Für viele ist eine Pen'n'Paper-Tischrunde der erste Kontakt, den man im Laufe eines langen Rollenspielerlebens mit dem Thema macht. Oft schon zur Schulzeit, wenn der beste Kumpel begeistert von System X berichtet oder eine Freundin einen dazu nötigt, einen Nachmittag mit anderen und System Y zu verbringen.
Und, seien wir ehrlich: In einer gemütlichen, netten Runde etwas vorgestellt zu bekommen, Rückfragen stellen zu können, wenn man etwas nicht versteht, ist einfach tausendmal angenehmer, als sich in ein MMORPG zum ersten Mal einzuloggen und alleine auf weiter Flur dazustehen, wenn man noch niemanden kennt.
Wie bei den meisten Dingen ist die erste Zeit in einer Tischrunde meistens sehr toll: Spannend, abwechslungsreich, man lernt das Spielsystem kennen und vielleicht auch lieben. Erst mit steigender Erfahrung, vielleicht auch dem Vergleich mit einer anderen Runde gibt es immer wieder Dinge, die einem unangenehm auffallen und die man vielleicht gerne ändern würde, weil sie nachhaltig den Spaß verderben: Die PnP-Spaßkiller!
Spaßkiller Nummer 1: Die dauernde OOC-Blase
Ihr seid gerade mitten im spannenden Kampf zwischen der Gruppe und einer Horde Orks, und bisher hatte die Gruppe ein Würfelglück, das man bestenfalls unter 'ferner liefen' einordnen könnte. Was mit einer ordentlichen Menge Herzklopfen abgehen könnte, ist in eurer Gruppe aber von ständigen, eher lauen Witzen und dem Bericht vom letzten Discogang des Paladin-Spielers untermalt. Die Stimmung wird auch in allen anderen möglichen Situationen immer wieder durch das Abschweifen ins reale Leben unterbrochen, wenn nicht sogar empfindlich zerstört.
An Rollenspiel ist im Grunde nicht mehr wirklich zu denken. Wer nebenher die neusten Stories aus dem Job der anderen hört, kann sich nunmal eher weniger auf die Ausgestaltung der eigenen Rolle konzentrieren. So wird der eigentlich für Rollenspiel vorgesehene Abend eher zum Treffen mit Freunden, bei dem man Charakterbögen, Würfel und Regelbücher mitgebracht hat. Gerade, wenn man sich den PnP-Abend mühsam unter anderen Verpflichtungen freischaufeln musste und eigentlich nur rollenspielen wollte, kann das auf Dauer sehr anstrengend sein.
Was man tun kann: Anscheinend verstehen sich die Mitglieder der Tischrunde gut - sonst gäbe es keinen so regen Austausch über das reale Leben der Spieler. Versucht, das Thema allgemein und in ruhigem Rahmen anzusprechen. Vielleicht hilft es, sich generell ein bisschen früher zu treffen als bisher, um dann eine Stunde oder eine halbe Stunde vor Spielbeginn über Privates zu schnacken und dann ins Spiel zu gehen.
Oder aber man vereinbart, dass jedem, dem eine sich entwickelnde OOC-Blase auffällt, das Recht gegeben wird, zu intervenieren und deutlich zu sagen, dass man nun ins Spiel zurückkehren sollte. Wenn sich alle Spieler an eine solche Vereinbarung halten und aufmerksam bleiben, kann man so die Privatgespräche gut reduzieren. Ich habe von einer Gruppe gehört, die ein "OOC-Blasen"-Schild hatte, das immer dann hochgehalten wurde, wenn die Privatgespräche überhand genommen haben, als sichtbares Zeichen für die Mitspieler, einzuhalten.
Oder aber man vereinbart, dass jedem, dem eine sich entwickelnde OOC-Blase auffällt, das Recht gegeben wird, zu intervenieren und deutlich zu sagen, dass man nun ins Spiel zurückkehren sollte. Wenn sich alle Spieler an eine solche Vereinbarung halten und aufmerksam bleiben, kann man so die Privatgespräche gut reduzieren. Ich habe von einer Gruppe gehört, die ein "OOC-Blasen"-Schild hatte, das immer dann hochgehalten wurde, wenn die Privatgespräche überhand genommen haben, als sichtbares Zeichen für die Mitspieler, einzuhalten.
Spaßkiller Nummer 2: Alkoholkonsum
Ein gerne bemühtes Argument für den Alkoholkonsum bei einer Tischrunde ist, dass man sich ja in seiner Freizeit befinde und sich entspannen möchte. Oder aber, dass man mit einem Bierchen oder einem Glas Wein zum Spiel richtig 'in Stimmung' kommt. Dagegen ist nichts einzuwenden, solange der- oder diejenige dabei Maß halten kann. Spätestens, wenn aber einer oder mehrere Spieler mit dem Alkohol übertreiben, reduziert das den Spaß für die Wenig- oder Nichttrinker bedeutend - Charakterhandlungen werden in der Regel nicht mehr gut beschrieben, die sonstige Kreativität bleibt auf der Strecke, der Ernst ohnehin.
Wer schon einmal einen Abend in der Gesellschaft schwer Betrunkener verbracht hat und selbst als auserkorener Fahrer sich an Cola oder Wasser festhalten musste, dürfte wissen, was ich meine. Selbst die Stories, die man den anderen am nächsten Tag dann aufs Brot schmieren kann, weil sie nicht mehr genau wissen, was sie angestellt haben, machen die Sache nicht besser.
Was man tun kann: Wenn Spieler in der Runde dabei sind, die generell nicht trinken oder mit dem Auto nach Hause fahren müssen, kann eine 'Entweder es trinken alle oder es trinkt keiner' Regel hilfreich sein. Das erfordert von den Spielern, die gerne alkoholtechnisch über die Stränge schlagen, natürlich ein gewisses Maß Einsicht und noch mehr Disziplin, immerhin wird hier eine liebgewonnene Gewohnheit durchbrochen. Andererseits sollte man sich bewusst machen, dass das Spiel in der Gruppe allen Spaß machen sollte und nicht auf Kosten derjenigen gewonnen werden, die sich zurückhalten (müssen). Generell sollte die Frage berechtigt sein, ob man sich nun zum Rollenspiel trifft oder zum gemeinschaftlichen Trinken.
Wer gar nicht verzichten möchte, kann durch eine Rationierung des Alkohols Erfolge erzielen: Große Vorratsflaschen wie eine 1,5l-Flasche Whisky verleiten dazu, sie zu leeren. Wer sich nur zwei 0,5l-Bierflaschen mitbringt, kann auch nicht mehr trinken als einen Liter Bier. Natürlich müssen auch Bierkästen aus dem Spielzimmer verbannt bleiben, am Besten auch aus der Wohnung, in der sich die Runde trifft. Je schwerer und nerviger es ist, den Alkohol organisieren zu müssen, desto leichter siegt die ureigene Faulheit. Natürlich sollten nichtalkoholische Getränke in ausreichendem Maß dann bereitstehen.
Spaßkiller Nummer 3: Ausufernde Regelfickerei
Irgendwann erlebt man diese Situation zwangsläufig: Ein Spieler kennt sich mit dem Regelwerk ausgesprochen gut aus und versucht, eine Aktion, die seinem Charakter einen Vorteil oder bessere Werte bringen würde, gegenüber dem Meister durchzudrücken. Es entwickelt sich eine lange Diskussion, bei welcher der Rest der Gruppe im Grunde nur schweigend zuhören kann, weil das Interesse an Regelwerkslücken und/oder der Charaktersituation nicht so groß ist.
Wenn der betreffende Spieler nun auch generell sehr Regelwerks- und Regelbegeistert ist, wiederholen sich solche Situationen zum Missvergnügen der Gruppe gerne wieder und wieder, und der Spielleiter wird früher oder später an die Grenzen der Geduld stoßen. Keine gute Voraussetzung für ein langes, freudiges Zusammenspielen.
Was man tun kann: In einer Zeit mit vielen modernen Medien wie Email, Skype, Foren, Facebook und anderen Kommunikationsmöglichkeiten sollten Regeldiskussionen, vor allem, wenn sie sich auf Details zum Charakter eines Spielers beziehen, ausserhalb des Spielrundentermins geführt werden. Dadurch wird weder das Spiel aufgehalten, noch der Rest der Gruppe genervt, und der Meister hat alle Zeit der Welt, in den eigenen Regelwerken die entsprechenden Details nachzuschlagen, ohne diese zum Spielabend mitbringen zu müssen - was je nach System doch so einiges an Gewicht mitbringt.
Meiner Erfahrung nach hat sich bei akuten Fragen, die einer genaueren Klärung bedürfen, auch bewährt, einen Zeitrahmen für derlei zu vereinbaren. Fünf Minuten Unterbrechung sind denke ich durchaus machbar, ist die Frage bis zum Ende der vereinbarten Zeit dahin nicht erschöpfend geklärt, fällt der Spielleiter eine Zwischenentscheidung, damit das Spiel für alle weitergehen kann, und klärt die Frage dann nach der Spielrunde mit dem betreffenden Spieler. In den meisten Runden gilt ohnehin, dass der Spielleiter das letzte Wort hat: Hier darf der Meister ruhig Mut zur Lücke haben
und im Interesse der Gruppe entscheiden, wann über Detailfragen diskutiert wird.
Spaßkiller Nummer 4: Streitpunkt Nahrungssuche
Gerade, wenn man etwas länger als vier Stunden am Abend miteinander spielt, melden sich verständliche Bedürfnisse: Der Hunger schlägt zu Buche und die Spieler verlangen nach Nachschub. Wenn man nicht gemeinsam Pizza bestellt, kann die Neigung zur Eigenversorgung durchaus lästig werden - vor allem, wenn die Spielrunde mehrfach durch die Notwendigkeit unterbrochen wird, angelieferte Nahrung anzunehmen und zu verzehren, oder frisch zuzubereiten.
Oder aber einige Mitspieler bringen Naschzeug mit, andere nicht - und es entwickelt sich eine stillschweigende Dauerschnorrerei auf Kosten der Mitbringer, da man schlecht 'Nein!' zu einem Mitspieler sagen kann, der einen mit großen, hungrigen Augen anschaut.
Was man tun kann: Am einfachsten funktioniert es, wenn man eine gemeinsame Essenszeit vereinbart: Alle bestellen zur gleichen Zeit, wenn man nicht bei demselben Lieferservice bestellen möchte, und das Spiel ruht so lange, bis alle Spieler fertig gegessen haben. Oder aber, man vereinbart einen Spieltermin, der die Essenszeiten der einzelnen Spieler und ihrer Familien berücksichtigt und trifft sich erst nach dem Essen zum Spielen.
Was die Naschereiverteilung angeht, hat sich eine gemeiname Kasse sehr bewährt, bei der die Spieler pro Abend einen bestimmten Betrag einzahlen, von dem dann ein Spieler die gewünschten Leckereien anschafft und zur Spielrunde mitbringt. Denn das Gefühl, von Mitspielern, auch wenn man sie noch so gerne mag, finanziell ausgenutzt zu werden, ist gerade bei Spielern mit geringerem Einkommen auf Dauer stimmungsvergiftend.
Spaßkiller Nummer 5: Nicht verlieren können
Wenn die Würfel den Spielern so gar nicht geneigt sind, gehen Aktionen auch gerne mal schief. Was mancher mit einem Grinsen quittiert, ist für einen anderen Grund zur Sorge: Der mühsam gehegte Charakter könnte schließlich irreparablen Schaden nehmen. Wer ein regelintensives System spielt, bei dem die Charaktergenerierung viel Zeit frisst, dürfte diese gewisse Grundangst kennen, dass man sich bald der Erschaffung eines neuen Charakters widmen muss, wenn der derzeitige das Zeitliche segnen sollte.
Aber es gibt auch einfach Menschen, die mit Rückschlägen oder zunächst unüberwindbar aussehenden Schicksalsschlägen nur schlecht umgehen können und dann mit ihrer miesen Stimmung oder Streitlust die Laune der ganzen Gruppe herunterziehen.
Was man tun kann: Als Spieler innerhalb der Gruppe sollte man auf jemanden, der nur schwer verlieren kann, vor allem nicht genervt reagieren, denn das verschärft die Situation nur. Um den Mitspieler aus seiner schlechten Stimmung herauszuholen, kann man versuchen, Alternativen aufzuzeigen oder über den eigenen Charakter etwas hilfreiches für den anderen Charakter zu tun. Wichtig ist, den Mitspieler in seiner Laune nicht alleine zu lassen und ihm zu signalisieren, dass seine Befürchtungen ernst genommen werden.
Hierbei ist auch der Spielleiter in der Pflicht, durch seinen Leitungsstil zu zeigen, dass Rückschläge, die durch schlechtes Würfeln verursacht werden, nicht zum Instant-Charaktertod oder dauerhaften, nicht lösbaren Problemen führen. Dieses Vertrauensverhältnis muss natürlich über eine gewisse Zeit hinweg aufgebaut werden, aber kann sehr nachhaltig dazu führen, dass der betroffene Spieler in Zukunft weniger harsch reagiert.
Habt ihr Situationen gefunden, die euch bekannt vorkamen? Oder habt ihr eure ureigenen Spaßkiller gar nicht in der Liste entdeckt? Lasst mich wissen, was euch nervt oder was ihr gegen Spaßkiller unternehmt, wenn sie euch in euren Tischrunden begegnen - damit andere Spieler davon profitieren können. Ich bin neugierig, was euch bewegt!
1, 2 und 4 erlebe ich als Problem eigentlich nie. 1) nur dann, wenn die Runde an dem Abend nicht in Gang kommt - und dann brechen wir irgendwann ab und machen offiziell Kaffeeklatsch. Als Dauerproblem ist mir das aber nicht bekannt. Bei 2) hat es sich auf ein Bier/Glas "irgendwas" eingepegelt. Und 4) hat nach kurzem Appell sich dauerhaft gelöst.
AntwortenLöschen3 und 5 sind für mich Kehrseiten der gleichen Medaille und meiner Meinung nach oft eine Frage (oder ein Problem) des Charakters. Da helfen oft auch Aussprachen wenig und es sind für mich häufig Gründe, mit Leuten nicht mehr weiterzuspielen. Das ständige Vorteilsschinden führt schnell zu einer Kultur, in der das die halbe Runde macht. Leute, die nicht verlieren können, erlebe ich eher in der Kategorie "beleidigt, wenn mich meine Würfe daran hindern, mich in den Vordergrund zu schieben". Da war auch ein Fall dabei, wo man dann so ausgiebig beleidigt ist, dass man dann halt dadurch passiv-aggresiver Mittelpunkt ist.
Der Artikel ist okay, mich hat nur die Auswahl der Probleme sehr überrascht. Nahrung zu beschaffen und Alkohol sinnvoll zu geniessen setze ich für Spieler eher vorraus, sonst merke ich schnell, dass der Reifegrad nicht zum Rest passen wird....
Es kommt wohl immer sehr auf die Runden an - 1. habe ich sowohl beim PnP als auch im LARP immer wieder erlebt, in verschiedenen Umgebungen und Runden. Bei 2. gibt es Runden ohne irgendein Problem in die Richtung, und bei anderen ist es sehr deutlich zu merken. 4. konnte wirklich zu einem Problem werden (gerade wenn sich Leute sehr lange kennen und die 'Ausgenutzten' sehr langmütige Leute sind) - aber da sieht man eben mal wieder, wie unterschiedlich Runden und die jeweiligen Mitspieler sein können :) Ich habe den Artikel vor einigen Jahren anhand meiner damaligen Erfahrungen geschrieben, heute würde ich ihn wohl wieder etwas anders verfassen.
Löschen3 und 5 sind denke ich meistens Angstmotiviert oder resultieren aus Unsicherheit. Man wird nicht als Regelficker und Verlierängstlicher geborgen, sondern das resultiert aus Erfahrungen während des Lebens. Und es sollte, wenn dieser Mitspieler nicht total verstockt ist, auch möglich sein, ihm diese Ängste zu nehmen oder ihm zu zeigen, dass sie nicht nötig sind, wenn die Chemie in der Runde stimmt.
Wenn es wirklich gar nicht klapppt (auch das habe ich erlebt), ist das für mich ein Grund, eine Runde zu verlassen.