Slogan Nerd-Gedanken
Aloncor Torn

The Good, the Bad and the Jedi: Träume von Sand


(22 NVC) "Wenn die Arbeiter weiterhin keinen dauerhaften Zugang zu Frischwasser haben, werden sie auch weiterhin krank werden," polterte der bullige, vierschrötige Mann auf der einen Seite des Verhandlungstischs und rammte seine mächtige Faust auf die metallene Tischplatte. 
"Sie können nicht erwarten, dass die Leute bis zum Umfallen arbeiten, ihnen ihren Alltag auf eine Weise zu erschweren, dass die wenige Zeit, die ihnen zur Erholung bleibt, auch noch durch Mühsal geprägt ist, und dann davon ausgehen, dass alle kräftig, gesund und motiviert bleiben." 
Er hatte sich ein Stück vorgeneigt, als wollte er dem Gegenüber auf der anderen Tischseite mit Anlauf ins Gesicht springen, was angesichts seiner puren Körpermasse sicher ein interessanter Anblick werden würde.

Die drei Gesprächspartner von Seiten OrsekCorps zeigten sich jedoch unbeeindruckt. Alle drei trugen modern geschnittene Maßanzüge, an den Handgelenken die neuesten Handcomp-Spangen in verchromter Saubermannoptik, einer hatte sogar kybernetische Augen, deren emotionsloser Blick einen Fels hätte schmelzen können. Alle drei trugen zudem das Unternehmenslogo als kleinen Pin am Revers, doch Aloncor Torn war sich sicher, dass dieser Pin nicht nur zur Zierde diente, sondern Überwachungstechnik beinhaltete. Er hatte da so ein Gefühl, und dieses trog ihn selten.
Stoisch saß er auf der Seite der Arbeitervertreter und betrachtete die Unternehmensgesandten. Es war die siebte Verhandlungsrunde, seit der Generalstreik im Lesk- und Aurek-Sektor begonnen und sich über gut die Hälfte des Planeten fortgesetzt hatte. Inzwischen war fast die gesamte, von humanoiden Arbeitern gesteuerte Produktion zum Erliegen gekommen und zwang beide Parteien an den Verhandlungstisch. Die Positionen waren klar - die Arbeiter wünschten sich bessere Lebensbedinungen, die Unternehmensvertreter ein Ende des Streiks und mehr Profit.

"Wir könnten auch auf Droidenproduktion umstellen, meine Damen und Herren," ergriff einer der Anwälte von OrsekCorp das Wort und schob ein aktiviertes Datapad in die Richtung der Arbeitervertreter. "Bedenken Sie, dass Ihre Arbeitskraft nur dann wertvoll ist, wenn Sie diese auch einsetzen können. Ersetzen wir Sie durch Arbeitskräfte, die nicht streiken und vor allem wesentlich simpler im Unterhalt sind, dann beißen Sie sich ins eigene Fleisch, indem Sie dies hier nicht zügig beenden."
Dieses Argument war weder neu noch überraschend, und so ergriff die Vorsitzende der Tech-Arbeitergruppe das Wort. "Sie wissen selbst, dass Droiden aufgrund der Umgebungsbedingungen auf gut 78% der Planetenoberfläche von exzessiver Korrosion betroffen wären, wenn Sie keine speziellen Modelle aus Sonderlegierungen bestellen. Das heißt, dass wir Arbeiter nach wie vor kostengünstiger sind, selbst wenn wir leider bessere Ausbildung, sauberere Luft, ausreichenden Zugang zu frischem Trinkwasser und Licht benötigen, um effizient zu funktionieren."

Sie sprach so trocken und emotionslos, als handle es sich bei ihren Mitstreitern um eine Handelsware, doch das gehörte zur Strategie. Aloncor hatte mit den Arbeitervertretern über Wochen hinweg diskutiert, auf welche Weise sie es schaffen konnten, die Leute von OrsekCorp zu überzeugen. Dass die Tech-Arbeitergruppen-Vorsitzende nun ihrerseits ein Datapad über den Tisch schob, bei dem detailliert aufgelistet war, auf welche Weise die Arbeiter wirtschaftlicher funktionieren würden, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt wurden, war auch Teil des Ganzen.
Zuerst hatten sie OrsekCorp gezeigt, wie wenig der Laden lief, wenn die Arbeiter streikten. Noch war es kein Generalstreik, aber die restlichen noch produktiven Arbeitergruppen hatten längst zugesagt, sich auch zu beteiligen, sollte es nötig werden.

Über ein dreiviertel Jahr hatten sie diesen Coup vorbereitet. Aloncor hatte nach und nach dabei geholfen, das Selbstbewusstsein der Arbeitergruppen zu stärken, ihnen gezeigt, welche Macht sie eigentlich besaßen, wenn sie gemeinsam vorgingen. Das Abflauen der Bandenkriminalität in mehreren Sektoren hatte dazu beigetragen, dass seine Worte Gewicht erlangten, dass man ihn auch ausserhalb ernst nahm. 
Sie probten Streikszenarien, sie legten Vorräte an, die Arbeitervertreter vernetzten sich und erarbeiteten schließlich gemeinsam einen Zehn-Punkte-Plan, mit dem sie hofften, für alle die Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern. Da war es von Vorteil, dass Orsek-Thau ein Planet mit relativ technikfeindlichen Umständen war. Ein Vorteil, welchen sie bei den Verhandlungen als entscheidende Waffe verwenden konnten, um OrsekCorp klar zu machen, wie sehr das Unternehmen auf die Arbeiter angewiesen war.

Es entspann sich eine Diskussion um verschiedene Droidenmodelle, die sie vorausgeahnt hatten, doch auch hierfür war Ola Thurell, die Vorsitzende der Tech-Facharbeiter, gut vorbereitet. Sie hatten Zeit gehabt, an alle Eventualitäten zu denken, während für OrsekCorp die Streiks recht überraschend gekommen waren, da die letzten Versuche dieser Art über zwanzig Jahre her waren.
Aloncor verschränkte seine Finger ineinander und hörte den gewechselten Worten zu, ließ nach alter Gewohnheit die Emotionen der Gesprächspartner in sich einsickern, um die Art und Weise ihrer Argumentation mit den dahinter liegenden Empfindungen abzugleichen.

Ola war zuversichtlich, mutig, sie nahm die Herausforderung, den Anwälten und Managern ihr Wissen zu demonstrieren, aus ganzem Herzen an. Und der Bereichsmanager neben dem Anwalt - ein vages Aufflackern von Erschrecken. Aloncor unterdrückte ein Lächeln, da er wusste, dass die Wende in den Verhandlungen kommen würde. Sie hatten OrsekCorp kalt erwischt, nach dem gegenseitigen Kraftmeiern der letzten Verhandlungsrunden würde es heute endlich inhaltlich zur Sache gehen.

Plötzlich wurde seine Kehle trocken und er griff nach dem Wasserglas, welches vor ihm auf der Tischplatte stand, um sich den seltsamen Sandgeschmack aus dem Mund zu spülen. Sandgeschmack? Wie konnte Sand nach etwas schmecken? Es war heiß geworden im Inneren des Raumes, ihm brach unter dem bequemen, weiten Oberteil fast sofort der Schweiß aus. Selbst die von Narben überwucherte Haut schien zu schwitzen, als sei er noch ein junger Padawan, der in der sommerlichen Sonne Alderaans im Gras lag und sich des Lebens freuen durfte. 
Diese Sonne war jedoch viel intensiver als das, was er auf Alderaan erlebt hatte, sie gleißte geradezu vom strahlend blauen Himmel, der wirkte, als würde es hier niemals Wolken geben. Unendliche Weiten erstreckten sich vor Aloncors Augen, angefüllt mit braungelbem Sand, der sich in weichen Dünenlandschaften erstreckte. Von oben betrachtet wirkten die Dünen wie dahingemalt. Er musste sie nur mit den Fingern berühren, um ihre Weichheit zu spüren, doch in seinen Händen lag nur mehr Sand, als er es tatsächlich versuchte.

Als er zum Himmel blickte, erkannte er zwei Sonnen, unbarmherzig, hell, einen Brand über den Planeten schickend, welcher die Lebenden austrocknete und jede Hoffnung auf Wasser auslöschen konnte. Er wurde fortgerissen, streifte über weitere Dünen, dann Felsformationen, die sich aus dem Sand erhoben, über leicht kuppelartige Erhebungen, deren Konstruktion er als den sichtbaren Teil von Feuchtfarmen erkannte.
Der kleine Jüngling in ihm lachte noch einmal darüber, wie er es damals im Tempel von Coruscant getan hatte, dass es wirklich Personen gab, welche freiwillig auf einem Planeten wie Tatooine lebten und ein so hartes Leben führte, in dem man selbst das Wasser austricksen musste, um genug davon zum Leben zu haben. Der kleine Jüngling wurde erneut von einem der Bibliotheksjedi zur Ordnung gerufen und daran erinnert, dass die wenigsten Lebewesen sich den Ort ihrer Geburt aussuchen konnten, welcher ihre Lebensumstände bestimmte.

Endlich erreichten sie ein Felsmassiv mit einer recht eingängigen Struktur und einer in der Nähe liegenden Siedlung, die alsbald vom Sand verschluckt wurde wie so vieles andere auf diesem Planeten. Irgendwo entdeckte er winzig klein einen Sandcrawler, erinnerte sich an die Kultur und die wenigen Details, welche über die Lebensweise der Jawas bekannt waren, verlor einige Gedanken an die Tusken und deren nomadisches Wesen, ihre unbedingte Liebe zur Stärke und Herrschaft. Wie seltsam, dachte Aloncor in seinem Traum. Er war noch nie auf Tatooine gewesen, kannte den Planeten nur von Bildern, doch fühlte sich alles erschreckend vertraut an.

Sein Fuß setzte auf dem Sandboden auf, dann daneben sein Gehstock. Dunkelrosa, perfekt geformte Rosen breiteten sich von seinem Standort aus und schlugen eine lebendige, bunte Schneise in den Sand, belebten die öde Leere mit ihrem süßen Duft, der in der erhitzten Luft gen Himmel stieg. Juran Mountain Glory, wie seltsam. 

Ohne Milben, ohne Mehltau, als müssten sie genau dort wachsen und gedeihen. Zarte blaue Blüten mischten sich ins Gras, ergänzten die Farbe der Rosen aufs Vortrefflichste und boten seinem Auge, welches sich die letzten Jahre über an die ärmliche Kargheit von Orsek-Thau hatte gewöhnen müssen, eine Pracht, die ihm die Tränen in die Augen trieb.

"Alles in Ordnung?" erkundigte sich Ola leise bei ihrem Nebenmann, während der vierschrötige Arbeitervertreter neue Argumente in Richtung der gelackten Anzugheinis bellte. Aloncor blinzelte eilig eine Träne aus dem Auge fortb und schüttelte kurz den Kopf.
"Es ist nichts, ich habe nur etwas im Auge," flüsterte Aloncor zurück und stellte fest, dass er sein Glas inzwischen leer getrunken hatte und immer noch durstig war. Endlich war dieses Gefühl der Vollständigkeit wieder da.

Stets war die Macht um ihn gewesen, die Erfolge seiner Bemühungen um die Arbeiter auf Orsek-Thau gaben diesem Wissen Recht, auch wenn er nicht mehr trainiert hatte und nur selten auf mehr zurückgriff als seine innere Begabung zur Empathie. 
Aber nun waren die Bilder zurückgekehrt, überraschend klar und von einer Gewissheit begleitet, die ihm in den letzten Jahren gefehlt hatte. Seine Aufgabe auf Orsek-Thau war beendet, und eine neue wartete bereits. Jetzt wusste er auch, wo er diese Aufgabe finden würde. Und wen er dort finden würde.

Über Gloria H. Manderfeld

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