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Rezension: Star Wars: Dr. Aphra


Die Archäologin Dr. Aphra hat so einige Probleme: sie hat einen Berg von Schulden, hat eine Lebensschuld einzulösen und als sie versucht, einige Artefakte zu verkaufen, die sie nicht wirklich legal erworben hat, muss sie zur Kenntnis nehmen, dass ihre Glaubwürdigkeit und damit auch ihr den Preis eines Artefakts in die Höhe treibenden Doktortitel auf der Kippe stehen. 
Dann steht auch noch ihr Vater vor ihr, welcher freimütig zugibt, an dieser unschönen Entwicklung die Schuld zu tragen und fordert seine Tochter auf, ihn bei seiner größten Forschungsreise zu begleiten. Seit vielen Jahren ist er auf der Suche nach Hinweisen auf einen Machtorden namens Ordo Aspectu und hat nun endlich genügend Hinweise gefunden, um diese mit einem konkreten Ort zu verbinden – doch blöderweise ist das ausgerechnet der Dschungelmond Yavin IV, der nach der Schlacht von Yavin noch unter imperialer Kontrolle steht …

Das Star-Wars-Universum ist seit jeher bunt und vielfältig, was schon in den Filmen durch die Mischung an handelnden Personen, Schauplätzen und Interessensspähren angedeutet wird. Mit Heldinnen wie Dr. Aphra, deren indogenes Äußeres und ausgesprochen unkonventionelles Verhalten sie zu einer klar umrissenen, unverwechselbaren Persönlichkeit macht, wird diese Tradition passend fortgeführt: wo man vielleicht bei einer abenteuerlichen Archäologin ein Indiana-Jones-Derivat vor Augen hat, wird man durch Aphras Handeln schnell eines Besseren belehrt: für sie zählt neben dem Nervenkitzel bei der Erlangung von Artefakten vor allem, dass am Ende beim Verkauf derselben reichlich Credits für sie herausspringen.

Ihr stets an das Gute glaubende und vom Wunsch, der Galaxis etwas Gutes zu hinterlassen, beseelte Vater bildet bei »Dr. Aphra« einen klaren Gegenpol zu seiner Tochter, doch auch bei ihm ist längst nicht alles Gold, was glänzt.
In geschickt in die Hauptstory eingestreuten Rückblicken wird Aphras Persönlichkeit beleuchtet, die sicherlich ohne die Prioritäten ihres Vaters eine andere Entwicklung genommen hätte. Ebenso erscheinen einem manche der Dinge, welche sie in der Erzählungsgegenwart veranstaltet, deutlich nachvollziehbar, sobald man erfährt, was sie in der Universität während ihres Studiums erlebt hat und wo die Hindernisse ihres Lebens lagen. Dabei behält sie jedoch einen letzten Rest an moralischen Werten und beweist, dass viel ihres Tuns durch ihre Entwicklung, nicht aber einen schlechten Charakter motiviert ist.

Ob es Teil der deutschen Übersetzung oder auch im englischen Original ist, kann ich nicht sagen, doch die Anleihen an Indiana Jones, die immer mal wieder im Comic aufblitzen, haben mich als Indy-Fan ziemlich amüsiert. Beispielsweise nennt Aphras Vater sie immer wieder ‚Kleines‘, wogegen sie sich energisch wehrt – bei Indy wäre das sein Vater, der ihn dauernd als ‚Junior‘ bezeichnet. Auch die recht eigenwillige Sammlung an Bekannten und Begleitern, die Aphra um sich herum hat, erinnert durchaus an das filmische Vorbild: beispielsweise der schlitzohrige, mordlüstige Verhördroide OOO oder der Wookie-Krieger Krrssantan, welcher Aphra immer wieder aus Problemen herausprügelt.


Natürlich könnte man die Crew von Aphras Schiff auch als Reminiszenz auf Han Solos »Millennium Falcon«-Besatzung betrachten – gelungen ist die Mischung auf jeden Fall, vor allem bekommt jeder von Aphras Begleitung immer wieder ein bisschen Screentime, in welcher sich dieser beweisen kann. Mein Favorit unter Aphras Crew ist eindeutig Triple-Zero, auch wenn ich dem durchgeknallten Droiden ungern in einer dunklen Gasse begegnen würde.

»Dr. Aphra« bietet eine klassische Abenteuergeschichte, bei der die handelnden Personen ein Ziel gegen verschiedene Hindernisse verfolgen. Auch die Seite der Imperialen, die hier als Hindernis herhalten müssen, findet bei der Story Platz, die einige rasante Wendungen aufbieten kann. Dabei stehen die Imperialen erfreulicherweise nicht als imkompetente Trottel da, sondern müssen sich genau wie Aphras Team mit auftauchenden Problemen beschäftigen – so erscheinen sie als gleichberechtigt Handelnde mit ähnlichen Chancen, ohne zur gesichtslosen Abschlachtmasse zu werden.


Der Plot an sich ist überzeugend durchexerziert und macht, wenn man Abenteuergeschichten mag, sehr viel Spaß, da man kaum vorhersehen kann, was einige Seiten weiter passiert. Auch das Ende passt zu dieser runden und mit einem gewissen Augenzwinkern erzählten Geschichte. Mir persönlich hat jedoch noch ein bisschen mehr Tiefgang gefehlt, ich hätte gerne noch mehr in Aphras Kopf geblickt – aber das sind wirklich Luxusprobleme.


Durch die dynamische Panel-Anordnung, in welcher die Figuren auch einmal aus ihren Begrenzungsrahmen ausbrechen dürfen und dem generell zum Realismus tendierenden Zeichenstil fällt es leicht, sich in die Story hineinfallen zu lassen. Gerade die mit Liebe zum Detail gestalteten Schauplätze und Kleidungsstücke und die gut eingefangenen, emotional-extremen Gesichtsausdrücke machen einen großen Teil des Reizes aus, da man Aphra ihre Empfindungen sehr gut am Gesicht ablesen kann. Alles in allem also ein Comic, das gerade für Fans der zwielichtigeren, schurkischer Handelnden im Star-Wars-Universum geeigneter Lesestoff sein dürfte.

Fazit: Spaßige und spannende Abenteuergeschichte um eine außergewöhnliche Star-Wars-Heldin. Neun von zehn möglichen Punkten.

Comicdetails:
Titel: Star Wars - Dr. Aphra
Originaltitel: Dr. Aphra #1-#6
Zeichner: Kev Walker, Salvador Larroca, Marc Deering (Tusche)
Farben: Antonio Fabela, Edgar Delgado
Story: Kieron Gillen
Übersetzer: Justin Aardvark
Buch-/Verlagsdaten:  Panini, 16. Oktober 2017, Broschiert, 144 Seiten, ISBN-13: 978-3741603112, 16,99€

Hinweis: Die verwendeten Panels stammen aus von Zeichner Kev Walker öffentlich zugänglich gemachten Seiten der englischen Comic-Ausgabe.

Über Gloria H. Manderfeld

2 Eure Meinung zu den Nerd-Gedanken:

  1. Hey!
    Das klingt cool.
    Danke für den Tipp!

    Liebe Grüße,
    Nicci

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    1. Für mich eine der besten Neuveröffentlichungen der letzten Zeit :) und hey, sie hat einfach einen tollen, trockenen Humor ...

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