Slogan Nerd-Gedanken
Der perfekte Moment

Der perfekte Moment: Alle Wege führen nach Alderaan


Die fünf Bildschirme strahlten ein unregelmäßiges Licht aus, welches das Büro nur notdürftig erhellen konnte. Mitten in der Nacht war der Stützpunkt zur Ruhe gekommen, und es war für gewöhnlich die Zeit, zu der Lieutenant Lienas van Arden die Dinge tat, die am Tag nicht möglich waren oder wegen anderen Pflichten liegenblieben. Oder wenn es sich um Dinge handelte, von denen sie anderen möglichst wenig offenbaren wollte, weil sie ein Interesse verieten, das sie lieber für sich behielt.
Wenn ohnehin wenig los war, ließen sich auch Überwachungsmaßnahmen von anderer Seite leichter erkennen und kontern - und genau deswegen hatte sich der Lieutenant für diese Recherche die Nachtstunden ausgewählt. Sie konnte derzeit ohnehin nicht besonders gut schlafen. Zu viele Dinge, die ihr im Kopf herumgingen, zu vieles, auf das sie ein Auge halten musste. Die Tabellen und Berichte auf den Displays sprachen eine deutliche Sprache - dass es schier unmöglich war, alle Entwicklungen gleichermaßen zu beobachten. Sie musste priorisieren, abwägen. Und hoffen, dass sie sich für die richtigen Prioritäten entschied.

Neulich hatte ihr der Zufall ein Hologespräch in die Hände gespielt, dessen Inhalt weit brisanter war, als es zunächst den Anschein gehabt hatte. Meisterin und Schüler, die sich auf eine so private Weise unterhalten hatten, dass es Rückschlüsse erlaubte. Dass es Möglichkeiten andeutete, die an der Oberfläche nicht zu sehen gewesen waren. Subtext. Lienas schmunzelte kurz, als sie sich an die Lektion erinnerte, die sie Avanum zum Thema Subtext gegeben hatte. Er hatte begierig gelernt, wie fast jedes Mal, wenn sie seine Fortschritte überprüfte. Auch der unfreiwillige Ausflug auf den Waldmond hatte gezeigt, dass er mehr als willens war, seine Kenntnisse zu erweitern.
Wer hatte auch ahnen können, dass das Linienshuttle, mit dem Lienas vor einigen Tagen zu einem Verwaltungskurs nach Dromund Kaas hatte fliegen wollen, einen dermaßen gravierenden technischen Defekt haben würde, dass es mitten auf der Strecke im Weltraum strandete? Sie wusste noch immer nicht, was genau kaputt gegangen war, aber es hatte ausgereicht, um das Personal zu veranlassen, die Passagiere in Rettungskapseln einsteigen zu lassen. Lienas' Mitreisender in der Zweimannkapsel war ausgerechnet Jiros gewesen - der auf Kaas zur Hochzeit seiner Schwester hatte fliegen wollen. Daraus wurde ebenso wenig wie aus Lienas' Verwaltungskurs. 

Stattdessen war die Rettungskapsel auf einem bis dahin unbewohnten Waldmond niedergegangen und sie hatten sich die Zeit bis zur Rettung mit der Errichtung eines Lagers und einer geeigneten Verteidigung desselben vertrieben. Es hatte ihr gezeigt, dass sie alle Dinge aus ihren Survivaltrainings nicht verlernt hatte und auch Jiros über entsprechende Kenntnisse verfügte.
Und, was noch sehr viel wichtiger war, dass ihr Schüler sich von unvorhergesehenen Ereignissen nicht irritieren ließ, sondern versuchte, das Beste aus dem Moment zu machen. In sofern war der verkorkste Flug nach Kaas ein voller Erfolg gewesen, nur die erwünschte Auffrischung ihrer Verwaltungskenntnisse war wieder ausgeblieben. Wahrscheinlich wollte irgendeine Macht im Universum nicht, dass sie sich im Umgang mit dem lästigen Flimsikram verbesserte.

Sie ließ den Blick müßig über die Bildschirme schweifen und rief die genealogischen Daten auf, die sie in den letzten Stunden durch ihre Suchbots zusammengetragen hatte. Derzeit schienen so ziemlich alle Wege nach Alderaan zu führen, ob Lienas das wollte oder nicht. Nicht genug, dass Arrics Ehefrau Elira aus einem alderaanischen Adelshaus stammte - keinem wirklich wichtigen Haus, aber sie brachte den entsprechenden Stammbaum und Dünkel mit in die Familie. In den nächsten Tagen war die Geburt von Arrics Erstgeborenem zu erwarten, wofür Lienas glücklicherweise ein flexibler Dienstplan zugebilligt worden war.

Elira hatte sie darum gebeten, ihr bei der Geburt beizustehen - aus welchem Grund auch immer ihr die ältere Schwester ihres Ehegatten lieber war als irgendeiner ihrer Verwandten von Alderaan - und sie hatte es ihr nicht abschlagen können. Nicht jetzt, nachdem noch immer keine Meldung zu Arrics Verbleib eingetroffen war. Es war ein stetiger Schmerz im Hintergrund, nicht zu wissen, ob er noch lebte und was mit ihm geschehen war. Das Gesicht ihres Bruders verfolgte sie, ebenso das Wissen, dass sie machtlos war. Und es war leichter zu arbeiten als daran zu denken, was ihm alles zugestoßen sein konnte. 
Seufzend lenkte Lienas ihren Blick und auch ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Diagramme und Tabellen auf den Bildschirmen. Die verflochtene Erbfolge eines ganz bestimmten alderaanischen Adelshauses machte die Recherchen noch schwieriger. Viele Heiraten in den letzten Jahren. Kinder. Eine Exekution. Neue Mitglieder der Familie, die durch Ehe oder Adoption aufstiegen - und ein geschickter Lenker im Hintergrund, auf den alle Fäden hinzudeuten schienen. Sie würde sich im Geheimdienstarchiv eine bestimmte Akte beschaffen müssen, und das würde schon durch die Notwendigkeit, dabei so unauffällig wie möglich vorzugehen, eine Herausforderung sein. Dennoch, wenn ihre Hypothese stimmte, würde sie diese nur durch diese Akte verifzieren oder zumindest untermauern können ... 

Captain Stryder-Garrdes Zusammenbruch war unerwartet geschehen. Zuerst ein ganz geruhsames Gespräch über Dienstliches, über die Ereignisse der letzten Zeit und eine beunruhigende Botschaft, die er von unbekannter Stelle erhalten hatte. Und dann - sie hatte eine wunde Stelle berührt, nein, war mit vollem Anlauf ins Fettnäpfchen hineingesprungen, und der ansonsten unglaublich beherrschte Captain hatte so emotional reagiert, wie sie es bislang noch nicht bei ihm erlebt hatte. 
Nicht, dass seine Miene etwas verraten hätte - aber sein kommentarloses Umdrehen und Weggehen hatten genug gesagt. Auch die Tatsache, dass er kurz darauf versucht hatte, den Abend in Alkohol zu ertränken, setzte ein deutliches Zeichen. Sie hatte ihm Gesellschaft geleistet, für stetigen Nachschub gesorgt und ihn schließlich in seinem Quartier abgeliefert, als er genug gehabt hatte. Manchmal brauchte man einfach eine Menge Drinks, um über das ein oder andere hinweg zu kommen, selbst als stocksteifer Offizier des Imperiums. Weitere Details, die sich dem großen Ganzen unverhofft hinzufügten.
Ein Detail in all den Tabellen erregte ihre Aufmerksamkeit - Haus Crey, wieder einmal Crey. Würde sie Alderaan und seinen Sumpf an Hauspolitik und Intrigen jemals wieder loswerden? Es gab offizielle Verflechtungen zwischen diesen beiden Häusern, eine davon unbedacht ausgesprochen von Corporal Crey bei seiner Rückkehr. Daran würde sie denken müssen, sollte sie sich wirklich weitergehend involvieren ..

Mit brennenden Augen saß sie noch immer vor den Bildschirmen, als unter dem Vorhang, den sie vor ihr Bürofenster gezogen hatte, die Morgendämmerung einen schmalen Streifen Helligkeit auf dem Boden entlang wandern ließ. Zu viele Variablen, und noch viel zu wenig, das sie greifen konnte. Aber daran war sie gewöhnt, so war es immer, wenn sie sich ein weites Feld erst erarbeitete und die Grenzen auskosten musste, die irgendwo doch vorhanden sein mussten. Müde blinzelnd rieb sie sich mit den Fingern die Nasenwurzel und beschloss, den Morgenlauf ausfallen zu lassen, um wenigstens noch zwei Stunden Schlaf zu finden - für den Körper. 
Der Geist war noch immer hellwach und verlor sich in den mannigfaltigen Möglichkeiten auf einem Parkett, auf dem sie lange nicht getanzt hatte. Viel zu viele Gedanken, die den Schlaf fern hielten ...

Über Gloria H. Manderfeld

2 Eure Meinung zu den Nerd-Gedanken:

  1. Ich mag deine Kurzgeschichten, aber es ist hilfreich die einzelnen Personen schon zu kennen. ^^

    Weiß Amon von seinem Zusammenbruch? xD

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    1. Natürlich :D dieser Teil der Story resultiert aus RP, wie die meisten Ereignisse, die ich in 'Der perfekte Moment' beschreibe. Es ist also passiert und wurde von Amon gespielt - ich habe darauf nur chargerecht reagiert :)

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