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Aloncor Torn

The Good, The Bad and The Jedi: Der geteilte Traum


Das Licht fiel von den Oberlichtern in den kreisrunden Raum, dessen Kuppeldecke von hohen, geschmackvoll verzierten Säulen getragen wurde. Für Jünglinge war dieser Raum beim ersten Besuch immer beeindruckend - die raumhohen Archivregale, in denen Millionen von Datenkarten lagerten und vom gesammelten Wissen und den Traditionen des Jedi-Ordens kündeten, das helle Licht, welches jede Seite des Raumes gleichermaßen erhellte, das überwältigende Gefühl von Alter und Besonderheit. Beim allerersten Besuch in einem der Präsenzräume des Archives im Tempel von Coruscant durften die Jünglinge noch nichts tun.
Ihnen wurde nur erklärt, was es mit den Archiven auf sich hatte und wieviele Jedi sich vor ihnen bereits darin geübt hatten, Geheimnissen und dem Wissen der Galaxis auf den Grund zu gehen. Für manche unter ihnen jedoch war dieser erste Besuch richtungweisend, weckte die Lust auf das Lernen aufs Neue und gab den wilden Hoffnungen junger Herzen auf neue Erkenntnisse Nahrung. Wieder führte einer der Ausbilder eine ganze Schar beeindruckter Jünglinge durch den Raum, und die leisen 'Ah's und 'Oh's ließen die beiden Jedi mittleren Alters, welche abseits standen und gemeinsam eine Datenkarte betrachtet hatten, leicht schmunzeln.

Der eine, ein hochgewachsener Anfangsdreissiger mit sauber rasiertem Gesicht und kurzem dunklem Haar, blickte den staunenden Jünglingen einige Momente länger nach als nötig. Der Mann neben ihm war etwas älter und trug einen dunklen Vollbart, nickte seinem Gesprächspartner leicht zu. Sie tauschten einen verständnisinnigen Blick, und für einen Moment kehrten beide zu jenem Tag zurück, an dem sie selbst Jünglinge gewesen waren und folgsam und neugierig hinter dem Meister hergetrappelt waren.
Beide hatten die Archive geliebt und schätzten auch heute noch die gelehrsame Stille darin, in der so viel Raum für Gedanken und neue Inspirationen lag. Ohne sich abgesprochen haben, ließen die beiden Jedi-Ritter von ihrem Tun ab, verstauten die Datenkarten ordentlich wieder dort, wohin sie gehörten und verließen gemessenen Schritts den großen Raum, neugierig beäugt von so manchem jungen Lebewesen, für das alles noch neu und aufregend war. Sie schwiegen, aber Worte waren für diese beiden Männer auch nicht so wichtig. Man musste nicht zwingend sprechen, um sich zu verstehen. Die Gänge des Tempels wandelten sich, die gediegene Schlichtheit vieler Jahrhunderte atmete mit einem Mal die Frische und Lebendigkeit des Neuen. Als die Jedi das Ende eines Korridors erreicht hatten, blendete sie die Helligkeit von draußen, und der würzige Geruch von Tythons Gräsern umwehte die beiden schlicht gekleideten Männer wie eine sanfte Umarmung.

In der Ferne war das Rauschen eines kleinen Wasserfalls zu hören, jener befand sich in Sichtweite zum Tempel von Tython. Manchmal saßen dort Padawane darunter, meditierend, um zu lernen, sich weder vom Tosen des Wassers auf ihren Köpfen noch von der Nässe und Kälte ablenken zu lassen. Doch heute war das Ufer leer und die Männer konnten sich dort in Ruhe niederlassen. Es war ein sonniger Tag und schnell konnten sie dank ihrer dunklen Kleidung die Wärme dieses jungen Tages deutlich spüren. Es war, als sickerten mit der von oben stammenden Wärme auch Ruhe und Frieden in das Innere der beiden Männer mit ein. Langsam verloren die Geräusche des Wasserfalls, das Zwitschern der Vögel um sie herum, das Rauschen der Bäume und alle anderen Sinnesempfindungen an Vehemenz, wurden leiser und leiser, bis sie nur noch ein sanftes Plätschern am Rande beider Aufmerksamkeitsperipherie waren und Platz für vollkommene innere Stille geschaffen wurde.

Jene Stille, die für einen Jedi den allumfassenden Frieden und das Gleichgewicht mit der Macht bedeutete, der Ort, an den man sich zurückziehen konnte, um neue Kraft zu finden oder dem Aufruhr des in der Galaxis wogenden Konfliktes für eine Weile zu entgehen. Jeder Atemzug sog neue Kraft in die Herzen der beiden Männer, und als Aloncor seine Meditation beendet hatte, fiel sein Blick auf seinen Gefährten. Andenus Dexters Gesicht hatte sich gewandelt, wirkte ausgemergelt und erschöpft, unter den Augen Schatten, als hätte er seit Tagen keinen Schlaf und keine Erholung gefunden. So hatte er den Ritter noch nie gesehen, und auch noch nie dieses dumpfe Gefühl der Verzweiflung wahrgenommen, das diesen wie eine zweite Haut umgab. Wo einst Andenus' Haar gewesen war, hingen nur noch dünne, zersetzte Strähnen herab, die linke Gesichtshälfte eine von Säure zerfressene Absurdität, nässend und versehrt.

Und sein Bein - es stank nach verbranntem Fleisch, ein übermächtiger, süsslicher Geruch, der die Luft so deutlich wie eine Klinge ein Stück Banthamilchbutter durchschnitt. Das im Schenkel des Ritters prangende dunkle Loch schien Aloncor mit seiner Düsternis, dem darin in der Tiefe schimmernden, weißlichen Knochen zu verspotten. Als sein Blick ungläubig über den Leib des befreundeten Ritters strich, sah er eine weitere schwere Wunde am Arm des anderen, die der an Andenus' Schenkel glich. Und nun fühlte auch der Diplomat den Schmerz des anderen, weitaus mehr noch dessen Hoffnungslosigkeit. Ohne nachzudenken, streckte Aloncor seine Hand aus, griff nach jener von Andenus' - stark, gewissenhaft, ein Fels in einer stürmischen Brandung der Unsicherheit und Furcht, dann verblassten die Bilder und zurück blieben nur zwei Worte:
"Halte durch ..."

Ruckartig setzte sich Aloncor Torn auf seinem einfachen Lager auf, das Gesicht und der nackte Oberkörper von Schweiß bedeckt. Er brauchte einige Augenblicke, um zu erkennen, dass er sich in einem der Standardquartiere für Gäste des Jedi-Ordens auf Tython befand und dieses erschreckende Bild nur ein Traum gewesen sein konnte. Noch immer fühlte er sich vom müden, so zutiefst erschöpften Blick des anderen Ritters wie verfolgt.

Andenus Dexter. Ein bekanntes, freundliches Gesicht aus Aloncors Vergangenheit, einer jener Jünglinge, die in seiner kleinen Welt eine Rolle gespielt hatten. Und nun jemand, der seiner Hilfe bedurfte. Aloncor rieb sich die Augen und wischte danach mit einer Hand über seine Stirn, sich sehr bewusst in Atmung und Haltung entspannend. Hatte er nicht erst vor zwei oder drei Tagen die stille Frage gestellt, was nach jenen Bildern kommen würde, die ihn so viele Jahre begleitet hatten?

Es schien, als hegte die Macht bisweilen einen sehr absurden Humor. Als sich der Diplomat von seinem Bett erhob, mit nackten Füßen über den schlichten Steinboden tappte, entdeckte er das stumme Blinken seines Coms, das ihn von einer eingegangenen Nachricht in Kenntnis setzte. Die Suche in der Militärdatenbank hatte das gewünschte Ergebnis ausgespuckt und er würde mit Padawan Aquae sprechen müssen, um alles weitere in die Wege zu leiten.
Halte durch, Andenus. Halte durch.

Über Gloria H. Manderfeld

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