, lasst es mich wissen. Ebenso wie Misserfolge. Ich helfe gerne, wenn ihr irgendwo an einem toten Ende sitzt und ein paar Ideen braucht - schreibt es mir einfach in die Kommentare :)
Der erste Punkt hört sich gut an, mit dem sterbenden Freund, die Stoppuhr ist aber nach meiner Erfahrung nur mäßig erfolgreich. Das Problem ist, dass der Spieler und sein Charakter nicht identisch sind. Wir hatten mal die Situation, in der wir ein Rätsel lösen mussten, innerhalb einer vorgegebenen Zeit, ich muss ehrlich zugeben, dass ich bei sowas nicht gut bin, mein Charakter verfügte aber über mehr Intelligenz und Weisheit... als ich. Das heißt so ein Zeitdruck setzte die Mechanik von (Attributs-/Fertigkeits)Würfen außer Kraft.
AntwortenLöschenDem Rest kann ich nur zustimmen, insbesondere Punkt 3.
Der Vorteil, wenn der Held klüger sein soll als der Spieler, liegt darin, dass man als SL ruhig auch spoilern darf, wenn die Leute nicht auf die Lösung kommen. In meiner GoT Runde haben wir das so gelöst, dass unser SL, wenn er das Gefühl hat, wir drehen uns im Kreis, Würfe auf Cunning anbietet, um Tips zu geben - das hilft meistens sehr gut, um die Problematik zu lösen. Je nachdem, wie gut man dann gewürfelt hat, gibt es auch mehr Hilfen an die Hand. Glücklicherweise hat meine Lady einen recht hohen Cunning-Wert :D
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