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Der perfekte Moment

Der perfekte Moment: Nu kyr’adyc, shi taab’echaaj’la


Die Luft der nächtlichen Wüste war klar und schneidend, von allen Rückständen befreit, die auf zivilisierteren oder entwickelteren Planeten vorhanden gewesen wären. Zwar filterten die Helme so gut wie alles heraus, aber wenn man diesen für einige Momente lang abnahm und tief einatmete, dann füllten sich die Lungen mit einer Frische, die Kal Itera schon lange nicht mehr wahrgenommen hatte. Die Erinnerungen an ihr früheres Leben waren noch immer präsent, auch wenn die Resol'nare vorschrieb, dass man als Mandalorianer neu beginnen musste, konnte doch nichts all die Dinge aus ihrem Kopf brennen, die sie erlebt und durchlitten hatte.
Das Wissen um eine Gemeinschaft, in der es keine Unterschiede gab, war jedoch neu und noch immer genoss sie es aus vollen Zügen. Eine Klinge unter vielen, ohne dass man in Frage gestellt wurde. Kämpfe, die wirklich forderten und von ihr ganzen Einsatz verlangten. Und vor allem keine Kommandozentrale mehr, sondern Blut und Schlacht und Tod, den sie anderen brachte, wenn sie es musste. Heute jedoch waren sie auf der Jagd nach einer Beute, die einzigartig war, eine Herausforderung, die man an anderen Orten nur schwerlich fand. Die Wüstenwürmer auf Saffar waren eine jener Erinnerungen gewesen, die auch in ihrem neuen Leben Interesse fanden.

Nun waren sie hier, vertraute Farben, vertraute Farben. Vor allem vertraute Zeichnungen auf jedem buy'ce, die sie längst gelernt hatte zu lesen. Ihre eigenen Farben waren das für shereshoy stehende Orange, und das Gerechtigkeit symbolisierende Schwarz. Farben, die sich auf der Rüstung eines anderen wiederfanden, der sich dieser Jagd ebenso bereitwillig angeschlossen hatte wie eine Kämpferin, mit der sie mehrere Jahre gemeinsam gedient hatte. Lorsa Kreldo war kaum zu halten gewesen, als sie erfahren hatte, gegen welchen Gegner sie ausziehen wollte und hatte gleich ihre Tochter Ansela mitgebracht. Was Kal Itera früher mit einem leichten Schmunzeln oder einem Kopfschütteln abgetan hätte, konnte sie nun endlich zulassen zu verstehen: Der Wunsch, einer tödlichen Herausforderung entgegen zu treten oder aber besiegt zu werden, der immer wiederkehrende, ultimative Kampf.
"Ein wilder Planet," sagte Aaray Dha'Beviin, dessen Stimme durch das Mikrophon seines buy'ce ein wenig verzerrt klang. "Das war er immer. Aber in dieser Wildheit liegen viele Möglichkeiten. Wenn man sich nicht nur durch den Sand abschrecken lässt," entgegnete Lorsa, die an Kals Seite getreten war und die Hand über den Visor schob, um vom klaren Mondlicht unbeirrt in die Ferne zu blicken. 

Es war der perfekte Ort, um zu warten, früher oder später kamen die Würmer hier vorbei. Ein Nadelör zwischen zwei großen Felsmassiven, das bis tief hinab reichte und mit Sand gefüllt war, nur um den Weg zu einem weiteren Wüstenabschnitt zu eröffnen. Da sich die Sandwürmer nur durch Sand bewegten, war ihre Auswahl an Wegen hier sehr begrenzt. Es war Kal gewesen, welche diese Falle vorgeschlagen hatte. Noch immer plante sie gerne, noch immer war sie vorsichtig, bevor die Lust am Kampf während des Tuns siegte.
Kal kniete im Sand, eine Hand auf den Boden gelegt. Es gab sicherlich Technik, aber sie verließ sich ungerne darauf. Deswegen lag auch ihr buy'ce neben ihr im Sand und sie lauschte in die Dunkelheit. Die langen Monate auf Saffar, die immer wieder geführten Vorstöße in die Wüste, ihre ganze Zeit auf diesem lebensfeindlichen, wilden Planeten hatten ihr eine Erfahrung vermittelt, die ihr nun bei der Jagd zugute kam. Vor allem, wenn es gegen Wüstenwürmer ging, die Könige Saffars. Riesige, mächtige Leiber, die von Schuppen bedeckt waren und sogar Shuttles mit ihren mehrfachen Zahnreihen zerbeissen konnten - nichts, was ein einzelner mando'ad schaffen konnte. Eine Gruppe jedoch ...
"Da kommt etwas," sagte Kal schlicht und sofort verstummten alle Gespräche, bevor sie sich erhob und den Helm überstülpte. Sofort bauten sich die Umgebungsbilder ihrer im buy'ce verbauten Sensorik für das HUD auf. Die Krieger mussten nicht an ihre Rollen im folgenden Kampf erinnert werden, alles war besprochen. Aarays Hand legte sich kurz auf Kals Schulter ab, klopfte einmal gegen die Rüstungsplatte, bevor er sich zu seiner Frau Seras gesellte, die für diese Jagd beider Tochter dem Clan anvertraut hatte. Manche Gelegenheit war einfach so gut, dass man sie sich nicht entgehen lassen konnte. Leises Klacken verriet, dass die anderen sich kampfbereit machten. Kein Feuer, keine Lampen, keine Fackeln verrieten, dass hier Jäger auf ihre Beute warteten, sie waren nur Schatten in einer mondhellen Nacht.
Aaray und Seras bewegten sich leichtfüßig über den Sand und nahmen ihre entfernte Position ein, während Kal in die andere Richtung lief, Lorsa an ihrer Seite. Ansela blieb mit drei weiteren mando'ade aus dem Itera-Clan mittig zurück und lud in ihren Granatwerfer eine Granate ein. Die üblichen Waffen würden gegen den Sandwurm nur begrenzt helfen, sodass sie beschlossen hatten, den mächtigen Gegner gleich mit massivem Beschuss von Beginn an zu stoppen. Sobald die Bestie auch nur eine Chance haben würde, vor ihren Jägern zu fliehen, konnte alles passieren und das galt es zu verhindern.

Kal rammte den Dorn ihres Klopfer-Gerätes in den Sand und aktivierte es. Ihr vod Adenn Itera hatte es für sie konstruiert, um einen Sandwurm anzulocken und jetzt konnte sie nur hoffen, dass es genau so funktionierte, wie sie es sich vorgestellt hatte. Das dumpfe Pochen des Geräts dröhnte durch den Sand an der Oberfläche, während die beiden Frauen weiterrannten, um ihre Position zu erreichen.
Der Boden begann zu schwanken, zuerst leicht, dann so heftig, dass Kal fast gestürzt wäre - nur ein beherzter Griff Lorsas nach ihrem Oberarm gab ihr genug Halt für die nächsten Schritte, der die Mandalorianerinnen weiter auf ihr Ziel zujagen ließ. Der Sand unter ihren Rüstungsstiefeln bäumte sich geradezu auf, wogte wie eine Welle empor, sodass Kal sich vorneigte und die Beine auseinander stellte, um wie auf Skiern den rasch anwachsenden Sandberg herabzuschliddern.
"Kote darasuum!" hörte Kal Lorsas sich fast mit der Kampfeswut überschlagenden Stimme schreien, dann stob Sand in den nächtlichen Himmel und entließ in einer Explosion einen der größten Würmer, die sie je gesehen hatte. Das Monstrum musste mindestens dreissig Meter lang sein und hob sich drohend steil empor, den Schlund mit den abertausend Zähnen darin angriffslustig aufgerissen. Glücklicherweise bot ihr buy'ce dank der Sensorik auch einen Blick nach hinten, während sie halb rannten, halb schlidderten. Hätte sie sich beim Laufen umgedreht, wären sie einfach nicht schnell genug gewesen.

Fauchend schoss Anselas Granate dem Sandwurm entgegen und die heftige Druckwelle, mit der das Geschoss auf dem gepanzerten Äußeren des Wurms explodierte, gab den beiden Frauen den letzten Schub hin zu jener Felserhebung, die für sie vorgesehen war. Beide drehten sich in gleicher Geschwindigkeit um, Lorsa ließ dem Wurm eine ihrer Miniraketen entgegenfliegen, während Kal sich das bereitliegende, schwere Blastergewehr gegen die Schulter klemmte und mit wenigen Hochenergiebolzen, die sie in den in den Schuppen klaffenden kleinen Granatenkrater  entsandte, die Energiezelle leer schoss.
Routiniert warf sie die Zelle beiseite, um eine weitere einzulegen, während neue Geschosse von der Position der vier mando'ade in der Mitte dem vor Schmerz und Wut brüllenden Sandwurm entgegen zogen. Nun hatte die Beste ausgemacht, wo ihre Hauptgegner sich befanden und wand sich über dem feinen Oberflächensand in die Richtung der gegen den Wurm winzig anmutenden Humanoiden in ihren Kampfrüstungen.
Für genau diesen Moment hatten sie dank Kals Plan vorgesorgt: eine Feuerspur hinter sich herziehend schraubten sich Aaray und Seras von ihrer Position aus mit Jetpacks in die Höhe und feuerten ebenfalls auf den Sandwurm, der sein Vorderteil prompt in die Richtung der fliegenden Jäger wandte. Als weitere Geschosse in den mächtigen Leib einschlugen, dröhnte das schmerzerfüllte Röhren des Sandwurms so heftig über den Sand, dass man es sicher kilometerweit hören konnte und den Boden erschütterte. Einst hatte nur das Bombardement eines Shuttles einen so riesigen Wurm fällen können, aber genügend kampfeswütige mando'ade mit reichlich Granaten und noch mehr Feuerkraft schienen ähnlich hilfreich zu sein.

Kal stemmte sich mit beiden Beinen in den Sand, um durch die Erschütterungen nicht zu fallen, doch ihre nächsten Schüsse gingen daneben. Während sie innerlich fluchend noch die nächste Energiezelle herauszog und einzulegen begann, ließ Lorsa einen Warnruf hören. Der Wurm neigte sich, und während es noch so schien, als könnte er sich halten, begann die erfahrene Kriegerin bereits wieder zu laufen. Jäh kippte der Schatten des Wurms über die beiden Frauen und ein bestialisches Kreischgeräusch erklang, während der mächtige Körper zu fallen begann.
"LAUF!" hörte sie Aarays Brüllen über den Funk. Kal konnte sehen, dass er mit seinem Jetpack in ihrer beider Richtung schwenkte, dann 'sah' sie nach hinten nur noch eine dunkle Wand, die sich vor alles andere schob. Mit einem dröhnenden Schlag ging der Wurm auf dem Sand nieder und schob eine Bugwelle vor sich her, die auch Lorsa und Kal einholte, von den Beinen holte und unaufhaltsam mit sich riss ...

Lienas van Arden blinzelte und blickte durch den offenen Eingang ihres Einmannzeltes in den sternenübersäten Himmel von Saffar. Irgendwo von links dröhnte das Schnarchen von Lieutenant Limsharn an ihr Ohr, irgendwo von rechts mischte sich das sehr viel leisere Schnorcheln von einem der beiden Captains herüber. Sie brauchte einige Momente, um sich nach ihrem Traum wieder in der Realität zurecht zu finden und stellte mit einiger Überraschung fest, dass ihre Augen feuchter als sonst waren.
Dieser Traum war so bunt, so real gewesen, als hätte ihr Kopf versucht, ihre vor allem aus Sandfarben bestehende Realität anzufüllen und zu verschönern. Nach der stillen, selbstverständlichen Kameradschaft mit den anderen mando'ade fühlte sich ihr Einmannzelt seltsam leer an. Hier, im Offiziersteil des Lagers, waren die Rangunterschiede deutlich greifbar, welche jeden Diensttag begleiteten. Für Lienas und all die anderen Soldaten hatte es seit der Flucht von Dromund Kaas nur Diensttage gegeben.
Verrückt, dass das alles schon über zwei Jahre her war. Noch verrückter, dass sie sich nun auf einem Wüstenplaneten häuslich einrichteten, der ein so vollkommenes Gegenteil zu Dromund Kaas darstellte. Aber so lange es etwas zu tun gab, dachte man nicht über die Dinge nach, die man verloren hatte, sondern richtete die Gedanken darauf hin aus, was noch vor einem lag. Entsprechend hatten die Offiziere darauf geachtet, die Soldaten mit den unterschiedlichsten Aufgaben zu fordern.

Wüstenwürmer jagen ... was für eine verrückte Idee. Aber eine, die Aaray und den anderen vermutlich wirklich gefallen hätte. Lienas stellte mit einem milden Erstaunen fest, dass sie selbst im Traum dieselben taktischen Entscheidungen getroffen hatte, die sie auch im wachen Zustand gewählt hätte. Vielleicht wurde man gewisse Sachen selbst im Traum nicht los. Seltsam, wie genau ihr Traum-Ich genau der Vorstellung entsprochen hatte, die sie sich vor langer Zeit einmal ausgemalt hatte. Tiefer durchatmend starrte sie zu den Sternen, deren Bilder ihr inzwischen vertraut waren. Wenn man einen bestimmten Anblick oft genug vor Augen hatte, gewöhnte man sich an alles.
Dennoch gab es so vieles, das sich für sie noch immer falsch anfühlte. Ein guter Teil ihres Selbst lag seit über zwei Jahren begraben und musste der Offizierin und der Pflicht Platz machen. Jetzt, da der Takt langsamer wurde, brach es sich wieder Bahn. Seufzend drehte sie sich im Schlafsack auf die Seite und zog ihren Handcomp aus der Kiste, um dort das Nachrichtenarchiv aufzurufen und sich eine bestimmte Nachricht herauszusuchen. Mando'ad draar digu.

Ob Aaray und die anderen überhaupt noch lebten? Vermutlich war für die Mandalorianer der Krieg genau so schnell herangenaht wie für die imperialen Soldaten, die unverhofft ihre Heimat hatten verteidigen müssen. In den letzten Jahren war so vieles geschehen. Sie hatte von all den Ereignissen nur wenig vergessen können, eine Bürde, die von Tag zu Tag anwuchs. So viele Menschen, die davon ausgingen, dass sie richtige Entscheidungen traf, ohne zu wissen, dass auch der Lieutenant Gedanken mit sich herum schleppte, die nicht nur in die Zukunft gerichtet waren.
Am Horizont war schon das Morgengrauen zu erkennen, der neue Tag näherte sich unaufhaltsam, und damit weitere Stunden, in denen sie zuversichtlich und unbeirrt wirken musste. Ein gutes Beispiel für die Soldaten, damit die Moral nicht litt. Noch einmal las Lienas die Worte voller Kampfeslust und dem Wissen darum, am richtigen Ort zu sein, bevor sie das Display deaktivierte und sich auf den Rücken drehte, den Blick zum Himmel erhoben.

"Nu kyr’adyc, shi taab’echaaj’la," flüsterte sie tonlos und wartete darauf, dass sie noch einmal einschlafen würde. Hier in diesem entlegenen, anscheinend unbekannten Teil der Galaxis waren sie so gut wie tot. Wir dürfen uns nichts vormachen, diesen Krieg haben wir nicht gewonnen. Selten hatte er so nüchtern über die Lage gesprochen, aber Lienas konnte Amon Stryder nur zustimmen. Wie würde die Galaxis aussehen, in die sie zurückkehren würden, wenn sie die 'Arch of Tears' wieder einsatzbereit bekommen hatten? Gab es überhaupt noch etwas, zu dem es sich zurückzukehren lohnte? Der Sonnenaufgang auf Saffar war so schön und beeindruckend wie stets, und als das Lager zum Leben erwachte, schob Lienas van Arden ihre Gedanken beiseite und stellte sich dem herannahenden Tag.

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Mandalorianische Begriffe und Phrasen:
buy'ce - Helm
mando'ad - Mandalorianer
Resol'nare - Die "Sechs Handlungen", Grundlage des Lebens als Mandalorianer
shereshoy - Lebenslust
vod - Bruder/Schwester, Kamerad

Kote darasuum! - Ewiger Ruhm!
Mando'ad draar digu - Ein Mandalorianer vergisst nie
Nu kyr’adyc, shi taab’echaaj’la - Nicht fort, lediglich auf dem Marsch in weite Ferne (eigentlich eine Beschreibung dafür, dass jemand gestorben ist)

Über Gloria H. Manderfeld

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