Slogan Nerd-Gedanken
Drachenfest

Lagerfeuer, Labern und Liebhaben - Drachenfest 2014, Teil Zwei

Nachdem ich mich gestern ausführlich über alle Dinge ausgelassen habe, die mich am Drachenfest 2014 gestört haben, muss natürlich auch noch der Teil des Berichtes folgen, in dem ich die positiven Eindrücke benenne.
Ja ich weiss, ich kann mich nie gut kurz fassen, aber bei einer guten Woche, die ich mit dem Kleidungsnähen fürs LARP und danach einer zweiten Woche, die irgendwie mit LARP verbracht wurde, ist das denke ich auch mal drin.







Die negativen Punkte sind der Teil, der mich wohl immer stören wird - das ein oder andere ist auch schon bei früheren LARPs für mich aufgetreten, mal intensiver, mal weniger intensiv. Alles in Allem jedoch noch nie so geballt wie bisher. Warum ich das Hobby aber noch nicht an den Nagel gehängt habe, ist ganz einfach erzählt - denn die guten Teile überwiegen für mich, der Spaß am Spiel mit anderen, und natürlich auch der Spaß daran, meine jeweilige Rolle darstellen zu dürfen. Hier also meine Gründe, warum ich rückblickend auf diese Woche mit der Empfindung 'Halb Scheiße und halb toll' zurück blicke:

Ganz viel für's Auge
Ich gehöre zu den visuellen Menschen auf dieser Welt - klar, konntet ihr euch sicherlich angesichts der Zeichnungen wahrscheinlich irgendwie denken - und ich bin immer wieder geflasht davon, wie viel Detailliebe viele Spieler in ihre Kostüme und Requisiten packen. Der Priester, dessen Wimpel noch sorgsam bestickt sind, Ritter mit einer Pracht von Rüstwerk und in den jeweiligen Wappenfarben gehaltener Ausstattung, adelige Damen mit wunderbaren Roben, Magier mit Klimbim und von Symbolen übersähten Kleidungsstücken und so weiter. Manchmal möchte ich da einfach daneben stehen und mit offenem Mund gaffen.
Da ich aus eigener Erfahrung weiss, wie lange es dauert, bestimmte Dinge anzufertigen, gilt mein tiefer Respekt aber nicht nur den Details und dem Gesamtbild, sondern auch der in die Ausstattung gesteckten Mühe und der vielen Stunden, in denen das Ganze gehegt, gesäubert und gepflegt wird. Das ist einfach nur toll! Und wenn man sich so manchen Fantasyfilm genauer anschaut, gibt es so einige Leute, deren Aufmachung da nicht allzu weit dahinter zurücksteht ...

Lagerorganisation kann das LARP viel, viel schöner machen
Was mir einerseits Schwierigkeiten bereitete (ich habe die teilweise Überorganisation des Silbernen Lagers ja im letzten Artikel bereits erwähnt), ist andererseits auch ein absoluter Pluspunkt. Optisch gesehen war das Silberne Lager einfach nur ganz groß. Ein liebevoll gestalteter Kräutergarten, der Pavillon des Silbernen Avatars mit genug Platz für die Kirche des Lichts und die Wirker, das Lazarett und die absolut großartige Toranlage - und das sind nur die Hauptpunkte, die man sieht, wenn man das Lager durch das Tor betritt.
Viele Besucher, die ich gehört habe, waren nicht minder begeistert als ich. Da wurden ganz geniale Sachen auf die Beine gestellt, und das war nur möglich, weil sich im Vorfeld so viele Leute gekümmert und eingebracht haben. Weil es so vielen Leuten wichtig war, dass das Gesamte etwas Besonderes für alle wird, und weil diesen Leuten sicherlich auch bewusst war, dass sie mit ihrem großen Engagement den Rest der im Forum nicht aktiven Lagermitbewohner 'mitschleppen' würden und es trotzdem durchgezogen haben.
Da soll noch mal einer sagen, die Mehrheit der Rollenspieler bestehe aus Konsumenten, die nicht bereit seien, etwas für ihre Spielumgebung zu tun - ihr beweist ihnen, dass es auch anders geht und dafür kann ich vor euch nur meinen virtuellen Hut ziehen. Ganz großes Kino, Leute!

Krieger quälen macht Spaß - aka: Heilerspiel im Lazarett
Man sagt ja, dass Ärzte im realen Leben alle eine unterdrückte sadistische Ader hätten - bei manchen bin ich mir sogar ziemlich sicher, dass sie eine derartige besitzen. Bei LARP-Heilern ist es nicht viel anders. Wenn der Ruf 'Heileeeerrrrr!' erklingt, rennen nur Anfänger wie ein geölter Blitz zum Ort des Geschehens. Wer ein gut ausgerüstetes Lazarett als Wirkungsstätte sein eigen nennen darf, ruft da dann eher zurück: 'Bringt ihn her und legt ihn auf Tisch Zwei!'
Wieviel Überraschung es hervorruft, eine solche Antwort zu bekommen, finde ich immer wieder amüsant. Aber es gibt ja auch genug Leute, die der Ansicht sind, dass man sich als Heilerspieler darüber freuen würde, das in zwanzig Metern Entfernung zum Lazarett abgeworfene, voll gerüstete 2m-Plattenschwein ins Lazarett zu schleppen. Nein, tut es nicht! Vor allem macht das der Rücken nach dem dritten Krieger diesen Formats nicht mehr mit ..
Zum totlachen wird das Ganze, wenn man dann doch mal ein paar Momente gefunden hat, in denen kein stetiger Strom an neuen Verletzten ins Lazarett schwappt und die Heiler beginnen, ihre Erfahrungen auszutauschen. Adelige und Helden kommen bei solchen Lästerrunden, bei denen man gemeinsam neue Verbände rollt, erfahrungsgemäß ganz, ganz schlecht weg ...

Oder der allseits beliebte Spruch: 'Seid froh, dass Euch der Arm nur weh tut und nicht ganz ab ist!' Da paart sich MASH-Feeling mit dem sicheren Wissen, dass die meisten Spieler, die im Lazarett landen, einen Heidenspaß dabei haben, bei den Behandlungen wie am Spieß zu brüllen. Wieviel Tongewalt manche Leute entwickeln können, ist wirklich faszinierend - und ich liebe es. Gerade beim Zähneziehen, Wundennähen und Schultereinrenken bekommt man als Heiler richtig viel Laune, von der magischen Heilung mal ganz abgesehen.
Was soll ich sagen? Das Silberne Lazarett mit all seinen Geschichten, Erlebnissen und vor allem wunderbaren Leuten war für mich das ganz ganz große Highlight auf dem DF 2014.
Mein Lieblingsspruch in diesem Jahr kam übrigens von meiner Reisebegleiterin, die einen etwas kräftiger gebauten Ritter mit Pfeilwunde im Bauch wieder auf seinen Ausruhplatz scheuchen musste, weil der werte Herr verlustig gehen wollte (keine gute Idee mit einer frisch genähten Wunde): "Setzt Euch gefälligst wieder auf Eure vier Buchstaben, Ihr habt ja genug davon!" - episch!

Foto (c) Florian Roth | luftbild-laasphe.de
Alle Drachen unter einem Dach
In diesem Jahr habe ich auf meinem insgesamt vierten Drachenfest endlich mal erfahren, woher der Name der bespielten Stadt 'Aldradach' eigentlich herkommt - die Überschrift verrät es euch ;) 
Aber eigentlich ist der Name weitaus weniger entscheidend als dieses überaus lebendige Gebilde Stadt, welches jedes Jahr aufs Neue liebevoll von engagierten Stadtspielern ins Leben gerufen wird.
Meistens bleibt für einen ausführlichen Stadtbesuch nicht die Zeit, aber was ich dieses Jahr genießen konnte, hat mir wirklich viel Freude bereitet. Gerade die beiden Teehäuser 'Omas Teestube' und das Teehaus der 'Meridiana El Goras' waren für mich Highlights, echte Ruhepole für meinen Charakter, in denen auch die Möglichkeit nicht zu kurz kam, Geschichten anderer Charaktere zu lauschen und ein bisschen Abstand vom Lagertreiben und meiner frustbedingten echt miesen Laune zu gewinnen. Nur ins Badehaus oder zur Massage habe ich es nicht geschafft - nächstes Jahr dann, das nehme ich mir jetzt mal fest vor ...und schaffe es dann wahrscheinlich wieder nicht, das lehrt mich die Erfahrung.
Auch das lebendige Stadtbild mit den Handwerkern, Stadtwachen, Bettlern und so vielen Spielmöglichkeiten will ich an dieser Stelle positiv herausheben - Aldradach hat in den vergangenen Jahren einen so großen Schritt voran gemacht und ist so abwechslungsreich geworden, dass es schwer fällt, sich zwischen Lager- und Stadtspiel zu entscheiden, weil man eben nicht alles haben kann. 
Dass auch viele kleine Händler neben den ganz großen LARP-Ausstattern ihre liebevollen kleinen Stände in der Händlergasse gefunden haben, finde ich ebenfalls sehr gelungen, da ich es liebe, im Angebot zu stöbern und ein paar nette kleine Sachen zu finden. Vom 'Durstigen Dolch', der dem blauen Lager angeschlossenen Piratentaverne inclusive Meerjungfrau und dem sehr leckeren Tortuga Libre mal ganz zu schweigen. Eigentlich hätte ich nochmal eine Woche Drachenfest gebraucht, um mir alles mal in Ruhe anzuschauen, die anderen Lager inclusive.

Nachts sind alle Lager blau!
Nunja, dass manche Mitspieler dem Alkohol überreichlich zusprechen, ist beim LARP wohl nie zu vermeiden - aber darum geht es mir hier gar nicht. Ich finde es wunderbar, wie viele sich vorher eigentlich fremde Leute abends zusammen finden und gemeinsam feiern, ihre Vorräte miteinander teilen und ganz freigiebig hergeben, ohne direkt eine Gegenleistung zu erwarten. Diese Form von Großzügigkeit und Gastfreundschaft begeistert mich immer wieder und auch in diesem Jahr haben mir meine Mitspieler gezeigt, dass LARPer mehrheitlich einfach nur tolle Leute sind.
Wir mussten uns von unseren Lagernachbarn nacheinander einen Hammer, ein Beil und einen Dosenöffner ausborgen, erhielten das freundliche Angebot, unseren Grill im Dauerregen bei ihrem Pavillon unterzustellen, damit wir warm essen können und das ganze lief so locker und freundlich ab, dass man sich nicht wie ein blöder Schnorrer vorkam. Ehrensache, dass wir uns später sehr gerne revanchiert haben ..
Ich hatte die Gelegenheit, nicht nur den Wolkovischen Gratisschnaps zu probieren, sondern auch die Wolkovische Friedenspfeife gemischt mit einem Kräuterlikör, der ziemlich heftig nach Kamille geschmeckt hat (lecker!), dazu mal hier ein Bier und mal dort ein Schnäpsken zum abendlichen Aufwärmen - so kommt man geschmacklich einmal quer durch die LARP-Länder. Unsere kleine 'das Zeug hier muss jetzt leer werden' Runde im Lazarett am letzten Abend war auf jeden Fall sehr witzig und hat mir bewiesen, dass durcheinander getrunkenes Zeug in Maßen mir nichtmal einen Brummschädel verursacht, sondern durchaus Spaß machen kann.
Dieses Gefühl, einfach in einer stillschweigenden Gemeinschaft anzukommen, ist für mich beim LARP eines der Wichtigsten und ich gebe es auch sehr gerne selbst weiter - damit fühlt sich dieses Hobby für mich einfach 'rund' an.

Für alle, die Aldradach gerne mal live sehen wollen - irgendwie mag das Blog die Youtube-Videoeinbindung gerade nicht, deswegen gibt es hier nur einen Link:
Drachenfest 2014 - Drohne über Aldradach I

Geschichten, Geschichten, Geschichten
Ich werde immer mal wieder gefragt, warum ich mir solche Großcons antue. Wer mich kennt, weiss, dass ich keine besonders große Freundin von Menschenmassen bin und dass ich mir Messen ganz gerne deswegen schenke - dicht an dicht stehende Leute, die sich aneinander vorbei schieben, sind mir ein Graus.
Beim Drachenfest jedoch kneife ich die Arschbacken zusammen und stürze mich ins Geschehen: Es gibt einfach keine vergleichbare Chance, so viele unterschiedliche Charakterkonzepte kennenzulernen und Fragen zu stellen. Ich bin neugierig auf die Charaktere der anderen, löchere die Spieler gerne nach dem Welthintergrund ihrer Chars, nach deren Glaubensrichtung und Ansichten. Indirekt an den Erlebnissen dieser Charaktere teilhaben zu dürfen, wenn die Spieler Geschichten aus dem Ereignishorizont ihrer Chars erzählen, ist für mich einfach nur spannend und faszinierend, und bei jedem Con kommen zu meinem Geschichtenfundus ein paar Perlen hinzu. Die Methode, die ich beim 'magischen Heilen' nutze, bedingt auch, dass mir die Mitspieler ein bisschen was über ihre Chars und deren Vorlieben verraten, und das steigert meinen Spaß ungemein.

Vielfalt ist für mich immer wichtig gewesen, egal wo ich nun mein Rollenspiel betreibe, und eine bessere Gelegenheit, mich einmal quer durch die Charakterlandschaft zu fragen, gibt es eigentlich nicht. Irgendwo lauert immer eine Erzählung, und sei es die des Bedienkobolds aus 'Omas Teestube', die sich nach ihrem Zuhause im Wald sehnte, aus dem ein Magier sie gerissen hatte, damit sie in der Teestube während des Drachenfests aushelfen konnte - oder die eines verletzten Edlen, dessen Knie vom Roten Avatar zertrümmert worden war und seinem Gefolgsmann und mir berichtete, wie sein erster Kampf gegen diesen mächtigen Drachen ablief. Oder auch das Ritualwirken im Kreis anderer Wirker, bei dem wir gegen einen mächtigen Dämon angehen mussten, und das dann nicht ganz so ausging wie erhofft - aber eine Vielzahl neuer Geschichten möglich machte.
In jedem Charakter steckt Liebe, stecken Erlebnisse auf anderen Cons, Gedanken, Wünsche, Entwicklungen - und wenn die jemand mit mir im Spiel teilt, dann bin ich glücklich und finde meinen Spielspaß auch unter widrigen Umständen wieder. Und wenn jemand von mir eine Geschichte hören will - nun, dann bekommt er sie natürlich auch gern zu hören ...

Tja, das war's - genug der Rückblicke, des Rantens, des verzückten Grinsens und der stillen Nostalgie. Nach dem Drachenfest ist bekanntlich vor dem Drachenfest, und für das nächste Jahr habe ich so einiges vor. Neue Kleidung für meine Heilmagierin, neue Requisiten, noch mehr stinkendes Räucherzeug - und natürlich ein dringend notwendiges Liederbuch, damit ich beim letzten Abend nicht dauernd darüber fluchen muss, dass ich zwar die Melodien der meisten LARP-Lieder auswendig kenne, nicht aber deren Texte im Kopf habe ...
Danke an euch alle von Aris von Koren, der Heilmagierin aus dem Silbernen Lager, die mit Holz-Wanderstab und Weihrauch ein Teil eurer Welt sein durfte. Und: Bis zum nächsten Jahr im Silbernen!

Über Gloria H. Manderfeld

6 Eure Meinung zu den Nerd-Gedanken:

  1. Das Video ist echt schön. Man sieht sogar unser Zelt im Blauen Lager. :>

    Und Dein Bericht ist auch wieder sehr schön.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Über Silber ist er leider nicht geflogen ^^ aber ich finde die Stadtaussicht auch sehr toll. Dankeschön für die Blumen, übrigens ^^

      Löschen
  2. Beeindruckende Veranstaltung da auf dem Video, ein echtes Heerlager. So groß hätte ich mir das nicht vorgestellt. Aber als bekennender Soziophober schreckt mich das natürlich gleich wieder ab.

    Trotzdem schöne Bilder und schöne Schilderung.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Dankeschön :)
      Naja, ich bin ja auch keine Freundin von totalen Massenveranstaltungen - glücklicherweise *kann* man sich rausziehen, wenn man es will. Wer also keine große Lust auf totale Menschenmengen hat, muss sich nicht in die Endschlacht stürzen - habe ich dieses Jahr auch nicht gemacht und es war für niemanden ein Problem.

      Löschen
  3. Ich hab die Drohne aber auch mal über die große Schlachtwiese fliegen sehen. Eventuell kommt da ja noch ein zweites Video.

    Auf jeden Fall ein schöner Bericht dem ich mich größtenteils anschließen kann.
    Liebe Grüße vom kurzzeitigen Kommandanten des Heilerschutzes ;)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich habe die Drohne auch einmal über dem Silbernen kreisen gesehen, aber das Video dazu ist leider noch nicht aufgetaucht - ich hoffe aber, es wird noch veröffentlicht :)
      Und danke für die lieben Worte. Silber war dieses Jahr ziemlich toll und ich hoffe, das lässt sich im nächsten wiederholen ... ^^
      Und der Heilerschutz war eh super :D ich hab ihn nur nie wirklich gebraucht als bekennende Lazaretthockerin *husthust*

      Löschen

Datenschutz-Hinweis: Mit der Nutzung der Webdienst-Login-Möglichkeit zur Verwendung bei einem Kommentar werden die entsprechenden Daten an Blogger/Blogspot übertragen.
Hierbei werden die bei Loginverfahren üblichen Daten genutzt. Wer dies nicht möchte, kann die Möglichkeit nutzen, anonymisierte Kommentare ohne Datenübertragung zu schreiben. Wer seinen Kommentar löschen lassen möchte, möge dies bitte per Mail an die im Impressum genannte Adresse mitteilen.

Powered by Blogger.