Slogan Nerd-Gedanken
Aloncor Torn

The Good, The Bad and The Jedi: Stille

Man könnte meinen, es sei ein Wettbewerb. Das derzeit von zwei Personen belegte Vierbettzimmer der Krankenstation war so still, dass man selbst die Atemzüge noch hören konnte, die vom Nachbarbett zu Aloncor herüber drangen. Langsame, regelmäßige Atemzüge, die verrieten, dass Padawan Aquae schlief. Schlaf war noch immer die beste Medizin und in den letzten Tagen hatte der Diplomat beobachten können, wie Padawan Aquae langsam aber sicher gesundete. 
Zuerst war sie aus dem Koma zurückgekehrt, nachdem Ritterin Deikan ihr die nötige Kraft dazu verschafft hatte. Dann war es langsam, aber schrittweise wieder aufwärts gegangen. Spätestens, als beider Verstrahlung entdeckt worden war und die richtigen Medikamente verabreicht worden waren, hatte sich eine eindeutige positive Entwicklung eingestellt.

Das hatte vor einigen Tagen noch ganz anders ausgesehen. Er selbst war erst nach zehn Stunden Koma erwacht, zumindest hatten ihm die Mediziner das so berichtet. Und noch immer fühlte er sich matt, ausgelaugt, ein bisschen leer und wund nach der Anstrengung, die ihn an den Rand des Scheiterns geführt hatte.
Es war zu viel für einen gewesen, und einer der Gründe, warum er nun in einem Krankenbett ruhen konnte, anstelle in die Macht eingegangen zu sein, lag im Nebenbett und erholte sich. Er hätte es sich nie verziehen, wäre Schlimmeres mit ihr geschehen. Von einem Ritter wurde erwartet, dass er die richtigen Entscheidungen traf, die Lage passend einschätzte, und doch hatte er sich auf der Brücke der Fregatte Lightbringer gefühlt wie ein absoluter Anfänger angestellt.

Sie waren in den Tiefkern geflogen, um jene Waffe zu testen, an der Padawan Aquae schon eine Weile getüftelt hatte. Gegen eine Gefahr, gegen die man nur schwer oder überhaupt nicht wirklich ankam - die sogenannte Schwarze Flotte, die aus nicht hyperraumfähigen Schiffen bestand, auf denen sich von der Dunklen Seite verseuchte Wesenheiten befanden. Deren einziger Lebenszweck schien es zu sein, möglichst viel Energie auf möglichst scheussliche Art und Weise von allen Lebewesen abzusaugen, die ihnen ihn die Quere kamen - sich selbst am Schrecken und Entsetzen ihrer Opfer nährend.
Wie perfide diese Wesenheiten vorgingen, war schnell zu merken. Schon als die drei Schiffe der Flotte von der Fregatte aus wahrzunehmen waren, begann der geistige Druck auf die Crew und die Jedi an Bord. Die meisten Jedi hatte Aloncor noch nicht gekannt, bis auf die Padawane Aquae und Dane waren ihm alle anderen fremd, aber das hatte sich schnell geändert.

Kämpfte man für ein gemeinsames Ziel, schweißte das mehr als alles andere zusammen. Meisterin Eryada hatte sich sogleich dem geistigen Schutz der Crew gewidmet, während einige der anderen sich um den individuellen Schutz für den Navigator und den Steuermann gekümmert hatten. Für Aloncor war die Entscheidung leicht gewesen - er hatte Meisterin Eryadas Tun unterstützt, weil ihm dies am sinnvollsten schien.
Die Furcht und Unsicherheit der Crew war deutlich für ihn zu spüren gewesen, und so widmete er sich umso nachdrücklicher der Aufgabe, dies von ihnen fern zu halten. Sie schossen die experimentelle Waffe Padawan Aquaes auf eines der drei Schiffe der 'Schwarzen Flotte' ab, und ab da lief die Sache aus dem Ruder der geplanten Unternehmung.

Plötzlich herrschte neben Aloncor, der die geistige Präsenz Meisterin Eryadas wie eine starke, verlässliche Säule wahrgenommen hatte, vollkommene Stille. Die Last der Furcht von viel zu vielen Besatzungsmitgliedern senkte sich wie eine erstickend dick gewebte Decke auf ihn herab. Es blieb ihm nicht einmal Zeit, darauf groß zu reagieren oder zu versuchen, ihr zu helfen. Innerhalb von Sekunden war er in seinem Tun gefangen, gehalten von der Pflicht, dem Wissen, dass die Kräfte der anderen Jedi an anderer Stelle gebraucht wurden und er sich dem allein stellen musste. Sein Schädel brannte vor der unerwarteten Anstrengung, dann übernahm die Routine seiner Ausbildung zum Jedi. Er begann, die einzelnen Emotionseindrücke zu sortieren wie ein Feldchirurg bei der Triage, seine Kräfte so geizig einzuteilen wie ein Muun bei der Vergabe von Kleinkrediten an Mittelstandsunternehmer.
Wer war nahe an der Grenze zum Sprung über die schmale geistige Schneide der Vernunft? Wer konnte vielleicht noch länger aushalten? Bei wem reichte ein wenig mehr Kraft, wer musste wirklich umfassend beschützt werden?
Seit dem Angriff auf Coruscant waren die Gelegenheiten, an denen er sein Bewusstsein hatte so auffächern müssen, gering gewesen, die Anstrengung trieb ihm den Schweiß auf die Stirn. Schon nach kürzester Zeit war seine Tunika von seinem Schweiß durchweicht, während sich am Rande seines Bewusstseins die lichten, konstanten Punkte der Jedi-Kampfgruppe, bestehend aus den Rittern Kazeru und Telemnar und dem Zivilisten Rash'adar Bantu drei kleineren düsteren Präsenzen widmeten.

Die 'Lightbringer' war geentert worden, wilde Sithwesenheiten hatten das Schiff betreten und suchten voran zu kommen, aber der eigentliche Gegner befand sich woanders, in seiner maßlosen Gier ein düsteres Leuchtfeuer eines nicht einzudämmenden Abgrunds. Jähes Entsetzen schwappte brandrot durch Aloncors Kopf, als diese Wesenheit sich einem überraschten Besatzungsmitglied widmete, es zu Tode malträtierte, dann Stille.
Ein Emotionspunkt weniger auf der geistigen Landkarte des vor Anstrengung zitternden Diplomaten. Dies war der eigentliche Gegner. Für Furcht oder einen Gedanken des Versagens blieb keine Zeit, nicht einmal eine Sekunde. Er bäumte sich auf, bleich geworden, als er den ersten geistigen Schlag gegen die Wesenheit geführt hatte und der zornige Schmerz der düsteren Präsenz als Reaktion zu ihm zurückschwappte. Dann fühlte er die geistige Nähe Padawan Aquaes, die sich an seine Seite gesellte, um der Wesenheit beizukommen.

Er konnte sie nicht einmal abwehren, ihr klar machen, dass dieser Kampf anders war als das, was sie gewöhnt war, zu sehr kreisten die furchtsamen, zutiefst erschreckten Empfindungen der Crewmitglieder durch seinen Kopf. So konnte er nur hinnehmen, ihr den Weg weisen und sich an ihrer Präsenz innerlich aufrichten.
Ab da verschwomm seine Erinnerung zu einem gewaltigen Konglomerat zähen Ringens um Beherrschung, um genug Kraft, um den Wahnsinn von der geistigen Türschwelle der Besatzung zurückhalten, um so viele positive Erinnerungen wie möglich, um der Macht genug Raum zu geben, durch ihn zu fließen und durch seine Zielrichtung eine Waffe zu werden. Es brauchte vier Schläge und die vehementen Kampfanstrengungen zweier Ritter, zweier Padawane und eines Zivilisten, um die Sithwesenheit zu bezwingen, dann war es dunkel um Aloncor geworden, als er loslassen musste, alle Reserven verbraucht waren.

Dass er in einem Weltall trieb, ein von Wasser bedeckter Planet voraus, der ihm so vertraut vorkam, darüber hatte er mit niemandem wirklich gesprochen. Es nur angedeutet. Dieser Moment des ungewollten, aber nicht weniger intensiven geistigen Kontakts zwischen seiner zutiefst erschöpften Mitstreiterin und dem ausgezehrten Diplomaten war nicht in Worte zu fassen. Ebenso wenig das, was er von ihrem Inneren gesehen hatte, auf der Suche nach ihrem sich in den innersten Schutzbereich zurückziehenden Geistes, der seine Wunden lecken wollte.
Korriban war ein karger Planet, gleißende Sonne, Sand und rote Felsen.
Eine junge Morwena mit trotzigem Blick, auf dem Weg in die Akademie, die ihr so viele Jahre an Gefangenschaft in einem grausamen System bringen würde. Aber noch immer vorhanden, mit jener Stärke, die sie immer in sich trug, die ihr weitaus mehr Waffe war, als es ihr Lichtschwert jemals sein konnte. Als er ihr Versprechen hatte, dass sie zurückkehren würde, zog er sich bewusst zurück, aus einer Sphäre hinausgleitend, in die er nicht gehörte.
Blaue Blüten.

Und wieder Stille, bis er erwacht war und in das Gesicht eines abgespannten, müden Mediziners blickte, der bei seinem Anblick sichtlich aufatmete. Er lebte noch, und doch schmerzte alles an ihm. Innerlich wund, mit einem Gefühl, als stünden seine geistigen Schranken weit offen, ließ er das Tun der Ärzte, und später des Jedi-Heilers Cheolls über sich ergehen. Sie wussten, was sie taten, darauf vertraute er, musste er vertrauen können. Zudem wäre er ohnehin zu matt gewesen, um sich zu wehren.
Ritterin Deikans Gesicht erschien, erneut Fürsorge. Besorgtheit. Eine Art Frieden, ihr bei ihrem Tun zusehen zu können, eingelullt von ihrem ausgeglichenen Pflichtbewusstsein und einem aufmunternden Lächeln. Hier durfte er müde sein, so abgrundtief erschöpft. Hier bewertete ihn niemand. Sie versuchte sogar, seine Sorge zu zerstreuen, durch den ungewollten Kontakt mit Padawan Aquaes Geist Schaden verursacht zu haben, der sich nicht mehr reparieren ließ. Er wusste, sie würde zurückkehren, aus den Fluten ihres gedämpften Bewusstseins zur Oberfläche zurückkehren und auftauchen, aber wann?

Wieder behutsame Heilerinnenhände, die Kraft vermittelten, stärkten, aber nichts erzwangen. Endlich erwachte sie, die Augen wegen des grellen Lichts zusammenkneifend, mit Gedächtnislücken. Aber was zählte es, sie war wach, ihr Geist klar. Alles andere würde die Zeit geben. Zeit, sich selbst Ruhe zu gönnen, die Eindrücke grauenhafter Tode und düsteren Verlangens abzuschütteln. Die Befleckung abzuwaschen, die er wegen dieses langen Kampfes auf sich haften fühlte.
Es tat gut, dann einfach nur noch Beobachter zu sein, die vielen Besucher zu betrachten, die sich am Bett von Padawan Aquae aufreihten. So unterschiedliche Gesichter, doch vereinte sie eines: Sorge um die Verletzte, freundliche Gedanken ihr gegenüber. Vielleicht bei dem Soldaten mehr als das, aber er hatte dem nicht nachgeforscht. Letztendlich ging Aloncor dies nichts an, und er hatte kein Recht dazu, Fragen zu stellen.

"Ich verdiene das alles gar nicht." Ein Gespräch spät in der Nacht, als sie beide keinen Schlaf fanden. Wenn man einen ganzen Tag über ausruhen konnte, der ansonsten mit reichlich vielen Tätigkeiten gefüllt war, hatte man irgendwann genug geruht. Der Geist ging auf Wanderschaft, die Gedanken kreisten. Morwena Aquaes Gedanken kreisten offensichtlich darum, wie viel sie noch tun musste, um endlich Vergebung für etwas finden zu können, das zehn Jahre ihres Lebens bestimmt hatte. Der Schatten der Sith Morwena Aquae war für die Padawan groß und dunkel, schien noch immer alles zu überlagern, was sie tat und wie sie ihr Leben betrachtete.
"Ihr müsst endlich damit beginnen, Euch selbst zu verzeihen."
Waren seine Worte genug gewesen, um ihr einen anderen Blickpunkt aufzuzeigen? Konnten Worte überhaupt genug sein, wenn jemand eine so große Schuld mit sich trug und nicht glauben wollte, dass Vergebung und Mitgefühl für sie existierten? Langsam drehte der Ritter seinen Kopf zur Seite und betrachtete die Schlafende. Mit ihr in diesem Zimmer zu liegen war für ihn weitaus mehr eine Prüfung, als er es sich zuvor ausgemalt hatte. Es strengte ihn an, und gleichzeitig hätte er darauf nicht verzichten wollen, hätte man ihm die Wahl gelassen. Alles ist eine Prüfung, jeden Tag aufs Neue.

Gleichzeitig musste er den Blick auf seine eigene Vergangenheit immer wieder vermeiden. Auf das, woran er sich geklammert hatte, um anderen helfen zu können. Manches blieb besser ruhen, und doch hatte er es nicht ruhen lassen dürfen. Aloncor seufzte leise und drehte sich so, dass er Padawan Aquae den Rücken zuwandte. Wenigstens ebbte das Gefühl, innerlich waidwund zu sein, langsam ab. Fünf Tage nach dem Einsatz auf der Lightbringer kehrte seine Kraft langsam zurück, auch wenn sein Körper noch immer verrückt spielte, als sei er noch ein Heranwachsender, dessen Hormonhaushalt sich gerade einpendelte. Oder war es die Verstrahlung?
Sie stellte kluge Fragen. "Was fehlt Euch, Ritter Torn?"
Allein die Antwort durfte nie gegeben werden. Und bald, wenn er genesen war, würde der nächste Auftrag warten. Die nächste Aufgabe, der er sich ganz widmen würde, fort von Tython, weit weg von Alderaan. Pflicht. Manches Mal konnte auch dies heilsam sein, musste es heilsam sein. Zumindest hoffte er das und überließ sich der Stille, um wieder in die Meditation hinab zu gleiten, die er in diesen Tagen so dringend brauchte.

Über Gloria H. Manderfeld

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