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Gaming

Gehetzt durchs Dungeon: warum mir WoW dabei keinen Spaß mehr macht


Vor ein paar Jahren - ich war gerade schon in Versuchung, 'früher' zu schreiben - habe ich bei "World of Warcraft" sehr gerne und sehr viele Dungeons besucht. Herausfordernde Mechaniken und abwechslungsreiche Szenarien, die man gemeinsam mit Freunden durchstreift, machen mir nach wie vor in jedem MMORPG Spaß, aber mit unbekannten Spielern unterwegs zu sein, fällt mir immer schwerer.
Nicht nur, weil ich teilweise das Gefühl gewinne, dass die Neigung zum Vereinfachen vieler Spielmechaniken nicht wirklich dabei geholfen hat, den Mitspielern die Funktionsweise ihrer jeweiligen übernommenen Rolle im Kampf näher zu bringen, sondern vor allem wegen der dauernden Hetzerei, die viele Leute an den Tag legen, sobald sie den ersten Schritt ins Dungeon machen.

Da pullt der DD, was die Schwarte kracht, ganz gleich, ob der Tank dem noch hinterher kommt, oder aber Tanks rennen wie Irre auf Speed von Mobgruppe zu Mobgruppe, bis ich mich wie beim Marathonlauf anstelle einer Dungeonrunde fühle. Bei Dungeons, die ich selbst durch die Erfahrung der letzten Jahre gut oder zumindest brauchbar kenne, ist das kein so riesiges Problem, da ich die Gruppe dann auch wiederfinde, wenn mir jemand im Affentempo unterwegs ist.
Bei den neueren Dungeons aus Erweiterungen wie "Mists of Pandaria", die ich selbst nicht wirklich aktiv gespielt und nur im Nachhinein durchgequestet habe, wird es aber einfach nur zu nervigem und unnötigem Stress. Während mindestens einer in der Gruppe vorausrennt und sich die anderen meist notgedrungen dem Tempo anpassen, bin ich noch mit umgucken und orientieren beschäftigt - und hechle dann erstmal hinterher, weil ich selten zu den Glücklichen gehöre, deren Charakterklasse mit 30% mehr Laufspeed ausgestattet ist. 

Bei Bosskämpfen warten solche Rennmäuse auch selten genug darauf, dass ihr Heiler genug Mana hat oder ob alle anderen bereit sind. Hauptsache drauf und umhacken, als gäbe es einen Geschwindigkeitsbonus dafür, dass man ein paar Minuten schneller ist als andere. Das ist aber nur bei Veteranendungeons im Endgamebereich der Fall - die Leveldungeons werden weder besser noch geben sie mehr Loot, wenn man sie im selbstbestimmten Rennmodus absolviert.
Auch auf grundlegende Höflichkeitsformen wie ein "Hallo" oder "Tschüss" beim Betreten oder Verlassen der Dungeongruppe wird von solchen Hetzern zumeist verzichtet. Kostet ja Zeit, nehme ich an - aber so viel Zeit sollte man immer haben. Oder auch für ein "Dankeschön", wenn der Run trotz aller Hetzerei gut lief, was nun wirklich keine Selbstverständlichkeit mehr ist.

Inzwischen frage ich mich, ob ich zu einer WoW-Variante von den beiden Muppets-Opas Statler und Waldorf mutiere, weil ich schon von den guten alten Zeiten schwärme, in denen Dungeons noch eine echte Herausforderung waren, bei denen ein kopfloses Vorrennen oder das Pullen von mehr als einer Mobgruppe mit einem harten Wipe abgestraft wurde.
Dabei hat man noch gelernt, welche Art Spielerverhalten man für Raids braucht - heute kollidieren Spieler, die nur das 'casual' WoW kennen, spätestens bei den etwas lauf- und reaktionsintensiveren Raids brutal mit der Spielwirklichkeit und wundern sich, wieso es plötzlich nicht mehr läuft.
"Damals" war natürlich auch nicht alles nur toll - wenn ich bedenke, dass ein Run durch Burg Schattenfang gut mal eine Stunde dauerte, vom Scharlachroten Kloster ganz zu schweigen, ist einiges durch das Neudesign der Classic-Dungeons schon bedeutend angenehmer zu spielen geworden. Auch der Dungeon-Gruppenfinder ist ein hilfreiches Tool, wenn man gerade niemanden im Freundeskreis hat, der aktiv WoW zockt oder Zeit hat. 

Aber ab und an würde ich mir einfach wünschen, ein bisschen mehr Zeit zu haben. Zeit, mir Bosstaktiken nicht alleine durch Beobachtung und Machen beim Durchhetzen anzueignen, sondern durch eine Erklärung eines Mitspielers, der weiß, wie's geht - das vermeidet unnötige Tode, weil man irgendein Detail in den Bossfähigkeiten nicht kennt. Zeit, vielleicht auch einem anderen Spieler Bosstaktiken zu erklären, falls dieser sagt, dass er sich noch nicht auskennt. 
Zeit, mich in den meistens sehr stimmungsvoll zusammengestöpselten Dungeons mal umzuschauen und die Stimmung zu genießen. Zeit, um auch mal ein bisschen mit den Mitspielern zu schnacken, wenn sie nett wirken - aber inzwischen ist das Dungeonbesuchen wie ein Gang zu McDonalds geworden. Genuss: null. Geschwindigkeit: Maximum. Bedürfnisbefriedigung: auf dem Level 'effizient'.

Statt schön eben schnell - wenn das die Gamingzukunft ist, muss ich sagen, dass mir die jüngeren Zocker fast ein bisschen leid tun, weil sie nicht mehr lernen, dass auch in der Ruhe Kraft liegen kann. Dass man sich nicht hetzen muss und dennoch zum Ziel kommen kann.
Vielleicht ist das eine Einsicht, die einem erst mit ein paar verstrichenen Lebensjahren jenseits der Dreißig kommt. Vielleicht werde ich schlicht auch langsam zu alt oder zu bequem für Dungeons im Turbomodus. Jedenfalls denke ich, dass Gruppenspiel nicht zwingend nur bedeuten muss, zwecks Zielerreichung auf dem Minimallevel an Kooperation zusammen zu wirken. Das bekommt man in zu vielen Branchen jobtechnisch schon zu sehr eingeprügelt ...

Über Gloria H. Manderfeld

7 Eure Meinung zu den Nerd-Gedanken:

  1. Ich sehe es exakt genauso. Ich habe zwar nie WoW gespielt, aber kenne
    das Ganze aus 'Perfect World'... und das schon vor einigen Jahren!

    Immer mehr wird versucht das Ziel so schnell wie möglich zu erreichen
    und immer weniger wird auf 'Gemeinsamkeit' und 'Gruppenspiel' geachtet.

    Ich bin, ebenso wie du, der Meinung, das diese Art von Spielern etwas
    eklatantes verpasst.

    Liebe Grüße
    Ralf (Dukator-Devanemn Garoue - Adept der Magie der Mitte)

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    1. Diese generelle Neigung, das 'Gruppenspiel' als 'ich erreiche meine Ziele und dann nach mir die Sintflut' zu interpretieren, finde ich gerade bei WoW inzwischen extrem. Wobei es meist am 'Ende' eines Addons und kurz vor einem neuen besonders schlimm wird, weil die meisten Leute overgeared sind und dann Dungeons oder Twinken nur noch im Extrem-Fast-Forward machen wollen ...

      Liebe Grüße Dir :) schön, von Dir mal wieder gehört zu haben^^

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  2. Als Tankspieler: .... Nur Gilden-Runs. Schon lange. :)
    In WoW hatte ich Schmerztoleranz bis irgendwann in Cata, aber dann war der Ofen aus. Und in SWTOR habe ich auch immer nur maximal die Heroic FPs mit Trottellotto gespielt (und auch da nur mit Gilden-Heiler im Genick. Herz für Aroval!). In ESO war der Ofen von Anfang an aus und ich gehe nur mit RL-Freunden. Da mag man mir noch so oft versichern, dass es "nicht immer so" wäre. #notallPUGs .... nee, nee, nee!

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    1. Sowas von nachvollziehbar ... FPs geb' ich mir in SWTOR als Heiler nur dann, wenn ich die Klasse beherrsche, dann lernt man wirklich einiges über Chaosmanagement - aber das mag ich mir auch nicht dauernd antun. Bei WoW hat man angesichts der Rumhetzerei schlicht auch nicht die Möglichkeit, das Heilen oder Tanken in Ruhe zu lernen, weil alle rushen wollen wie die Irren ... bei ESO fehlen mir die Vergleichswerte. Ich bin da noch zu sehr im 'ohhhh Sommersend schööön'-Modus :D

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    2. In ESO ist die Lernkurve meiner Meinung nach aber auch nicht gut gemacht. Man macht alle Dungeons zu dritt ohne Heiler/Tank ohne Probleme im Halbschlaf und fällt dann im Veteran Mode bei den Bossen (besonders immer Endboss) voll auf die Fresse.
      Außerdem haben mir FPs in SWTOR rein mechanikmäßig immer mehr Spaß gemacht als Dungeons in ESO. Einfach interessanter.
      Dafür ist das Tanken in ESO aktiver, das mag ich.

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    3. Hm, bei ESO finde ich es gut, dass man als Einzelspieler in den Gewölben durchaus die ein oder andere Herausforderung findet. Alleine den Gewölbeboss legen ist je nach Klasse manchmal ganz schön knifflig :) Auf solche Herausforderungen steh ich auch bei SWTOR .. manche H2-Quests sind alleine mit Gefährte echt böse.

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  3. Ja, ich kenn das aus HdRO : Ini-Rushs, Dailies durchjagen, Asche-Farmen und irgendwann ists einem klargeworden: diese ganze Szene (viele kiddies, aber auch ne Menge "Ältere")
    spielen 3-4 MMOs parallel - natürlich immer irgend ne F2P-Variante - und SIMULIEREN mit ihrem Spielstil Effizienz, beruflichen Stress, Optimierung und Zeitmanagement, was sie in ihrem reallife einfach nicht (mehr) haben; oder im Fall der kiddies: in der Form auch nie kennenlernen werden - das sind so meine Erfahrungen aus knapp 7 Jahren HdRO, ner Menge Unterhaltungen, TS, Gilde(n), random-Gruppen etc..

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