Die Faust von Count Orcin Elentaar knallte mit voller Wucht auf den Tisch herunter und ließ das Holobild der schlanken Frau in Uniform, die dem Gespräch zwischen ihm und seinem Erben aus der Ferne begleitete, einige Male nervös flackern.
"Du weisst doch, dass wir uns keine wirkliche Streitmacht mehr leisten können - warum also drängst Du immer und immer wieder darauf, dass wir Söldner anheuern?" Schnaubend betrachtete der alderaanische Adelige seinen einzigen Sohn, der die stolze Haltung seines Vaters unbewusst kopierte. Mit verschränkten Armen stand Baron Ontaris neben dem Holoprojektor und starrte seinen Vater nicht minder aufgebracht an.
"Weil dieser Brief nur eines bedeuten kann: Dass dieser Darth demnächst mit seinen Truppen vor unserer Tür stehen wird. Bist Du zu blind, um das zu erkennen, oder willst Du es in Deinem verdammten Adelsdünkel nicht sehen?"
"Dass er sich mit einer so brisanten Nachricht bei uns meldet, kann doch auch bedeuten, dass er versucht, Haus Andayen eine Schlappe beizubringen - und mit Andayen verbindet uns nicht viel, das weisst Du. Als wir unter den Angriffen der Kiliks leiden mussten, waren es Haus Thul und seine Verbündeten, die uns zu Hilfe kamen, nicht Organa und Andayen in Organas Windschatten." Orcin starrte lange auf die beiden Briefe herab, welche vor ihm auf der Tischplatte lagen. Dass sich der Darth, den Sheysa Garrde für die Angriffe auf die Heros-Provinz verantwortlich machte, bei Haus Elentaar meldete und eine hochbrisante Information weitergab, war sehr ungewöhnlich.
"Egal, ob es nun der Wahrheit entspricht, dass Haus Andayen versucht, auf Kosten Eures Hauses sein Gebiet zu erweitern, indem es den Darth und seine Truppen zu euch schickt - es dürfte doch klar sein, dass er damit Unfrieden stiftet. Und Euch so oder so Ärger bevorsteht, egal ob nun von Andayen oder dem Darth. Euer Haus hat kaum Truppen, ein echtes Flüchtlingsproblem und besitzt reiche Edelsteinminen. Das ist eine Einladung, meine Herren." Die kühle Stimme aus der Ferne ließ die beiden alderaanischen Adeligen zur Besinnung kommen, beider Blick richtete sich auf die Hologestalt in imperialer Uniform.
"Wir können nicht gegen eine Streitmacht bestehen, und genau deswegen will ich Söldner anwerben. Sie sollen ja nicht ewig für uns arbeiten," sagte Ontaris schnell und rief an einem Holoschirm neben dem Tisch eine Datentabelle auf. "Sondern nur in diesem Moment zeigen, dass wir uns wehren werden, dass wir niemandem wie eine reife Frucht in den Schoß fallen."
"Und wir riskieren dabei die Leben aller, die sich zu uns geflüchtet haben - und aller anderen, die uns seit Jahren treu sind," gab der Count düster zu bedenken. "Je mehr wir uns wehren werden, desto blutiger wird ein Krieg sein. Noch sind die Bürger einigermaßen sicher, auch wenn sie es nicht bequem haben. Wir sind für sie verantwortlich, Ontaris."
"Diese Flüchtlinge sind nicht unsere Bürger, Vater. Wir können uns nicht um jeden kümmern, der -"
"Genug! Wo ist der Sohn geblieben, der mich einmal stolz gemacht hat? Irgendwann wirst Du mich beerben, und dann wirst Du Entscheidungen wie diese treffen, für Menschen, die auf Dich vertrauen!"
Wieder starrten sich Vater und Sohn an, wieder kehrte unangenehme Stille ein, die sich wie eine eisige Decke auf die beiden Männer absenkte. Ein unangenehm schrilles Twiepsignal durchschnitt die Stille des elentaar'schen Holo-Konferenzraumes und die imperiale Offizierin blickte auf ihren Handcomp.
"Entschuldigen Sie mich. Ich habe nun einen dienstlichen Termin, dem ich mich widmen muss." Es gab noch einige Abschiedsworte, sehr höfliche Abschiedsworte, jedoch war klar, dass die beiden Männer sofort weiter streiten würden, wenn sich Lienas van Arden aus dem Gespräch ausgeklinkt hatte. Sie konnte und wollte daran auch nicht viel ändern, sondern trat von ihrem Hologerät zurück und deaktivierte es mit einem Seufzen.
Für sie hatten sich die beiden Briefe vor allem auf eine einzige Art und Weise gelesen: Als die höfliche Vorankündigung eines baldigen Angriffs. Würde sie sich täuschen, hätte Elentaar nichts verloren, aber sie glaubte nicht daran. Wenigstens war für den weiteren Verbleib der brisanten Briefe gesorgt, und sie musste sich auch nicht darum kümmern, was man dem Darth antwortete. Sie hatte beiden Adeligen ihre Empfehlungen genannt, handeln mussten der Count und sein Sohn selbst. Wenigstens war ihr Neffe in Sicherheit - die imperiale Hauptwelt anzugreifen würde sich der Darth nicht wagen; dennoch konnte es nicht schaden, sich um etwas mehr Sicherheit für Olvan zu kümmern. Hätte sie vor einigen Wochen geahnt, was ihr bevorstand, hätte sie abgelehnt. Vermutlich.
Wieder seufzend ließ sie sich auf dem Sofa in ihrem Büro nieder und streckte die Beine aus. Nicht, dass jetzt ein dringender Termin gewartet hätte. Es war nicht das erste unerfreuliche Gespräch mit dem Count und dem Baron gewesen, und sie hatte sich das piepsende Com als Sicherheitsnetz gegen akute Anfälle von Ungeduld mit den beiden Adeligen eingerichtet. Es half schließlich nichts, ihre angeheiratete Verwandtschaft anzubrüllen, selbst wenn sie es noch so sehr verdient hatte. An Gesprächen wie dem vorangegangenen merkte man, dass beide keine Soldaten waren, egal wie sehr sich Ontaris sich mit maskulinem Militarismus umgab.
Überhaupt waren die letzten Tage voller unschöner Nachrichten gewesen, ganz abseits von der Krise auf Alderaan. Es hatte harmlos begonnen, mit einem Streit zwischen ihr und Master Sergeant Blex nach dem letzten Gefechtstraining. Trotz des erfreulichen Verlaufes - Master Sergeant Kreldo hatte alles sehr gut organisiert und die Soldaten nach allen Regeln der Kunst gescheucht und getriezt - hatte sich im Gespräch zwischen Lienas, Captain Thrace und Blex danach offenbart, dass Blex der Ansicht war, die Unteroffiziere hätten in den letzten Monaten zu wenig Gelegenheit gehabt, im Einsatz ihre Arbeit zu machen.
Als ob es sich die Offiziere ausgesucht hätten, welche Funktion sie in der Angelegenheit um die wildgewordene KI hätten übernehmen wollen. Als ob sich irgendwer irgend etwas hatte aussuchen können. Blex war irgendwann schnaubend gegangen, während der Captain ob der gekippten Stimmung verwirrt gewesen war. Eine Sache, die sie wohl noch in Ordnung würde bringen müssen, bevor die nächsten Trainings anstanden. Sie war zu wütend allgemein auf die ganze Situation, und das machte ihr eine nichtemotionale Reaktion ungemein schwer. Wenigstens hatte Colonel Sordan alle Neuigkeiten der letzten Zeit ruhig aufgenommen, aber der alte Offizier hatte genug Erfahrung, die Dinge einfach auf sich zukommen zu lassen. Er beschäftigte sich mit einem Problem erst, wenn es direkt anstand - vermutlich die beste Idee, mit all diesen unschönen Entwicklungen klarzukommen. Wenn es ihr doch nur bei Sergeant Morrison auch gelingen würde, entspannt zu bleiben.
Aber sie schaffte es nicht. Der bevorstehende Abschied durch den Wunsch nach Versetzung des Sergeants schmerzte. Sie hatte sich bemüht, einen Führungslehrgang für Morrison bei Captain Stryder-Garrde durchzusetzen, hatte sowohl Staff Sergeant Limsharn als auch Master Sergeant Blex als praktische Unterstützer gewinnen wollen, und nun war alles umsonst. Morrison hatte sich dafür entschieden, ihre Karriere abseits des Regiments fortzusetzen und wollte künftig ausbilden. Nicht, dass sie diese Entscheidung nicht verstanden hätte. Lienas verstand diese Entscheidung sogar sehr gut. Das änderte jedoch nichts daran, dass Morrison eine Lücke reißen würde, mit ihrer stillen, freundlichen und loyalen Art. Sie würde fehlen. Und noch immer lag das Pad mit dem Versetzungswunsch wie ein dicker Klotz auf Lienas' Schreibtisch.
Seufzend berührte Lienas mit der behandschuhten Linken ihre Stirn und versuchte die Gedanken zu vertreiben, die sich seit dem Gespräch mit Dr. Crawford immerzu aufdrängten. Er hatte eine ganze Weile auf Kaas geforscht, sodass dem Regen-Date kein weiteres gefolgt war. Man hatte sich etwas aus den Augen verloren, doch als er plötzlich im Fort vor ihr gestanden hatte, mit demselben charmanten Lächeln und denselben lockeren Sprüchen auf den Lippen, schien es, als wären die Monate nur wenige Tage gewesen.
Sie hatte sich gefreut, ihn wiederzusehen, sie hatten sich über Vergangenes ausgetauscht - doch dann hatte sie etwas entdeckt, was er zu verstecken versuchte: Das Zittern einer Hand. Eine Frage führte zum anderen, und schlussendlich musste er zugeben, dass seine Zeit ablief, schneller und dramatischer, als man es bei einem normalen Soldaten vermuten konnte. Es war schon eine bittere Ironie des Schicksals, als Arzt schwer krank zu sein. Vor allem so krank zu sein, dass es vermutlich nicht durch einen Eingriff gerichtet werden konnte. In diesen Momenten hatte sie bemerkt, dass sie ihn mochte, auch wenn sie sich bislang nicht wirklich kennengelernt hatten.
Du lässt Dich nieder, sagte sie sich erneut und lehnte den Kopf gegen die Lehne des Sofas, die Augen schließend. Und doch ... manchmal musste man Bindungen eingehen, um zu wissen, wofür man kämpfte, um den Wert dessen bemessen zu können, was verloren gehen würde, wenn man nichts tat.
Wie immer war es Captain Thrace gewesen, dessen Worte sie zur Ruhe gebracht hatten. Wie auch immer es ihm gelang, ein so gelassener Gegenpol zu sein, er war sehr gut darin. Manchmal waren ein vorbei gebrachtes Sandwich samt Gespräch das Beste für eine Zeit, in der die Gedanken einfach nur wild kreisten. Und Verständnis, das nicht nach Gründen fragte. Das stille Wissen, dass jemand sich Gedanken machte, auch wenn man nicht von selbst damit ankam. Damit würde auch vieles anderes zu überstehen sein. Loyalität. Nein, mehr als das.
Hoffentlich auch das in der kommenden Woche anstehende Gespräch mit den beiden Vertretern einer imperialen Sondereinheit, die mehr zu einer republikanischen Spezialtruppe wissen wollten, mit der sowohl das Sturmregiment als auch die 181. bereits mehrfach zu tun gehabt hatten. Hoffentlich würde es ihr gelingen, eine unbeteiligte Miene zu machen, wenn die Fragen intensiver wurden. Denn manches Wissen musste sorgsam unter Verschluss gehalten werden, wenn es sich nicht zu einer höchst toxischen Bombe entwickeln sollte. Loyalität.
Hoffentlich auch das in der kommenden Woche anstehende Gespräch mit den beiden Vertretern einer imperialen Sondereinheit, die mehr zu einer republikanischen Spezialtruppe wissen wollten, mit der sowohl das Sturmregiment als auch die 181. bereits mehrfach zu tun gehabt hatten. Hoffentlich würde es ihr gelingen, eine unbeteiligte Miene zu machen, wenn die Fragen intensiver wurden. Denn manches Wissen musste sorgsam unter Verschluss gehalten werden, wenn es sich nicht zu einer höchst toxischen Bombe entwickeln sollte. Loyalität.
Sie zog die Decke auf dem Sofa über ihre Knie und verlor sich einige Zeit lang in ihren Gedanken, versuchend, ihren Kopf von all den Möglichkeiten zu leeren, die seit Tagen darin kreisten. Es kam doch erstens immer anders, als man zweitens dachte.
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