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Rezension: Star Wars: Tarkin


Gouverneur Wilhuff Tarkins neuester Karriereschritt erscheint vielen vergleichbar hochrangigen Offizieren als Anzeichen dafür, dass er auf dem Abstellgleis gelandet ist – denn eine Stationierung in einem System im Nirgendwo, weit entfernt vom galaktischen Kern, ist für gewöhnlich ein sicheres Zeichen dafür, die Gunst des Imperators verloren zu haben.
Doch was niemand außer dem galaktischen Herrscher und seinem Vertrauten und Vollstrecker, Darth Vader, ahnt, ist das Geheimnis, welches mit Tarkins Stationierung verknüpft ist: Weit ab der Aufmerksamkeit anderer soll eine besondere Kampfstation konstruiert werden, bei der Tarkin die große Ehre erhielt, als Organisator und Überwacher eingesetzt worden zu sein.

Ein Knackpunkt des Projektes ist jedoch die Wahrung absoluter Geheimnhaltung: als Tarkins Basis angegriffen wird und sich der Verdacht manifestiert, dass die Imperialen durch gefälschte Com-Signale manipuliert werden sollten, steht plötzlich die Frage im Raum, welche Auswirkungen dies haben wird. Tarkins Bericht über die Vorfälle nach Coruscant führt dazu, dass er zu einer Besprechung mit dem Imperator gerufen wird und er sich in einen Sumpf an Intrigen und Begehrlichkeiten anderer Offiziere begeben muss, deren Schicksal nicht minder mit dem Erfolg des Imperiums verknüpft ist als das des Gouverneurs.

Neuen Informationen zufolge wurden auf dem Planeten Murkhana Gerätschaften gefunden, mit denen die Störfälle hätten initiiert werden können. Der Imperator entsendet sowohl Wilhuff Tarkin als auch Lord Vader, um die Angelegenheit persönlich zu untersuchen. Wenig begeistert fügt sich der Sith den Anweisungen seines Meisters, und die Zusammenarbeit der beiden so ungleichen Persönlichkeiten wird prompt auf eine harte Probe gestellt, als sich die Geräte als eine geschickt konstruierte Falle erweist, die es Rebellen erlaubt, Tarkins technisch enorm hochgerüstetes Privatschiff für eigene Zwecke zu stehlen …

Auf kaum ein Buch aus dem »Star Wars«-Universum habe ich so gespannt gewartet wie auf den vorliegenden Roman von James Luceno, der sich mit einer der herausragendsten Persönlichkeiten des galaktischen Imperiums befassen sollte – Großmoff Tarkin, dem Namensgeber für die »Tarkin-Doktrin«, welche die Politik weitreichend prägte, da das Imperium nach Tarkins Maßgabe auf indirekte Machtausübung durch Verbreitung von Furcht setzte. 
Da ich auch schon »Darth Plagueis« vom gleichen Autor gelesen hatte, erwartete ich neben gut inszenierten Actioneinwürfen vor allem sehr viele interessante Gedankengänge und eine genaue Charakterzeichnung. Dabei wurde ich nicht enttäuscht, denn Luceno lässt sich viel Zeit, um seine Hauptfigur aufzubauen und den Werdegang dieses außergewöhnlichen Offiziers von seiner Jugend auf dem Planeten Eriadu hin bis zum letzten Karriereschritt als Gouverneur und Verantwortlichen für den Todesstern nachzuvollziehen.

Dabei wird die Vorgeschichte Tarkins in kontinuierlichen Rückblenden erzählt, welche den eigentlichen Storystrang immer wieder unterbrechen. Schätzungsweise ist das die einzige wirklich gangbare Möglichkeit, vom Zeitpunkt eines bereits fortgeschrittenen Charakters aus dessen Hintergrund gut einzuarbeiten, aber es nimmt der Hauptstory doch einiges an Drive und zwingt den Leser zum permanenten Umdenken zwischen den unterschiedlichen Lebenssituationen Tarkins. Mangels besserer Idee ist das vermutlich Meckern auf hohem Niveau, aber ich habe mich beim Lesen mehrfach dabei ertappt, dass mich der dauernde Wechsel irgendwann den Bezug zur eigentlichen Handlung hat verlieren lassen und ich lieber Tarkins Lebensgeschichte weitergelesen hätte.
Das lässt mir den Eindruck zurück, dass die Gewichtung zwischen Hauptstory und Rückblenden nicht stimmig gewählt wurde und alles der Charakterisierung Tarkins untergeordnet wurde, anstelle zu versuchen, generell eine gute Geschichte zu erzählen.

Dabei wäre dafür reichlich Potential vorhanden gewesen: beispielsweise die Mitglieder der  Rebellengruppe, welchen es tatsächlich gelingt, Tarkin und Vader zunächst zu übertölpeln und beide zu einer Verfolgungsjagd zwingt, die mit ein wenig mehr Pech für beide sehr unschön hätte ausgehen können. Diese bleiben trotz ihrer angedeuteten Hintergrundgeschichten und der Dynamik miteinander relativ blass, obwohl man hier ein gutes Gegengewicht zu den streng indoktrinierten Imperialen hätte schaffen können. Interessanter wird es da bei den Offizieren, welche den verschiedenen imperialen Institutionen vorstehen und versuchen, sich gegenseitig auszuspielen, um vor dem Imperator besser dazustehen. Aber auch hier hätte man den einzelnen Persönlichkeiten und Palpatines vertrauten Mitarbeitern ein bisschen mehr Raum geben können, um deren Handlungsweise mit mehr Informationen zu unterlegen.
Bisher wurde die Ebene der Nicht-Machtanwender auf den höheren Ebenen des Imperiums nicht unbedingt umfangreich beleuchtet, da im »Star-Wars«-Universum generell mehr die Helden im Zentrum des Interesses stehen und die Imperialen meist als Gegner fungieren. Schade, dass auch bei »Tarkin« der Fehler gemacht wird, sich ausschließlich auf bekannte, herausragende Gesichter zu konzentrieren, anstelle auch ein wenig Aufmerksamkeit den Hintergründen und dem Funktionieren des Gesamtkonstrukts zu widmen. Der einzige versöhnlich stimmende Punkt hierbei ist Palpatines Aussage zu Vader über die sehr wohl mögliche Exzellenz von Nicht-Machtanwendern.

Bei der Betrachtung seiner hochrangigen Kollegen funktioniert Tarkins Blickwinkel hervorragend, da er eine recht nüchterne und pragmatische Art hat, andere und sich selbst zu beurteilen. Das wird auch in Details deutlich, die Tarkins Herangehensweise an Problemlösung stets sehr gründlich erscheinen lässt. So wirkt er trotz der neuen Elemente durch seine Lebensgeschichte genau so vertraut wie in allen vorherigen Publikationen und ist als einer der besten Offiziere des Imperiums überaus glaubhaft.
Allein die Darstellung von Vader im privaten Gespräch mit Tarkin hinterlässt ein paar Momente des Unbehagens, weil Vader mir hierbei nicht so gut getroffen erscheint. Wesentlich mehr glaubhaften Fanservice bieten die Momente aus Tarkins Lebensgeschichte, bei denen er ebenfalls gut bekannte Persönlichkeiten aus den Klonkriegen getroffen hat und durch sie beeinflusst wurde. Tarkins eigene Gedanken zum Übergriff der Jedi auf Palpatine, welche zu dessen Deformierung führten, waren für mich hierbei das interessanteste Detail, da es beweist, dass Tarkin keineswegs ein blinder Anhänger ist, sondern durchaus über die Situation differenziert nachdenkt.

Luceno ist ein Autor, der generell mehr über Eindrücke, die Inneneinsichten und das Verhältnis von Charakteren untereinander arbeitet denn über seitenlange, blutige Action mit vielen wirbelnden Lichtschwertern. Dieser Gewohnheit getreu entwickeln sich die Konflikte in »Tarkin« auch eher hintergründing und es dauert dank der Rückblenden seine Zeit, bis der Leser an der zentralen Problemstellung angekommen ist, die Tarkin und Vader eine kreative Lösung abverlangen.
Dann aber wird man mit einer nachvollziehbaren, vielschichtigen Erzählung belohnt, bei der man bis zum Ende rätseln darf, aus wessen Feder die initiale Intrige stammte. Wer diese Geduld nicht mitbringt, für den ist dieses Buch vermutlich nicht das Richtige, alle anderen erhalten ein interessantes Portrait einer bekannten Figur aus dem »Star Wars«-Universum, welche durch die Hintergründe ihrer getroffenen Entscheidungen und den konsequent verfolgten Lebenswerg greifbar und überraschend sympathisch wirkt.

Fazit: Viele Rückblenden erschweren den Storyfluss, ansonsten aber interessantes Portrait einer umstrittenen Figur. Definitiv was für Tarkin-Fans. Sieben von zehn möglichen Punkten.


Buchdetails:
Titel: Tarkin
Originaltitel: Star Wars - Tarkin
Autor: James Luceno
Übersetzer: Tobias Toneguzzo und Andreas Kasparzak
Buch/Verlagsdaten: Blanvalet Taschenbuch Verlag, Februar 2016, Taschenbuch, 384 Seiten, ISBN-13: 978-3734160615, 9,99€

Das Rezensionsexemplar wurde vom RandomHouse-Bloggerportal zur Verfügung gestellt - vielen Dank!

Über Gloria H. Manderfeld

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