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Weit entfernt von mies: Mass Effect: Andromeda

Was wurde nicht alles über "Mass Effect: Andromeda" geschrieben und in Videos gesagt: die Gesichtsanimationen haben die starre Qualität einer Botox-Klinikinsassenparade, die Hauptstory ist viel zu generisch geraten, man kann sich nicht mit der Hauptfigur und den Problemen identifizieren, die diese lösen muss, die Gefährten wachsen einem nicht richtig ans Herz und überhaupt, ein echtes "Mass Effect" Gefühl kommt gar nicht erst auf.  

Eigentlich keine besonders tollen Vorschusslorbeeren für ein Spiel aus einer der bekanntesten und beliebtesten Spielereihen im Genre "Rollenspiel" der letzten Jahre - die erste "Mass Effect"-Trilogie hatte viele Fans, viele begeisterte Spieler, deren Geister sich erst am Ende des dritten Teiles geschieden haben, weil doch einer ganzen Menge an Leuten das Ende der Trilogie nicht zugesagt hat.  Ich habe auch eine ganze Weile mit mir gehadert, ob ich mir ein Vollpreisspiel direkt bei Release kaufen soll, aber am Ende war die Neugierde natürlich größer als die Vorsicht. 

Das Setting hat mich direkt angesprochen, denn es funktioniert unabhängig von allem, was bisher gespielt wurde. Klar ist die erste "Mass Effect"-Trilogie eine Grundlage, aber man spielt vollkommen neue Charaktere, in einer neuen Galaxis, dieses Mal mit der Aufgabe, für die Kolonisierungsarche der Menschen Planeten zu finden, auf denen die Kolonisten angesiedelt werden können, um eine neue Heimat für die Menschheit (und alle anderen Rassen) zu finden.


Man schlüpft dabei in die Rolle des Sohnes oder der Tochter des menschlichen Pathfinders, dessen Aufgabe es ist, die neue Galaxis nach lebensfähigen Orten zu erkunden, vorhandene Probleme zu beseitigen und einen konstruktiven Erstkontakt mit vorhandenen Spezies zu schaffen. Im Grunde ist der Pathfinder die eierlegende Zukunftswollmilchsau, der all die Jobs erledigen muss, für die alle vorhandenen sonstigen Anführer, Verwalter und Bürokraten sich nicht zuständig fühlen. 

Das muss Junior-Pathfinder Ryder nach dem Tod von Papa recht schnell feststellen und sich zwischen den Intrigen der jeweiligen wichtigen Persönlichkeiten, den katastrophalen Verhältnissen auf den eigentlich geplanten Habitat-Welten und noch so einigen anderen Problemen zurecht finden. Dummerweise ist der Kontakt mit der ersten Spezies, auf welche das Pathfinderteam stieß, dann auch noch feindlich ausgefallen - genug zu tun also, wenn man sich auf das Setting einlassen will.

Warum mir "Mass Effect: Andromeda" trotz allem Spaß macht:

Gesichtsanimationen: Jau, die sind mistig, auch der Patch hat da nicht sonderlich viel Besserung gebracht. Man könnte sich jetzt darüber total ärgern und sich daran total aufhängen - oder sich schlicht sagen, dass es auch in der Zukunft misslungene Schönheitschirurgie und -maßnahmen geben kann und das Ganze innerlich abhaken. Beim selbst erstellten "Ryder" sind die seltsamen Gesichtsausdrücke ohnehin nicht so extrem sichtbar wie zB bei der vordefinierten Sara Ryder, sodass man mit einem eigenen Char viele Macken schlicht nicht sieht.
Ich habe ohnehin das Gefühl, dass viele Leute neue Games immer an den Branchenbesten messen und einen ebensolchen Standard erwarten - und wehe, es ist ein bisschen schlechter oder sichtbar anders. Katastrophe! Ich will einen offensichtlichen Mangel nicht verteidigen, aber meine Spielewelt geht davon jetzt auch nicht unter.

Storyline: Wenn man sich von der Storyline der ersten drei Spiele löst und "Andromeda" als losgelöste Möglichkeit einer Spielewelt sieht, dann hat man es mit einer klassischen "Heldenreise" zu tun, wie man sie auch in Fantasy-Klassikern wie "Wheel of Time" oder "Lord of the Rings" findet. Der Hauptcharakter trägt aus irgendeinem Grund das Potential zum Helden in sich, wird als solcher gefördert und erkannt, und beweist sich unter widrigen Umständen. Natürlich ist damit die Hauptgeschichte ziemlich vorhersehbar, irgendwann wird man sicher alle Planeten besucht und kolonisiert haben, vielleicht sogar den Streit auf der Nexus-Raumstation geschlichtet.
Das ist total generisch, aber es funktioniert - klar, Jungpathfinder Ryder wurstelt zu Beginn erstmal ein bisschen planlos herum und schafft es trotzdem, Dinge hinzubiegen, an denen andere gescheitert sind. Aber ist das total schlecht? Ich finde nicht - und es hat Charme, Planeten zu retten, sie für Siedler bewohnbar zu machen, das Gefühl dabei zu gewinnen, dass man mit dem Charakter wirklich Dinge dauerhaft verändert. Und meine selbstgebastelte Lienas Ryder gefällt mir einfach saugut, auch wenn der Charaktereditor ein bisschen gewöhnungsbedürftig war!


Nebenquests: Die Nebenquests, mit denen ich mich bisher beschäftigen konnte, waren alle abwechslungsreich gestaltet und brachten einiges an Entscheidungsarbeit mit sich. Gerade der erste Kriminalfall der neuen Galaxie hat mich ein bisschen knabbern lassen und bis auf eine Nebenquest auf Havarl habe ich sie alle gern erledigt - es lohnt sich imho sehr, nicht einfach nur durchzurushen, sondern sich ein bisschen umzugucken, was man wo sonst noch alles erledigen kann. Man lernt die Schauplätze und das generelle Setting damit viel besser kennen, gewinnt Einblicke, die einem nicht sofort auf die Nase gebunden wurden. 

Gefährten: Die neue Crew hat mich ziemlich überzeugt - sie sind sehr unterschiedlich angelegt, man bekommt sogar ein Alien aus der neuen Galaxie mit ins Team, und ein guter Querschnitt aller coolen Rassen aus "Mass Effect" ist auch dabei. Ob es nun der Kroganer-Veteran Drack, die vorwitzige Asari Peebee, die ehemalige Spezialsoldatin Cora oder der lockere Mensch Liam ist, ich finde sie alle interessant, und ich bin motiviert, mit ihnen viele Gespräche zu führen, um ihre Storys kennen zu lernen. 
Gerade Coras Story hat mir bisher sehr gut gefallen, nicht zuletzt, weil sie durch den neuen Job des Junior-Pathfinders recht heftig zurückstecken musste und sich trotzdem als echte Hilfe erweist. Dieser Aspekt von "Andromeda" funktioniert für mich und ist durch die Diversität der Gefährten auch langfristig motivierend - keine Ahnung, was andere Zocker da erwartet haben mögen ...

Erkunden und Entdecken: So bescheuert ich mit dem Nomad auch fahre - ich kann's einfach nicht besonders gut - so viel Spaß macht es dennoch, mit dem Sechsräder durch die Gegend zu heizen, die Karten zu erkunden und auch am hinterletzten Eck noch Ausschau nach etwas Besonderem zu halten. Auch die Bergbaufunktion finde ich irgendwie witzig, wenngleich ich glaube, dass ich sie noch nicht wirklich gemeistert habe. 
Die Planeten, die ich bisher kennengelernt habe, sahen einfach genial aus, haben mich optisch und durch ihre Umgebungsbedingungen richtig umgehauen, da steckt viel Liebe zum Detail drin, das mich ziemlich anfixt, noch mehr entdecken zu wollen. Vielleicht ändert sich das noch, aber bisher bin ich voll dabei und möchte mehr sehen.


Kampfsystem: Nach anfänglichen Schwierigkeiten - ich habe erstmal eine Weile gebraucht, um nicht dauernd auf meine Teamgefährten, sondern auf die Gegner zu ballern und mit den Waffen zurecht zu kommen - machen auch die Kämpfe Spaß. Aufmunitionieren und Heilen ist durch die Ausrüstungskisten echt bequem, das Deckungs- und Sprungsystem wird durch das Sprungmodul auf dem Rücken der Pathfinder-Kampfrüstung sehr mobil und flexibel, mit der für mich richtigen Waffe lande ich auch gute Treffer - was will man mehr? 
Die Gegner verhalten sich gar nicht mal so blöd, versuchen zu flankeren, gehen in Deckung - ich denke mal, auf höheren Schwierigkeitsgraden wird das noch herausfordernder und interessanter.

Klar gibt es ein paar Dinge, die mich auch nerven - das Inventar ist super unübersichtlich, es gibt keine Minimap für die Orientierung (was echt irritierend ist), das Forschungs- und Craftingsystem ist relativ sperrig und schwergängig, die langen Anflugbildschirme während der Bewegung durch Sternensysteme und deren Erkundung sind jetzt auch nicht gerade toll - aber das alles ist noch auf einem erträglichen Level und wird durch anderes ausgeglichen. 

Wenn ihr euch nicht sicher seid, ob euch das Game gefallen kann, schaut doch einfach mal in meinem Let's play von "Mass Effect: Andromeda" herein oder spielt die 10-Stunden-Demo des Games gleich selbst, falls ihr euch nicht zu sehr spoilern lassen wollt - ich finde jedenfalls, dass es sich lohnt, sich auf das Spiel und die Stimmung einzulassen. Gerade, wer beim Rollenspiel "Kingmaker"-Szenarien mag, bei denen man sich seine eigene Ortschaft erobert und nach und nach ausbaut, um eine Machtbasis zu kultivieren, dürfte mit "Andromeda" einigen Spaß bekommen und ein gutes Gefühl dafür, wie stressig der Anführerjob bisweilen sein kann. 

Habt ihr das Game schon gezockt? Was haltet ihr von den ganzen Vorwürfen gegenüber Bioware und dem Entwicklerteam? Reizt euch das Szenario? Lasst mir ruhig eure Gedanken in den Kommentaren da, ich freue mich über Rückmeldungen :)

Über Gloria H. Manderfeld

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