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Der perfekte Moment

Der perfekte Moment: Kollateralschäden


Der Sand der ewigen Weiten von Saffar explodierte und entließ den mächtigen Körper des Sandwurms, der sich wie ein mächtiger Pfeil in die Höhe schraubte, sich dann in einer Drehung nach unten wand und sein riesiges Maul öffnete. Krachend schlugen die unzähligen Zähne des Monstrums sich in die Durastahlhülle von Shuttle Besh und zermalmten dieses innerhalb von Sekunden. Corporal Konders Schreie über den Funk brachen aprupt ab und über die hellen Sande hallte das abartige Knirschen zerbissenen Metalls. Wie winzige Ameisen rannten die verbliebenen Soldaten von Trupp Besh über den Sand, hin zu den rettenden Felsen. Hektisches Fauchen von Specialist Obyrs Blastergewehr spuckte Bolzen in die Richtung des Ungetüms, prallten nutzlos auf dessen dickem Schuppenkleid ab.
"Wenn Shuttle Aurek helfen will, muss es sich beeilen!" Das Blastergewehr konnte den mächtigen Wurm nicht verletzen, aber machte ihn aufmerksam. Klappern, mit dem Corporal Syko eine Granate in seinen Granatwerfer lud. "Feuern nach eigenem Ermessen!" - "Rückstrahlzone freimachen!" Der riesige Leib schob sich über den Sand in Richtung der Gruppe, einstweilen noch vom in seine Richtung rennenden Kampfdroiden abgelenkt, der ebenfalls auf ihn feuerte und versuchte, ihn von den Soldaten wegzulocken. Mit einem Feuerstrahl schoss die Rakete auf den Wurm zu und schlug mit einem heftigen Krachen in dessen Körper ein. Auch eine Säuregranate, die der Droide in sein angriffslustig geöffnetes Maul geworfen hatte, ließ die Bestie durchdringend aufheulen. Dann bäumte sich der Wurm unter dem heftigen Feuer des am Himmel erschienenen anderen Shuttles auf, dessen Pilot sich für seinen Kameraden rächte...

Lienas van Arden blinzelte und versuchte, die Bilder des Erkundungseinsatzes auf Saffar beiseite zu schieben. Sie hatte den Bericht längst geschrieben und an Lord Gale und die anderen Offiziere weitergeschickt, aber es fühlte sich nicht wie ein Erfolg an. Saffar war der erste Planet seit der langen Odyssee der 'Arch of Tears' in diesem unbekannten System, in dem sie gestrandet waren, der halbwegs bewohnbar schien. Sie hatten erfolgreich Proben nehmen können, hatten Wasser gefunden, Pflanzen und eine Menge Tiere, deren Fleisch mit etwas Glück vielleicht sogar genießbar war, ohne es erst mühsam von Giftstoffen reinigen zu müssen.
Aber der Verlust des Shuttles und der Tod des Piloten warf einen Schatten über die ganze Unternehmung, der die Offizierin hatte schweigsam werden lassen. Sie hatte Konder gemocht. Nicht auf die Art zwischen Mann und Frau, sondern weil er sie mit seiner lockeren, lustigen Art an ihren Bruder Loran erinnerte. Loran, der bei der großangelegten Angriffswelle der Zakuul gegen die imperiale Flotte ums Leben gekommen war und dessen Verlust für sie auch Monate danach kaum zu ertragen war. Und jetzt hatte der Tod wieder jemanden aus ihrem Leben gerissen, der einfach nur nett gewesen war. Mit seinen Witzen Freude und eine entspannte Atmosphäre in all dem Druck zu schaffen imstande gewesen war. Keine Loopings mehr beim Anflug auf einen neuen Planeten. Die Dinge, die in irgendeiner Form erfreulich waren, hatten sich in den letzten Monaten nicht gehäuft. Wenigstens hatte die große Menge an Arbeit und kleinen Problemen, die sie beschäftigt gehalten hatten, diesen Umstand recht gut überdeckt.


Dass die Vergangenheit sie einmal einholen würde, hatte Lienas van Arden immer gewusst. Wer in den Schatten gefährliche Aufträge erfüllte, um das Imperium ein wenig sicherer zu machen, machte sich Feinde. Als ihr die Narbe am Hinterkopf von Kavan Syko zum ersten Mal aufgefallen war, hatte sie es auf eine frühere Verletzung geschoben. Soldaten hatten immer Narben, wenn sie eine Weile an gefährlichen Orten gekämpft hatten. Vor allem Soldaten mit einer kriminellen Vergangenheit - dass Sykos Gangwissen einmal wichtig und notwendig sein würde, hatte sie nicht vermutet, als sie den Soldaten in die Einheit aufgenommen hatte. 
Aber damals war ohnehin vieles anders gewesen. Inzwischen waren sie Verlorene auf einem Schlachtschiff, das mangels Ersatzteilen noch immer nicht vollständig repariert war. Mussten mit jeder Ressource streng haushalten, jeden Soldaten genau im Auge behalten, ob dieser nicht zu einem Problem für die allgemeine Moral werden könnte. Also hatte sie auch bei Syko ein wenig genauer hingeschaut und etwas an der Form und Position dieser Narbe hatte sie stutzig werden lassen. Ein Gefühl, hätte sie gesagt, wenn man sie gefragt hätte. Gut trainierter Instinkt, der dafür gesorgt hatte, dass sie noch immer lebte. Und tatsächlich - als es ihr gelungen war, Sykos Hinterkopf zu scannen, ohne dass er davon Notiz hatte nehmen können, waren die Bilder eindeutig gewesen. 

Ein tief in seinem Gehirn verankerter Chip, übelste Geheimware, die der IGD zur Persönlichkeitskontrolle eingesetzt hatte. Normalerweise Chefsache, aber in Sykos Akte hatte es auch durch ihre früheren Kontakte dahingehend keine Hinweise gegeben. Dass er sich über das Ding in seinem Kopf bewusst war, hatten die Gespräche nach ihrem Fund erwiesen. Auch, dass sie keinerlei Sicherheiten hatten, was genau es bewirkte. Ob Syko ein massenmörderischer Irrer war, dessen Impulse dadurch kontrolliert wurden. Oder ob man ihn als Schläfer des SID in eine imperiale Einheit geschmuggelt hatte, um aus erster Hand Informationen zu gewinnen. Die Befehle des Captains waren eindeutig gewesen, als sie ihn über das neu aufgetauchte Sicherheitsrisiko aufklärte. 
In der jetztigen Situation trugen sie nicht nur die Verantwortung für ihre eigene Einheit, die durch die Kämpfe bei der Verteidigung von Dromund Kaas knapp tausendachthundert Mann verloren hatte. Auch die Mannschaft auf der 'Arch of Tears' und das Schiff selbst war nun ein Faktor, der mit einbezogen werden musste, ebenso der nicht gerade infanteriefreundliche Captain Bennings und allen voran Lord Gale, einer der Sith, die sich aus Kaas hatten retten können und der seitdem unerbittlich den Taktschlag für das Regiment vorgab. Line-Captain Idels war von diesem bereits getötet worden - und die Gefahr für jeden anderen Offizier, der Lord Gale nicht effizient genug erschien, überaus greifbar. 

Als der Chip nach einer längeren Operation, welche die CMO der 'Arch' mit der Hilfe der beiden Talvars durchgeführt hatte, endlich aus dem Kopf des bulligen Soldaten entfernt war, folgte unausweichlich auch ein Verhör, bei dem Lienas Corporal Syko die Gelegenheit gab, sich zu erklären. Enttäuschung war das falsche Wort für die Empfndung, die sie inzwischen mit diesem Mann verband, mit dem sie in der Vergangenheit trainiert, gelacht und gerne Zeit verbracht hatte. Dass er zugegeben hatte, in ihr die beste Chance gesehen zu haben, um den Chip loszuwerden und deswegen versucht, sie immer wieder subtil darauf hinzuweisen, hatte sie einmal mehr davon überzeugt, dass die meisten Personen ihre eigene Agenda verfolgten. Und sie wurde nicht gerne benutzt, egal von wem. 
Es mag vielleicht nicht so aussehen, aber ich bin auf Ihrer Seite, Sir.
Dass dieser Chip von einem alten Feind in Sykos Kopf eingebaut worden war, machte die Sache nicht besser. Sein geheimer Auftrag ebenfalls nicht. Seitdem hatte sie sich von Kavan Syko fern gehalten, weil sie nicht mehr wusste, wie sie mit ihm sprechen sollte, ohne all diese Dinge direkt vor Augen zu haben. Vielleicht waren es inzwischen auch zu viele Wunden, die sie mitschleppte, sodass es Zeit brauchte, bis diese eine heilen würde.Wenn sie jemals aus diesem Quadranten wieder in heimatliche Gefilde fliegen konnten und das Imperium noch existierte, würde sie erst nach dem Tod von Ziffer 21 aufatmen können. Es endete einfach nicht.

Ein anderes Gespräch mit einem anderen Menschen würde vielleicht helfen, diese Heilung zu beginnen. Seltsame Einigkeit über etwas, das normalerweise für sie ein überkompliziertes Thema war. Sie kannte die Zukunft nicht, und im Augenblick blieb auch nicht genug Zeit, allzu viel darüber nachzudenken, dass irgendwo eine Zukunft sein würde. Die Gegenwart wollte gelebt werden.
Das einzige, was mir ... wichtig ist, ist Ehrlichkeit. Ohne das funktioniert es nicht. 
Und sie war voll von Herausforderungen. Dass Specialist Mhae Talvar nun schwanger war, hätte wirklich nicht sein müssen. Eine Frau mit einem Babybauch an Bord eines Kriegsschiffs, das auf Kleinkinder so gar nicht vorbereitet war. Wie das Ganze entstanden war, konnte man gerade bei zwei Medizinern auch nur im höchsten Maß verantwortungslos nennen. 
Seitdem hatte Lienas das dringende Gefühl, jedes Mal, wenn sie Private First Class Rondas Talvar irgendwo begegnete, ihm einen Tritt in seinen ewiggestrigen Hintern geben zu müssen. Einfach nur, um sich selbst ein bisschen besser zu fühlen. Laut Mhae Talvar vertrug diese keine östrogenhaltigen Verhütungsmittel und er wollte keine Alternativen nutzen, weil für ihn die natürliche Rolle der Frau in der imperialen Gesellschaft die einer Mutter war. Alles schön und gut, aber mitten im Krieg? Allein die Tatsache, dass sie mal wieder zu Captain Bennings gehen mussten, um ihm über den neuesten Rekruten Aufschluss zu geben, machte aus dem kleinen Malheur ein Politikum, welches die Zusammenarbeit auf Offiziersebene nicht erleichtern würde. 

Dann noch die Sache mit einer vermuteten sexuellen Belästigung - wobei Rondas Talvar derjenige sein sollte, der bei einer Routineuntersuchung das vermeintliche Opfer von Private Kalare Valaye gewesen sein sollte. Als ob es irgendjemanden auf diesem Schiff gab, dem es Freude machen würde, einen stocksteifen Handbuchauswendiglerner wie Talvar anzugraben. Dafür gab es immerhin den unausgesprochenen Ehrencodex unter Soldaten, sich nicht an Verheiratete heranzumachen. Eines dieser unangenehmen Gespräche hatte Lienas van Arden bereits hinter sich gebracht, bei dem auch Reynold Limsharn die Gelegenheit erhalten hatte, in den ganz normalen Wahnsinn des Alltags eines personalverantwortlichen Offiziers hineinzublicken.
Tarisianisches Tunnelkraut. Das schien als Bezeichnung wirklich hervorragend zu passen - viel Lärm um Nichts. Eine Ehefrau, die sich wegen gewisser Bemerkungen Sorgen machte, harmlose Holoaufzeichnungen, Zeit, die man gut auch für anderes hätte nutzen können. Wieder einer dieser Momente, in denen sie am liebsten ihre Stirn auf der Tischkante blutig geschlagen und geschrien hätte. Irgendwie häuften sich Momente wie dieser in der letzten Zeit. Momente, in denen sie sich so fehl am Platz fühlte wie selten zuvor. Für so etwas hatte sie nicht zig Methoden gemeistert, Leute vom Leben in den Tod zu befördern oder stundenlang auszuharren, um einen perfekten Schuss auf eine Zielperson abzugeben. Auf so einen alltäglichen, engstirnigen Wahnsinn bereitete einen auch das Spezialtraining des IGD nicht wirklich vor.

Lienas van Arden seufzte im Schutz ihres Helmes und trug den Verbindungsschlauch für den an einer der Reparaturstellen auf der Außenhülle der 'Arch of Tears' arbeitenden Techniker zu diesem. Mit einem lautlosen Klacken rasteten technische Teile ineinander, als sie diesen an den Generator einführte, während der Techniker mit einer simplen Daumen-Hoch-Geste seinen Dank aussprach. Der Lieutenant stieß sich sachte ab und bewegte sich die Aussenhülle des Schiffs weiter entlang, um sich der nächsten Aufgabe zu widmen, die für diese drei Stunden anstand. 
Das letzte Mal, dass sie bei den Arbeiten auf der Außenhülle geholfen hatte, war es eine Unterstützung für Corporal Konder bei dessen Strafarbeit wegen des Loopings im Anflug auf Tabit gewesen, gemeinsam mit PFC Cogadh O'Donnell war die Zeit schnell vorübergestrichen. Mit Scherzen und trockenen Sprüchen ging alles leichter. 
Ohne diese schien ihr das All noch ein bisschen leerer und trostloser als sonst. Vermutlich waren sie alle nur Kollateralschäden in irgendeinem großen Ganzen, dessen Sinn sich ihr nicht eröffnen wollte.

Über Gloria H. Manderfeld

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