Zu allererst braucht es ein gutes Stückchen Mut, um sich beim Rollenspiel dafür zu entscheiden, die Position eines Spielleiters zu übernehmen - und dann steht der Nachwuchs-SL vor einem riesigen Berg an Möglichkeiten, zwischen denen sich zu entscheiden gar nicht so leicht ist. Der "Karneval der Rollenspielblogs" widmet sich im März 2018 dem Thema "Tipps für neue Spielleiter" und wird von Infernal_Teddy von "Neue Abenteuer" ausgerichtet.
Den Eingangsbeitrag könnt ihr hier nachlesen - und da ich schon seit einigen Monaten zeitbedingt immer wieder aussetzen musste, möchte ich es zumindest zu diesem wichtigen Thema schaffen, ein paar Tipps zur Verfügung zu stellen, die meiner Ansicht nach helfen können, den Einstieg ins Spieler-knechten aka Spielleiten zu erleichtern.
Selbst bin ich seit etwa zwanzig Jahren immer wieder als Spielleiter tätig, vermehrt in den letzten fünf Jahren im Online-Bereich, genieße es aber durchaus auch, immer wieder einfach 'nur' Spieler zu sein und auf der anderen Seite des Tischs kreativ zu Werke zu gehen. Viel Spaß mit dem Beitrag und viel Erfolg beim Spielleiten!
1. Fange klein an
Gerade wenn die bisherig geleiteten Abende noch an einer Hand abzuzählen sind, ist es meiner Ansicht nach besser, nicht zu versuchen, eine epische Kampagne auf die Beine zu stellen, welche die Spielergruppe die kommenden drei Jahre lang beschäftigt. Die Gefahr, sich zwischen Haupthandlung und Nebenhandlungssträngen sowie Füllerquests zu verheddern und den Überblick zu verlieren, ist bei einer zu epischen Kampagne sehr groß.
Viel sinnvoller ist es da, sich eine überschaubare Aufgabe für die Spieler zu suchen und sich an einem Plot auszuprobieren, der an einem oder maximal zwei Abenden geschafft ist. Dabei ist in der Regel nicht nur die Zielsetzung für die Spieler klar umrissen, sondern auch die Örtlichkeiten, an denen die Spieler nach der Lösung suchen können sowie auch die NPCs, die sich als Freunde und Feinde der Spielercharaktere erweisen.
Eine klare Plotstruktur, bei der ein Spielleiter, der sich auf den Spieleabend vorbereitet hat, alle Details kennt, erlaubt zudem auch, Dinge hinzuzufügen, falls es nötig werden sollte, ohne dass die Handlung zu komplex wird.
Je nachdem, welches System gespielt wird, kann es sehr helfen, ein (Anfänger-) Kaufabenteuer zu erwerben oder im Netz nach einem Oneshot-Abenteuer zu suchen, das von Fans des Systems erstellt wurde. Manche Systeme bieten auch Schnellstartabenteuer, die meist an einem Abend durchgespielt werden können und sowohl NPCs als auch Szenensettings vorgeben - wenn ihr mehr Details/Szenen im Abenteuer haben wollt, könnt ihr sie natürlich noch hinzufügen.
Beim Online-Rollenspiel im Umfeld eines MMORPGs ist das natürlich nicht möglich, aber ihr könnt euch dabei von solchen Oneshots und Schnellstart-Abenteuern inspirieren lassen oder eine im Spiel vorkommende Quest zu euren Zwecken umgestalten oder weiterdenken.
Nehmt euch zudem nach dem Abschluss des Abenteuers die Zeit, bei den Spielern nachzufragen, was ihnen gefallen hat und wo für sie die Schwierigkeiten lagen - nur mit konstruktiver Kritik könnt ihr euch als Spielleiter verbessern und bekommt einen genaueren Blick darauf, wo es hakt.
2. Bleibe flexibel
Selbst der beste Schlachtplan stirbt beim ersten Kontakt mit dem Feind - was beim Militär gilt, trifft für gewöhnlich auch auf Rollenspiel zu. Man kann noch so viel vorbereiten, Spieler haben dann doch meist irgendeine Idee, die man nicht vorhergesehen hat, auf die man sich nicht vorbereiten konnte - und schon steht man vor dem Problem, ob man die Spieler wieder in Richtung des ausgearbeiteten Plots zu schubsen versuchen soll oder ob man auf die Handlungen der Spieler eingeht und riskiert, auf einen Weg zu geraten, der sich vom Plot zu weit entfernt.
Normalerweise ist es viel schwieriger, Spieler auf einen bestimmten Weg zu zwingen als erst einmal auf ihr Tun zu reagieren - Eigeninitiative von Spielern ist ein seltenes Gut und sollte meiner Ansicht nach nach nie abgeschmettert werden, solange sie zum gespielten Charakter passt.
Also kommt der Griff in die Spielleiter-Trickkiste: Für solche Fälle habe ich einige Zufallstabellen in der Hinterhand, die man sich schon weit vor dem Spieleabend zusammensuchen kann, wenn man weiß, dass das Abenteuer in einer bestimmten Szenerie stattfindet - bei einem Abenteuer in einer Stadt würde ich nach Zufallstabellen für Stadtbegegnungen Ausschau halten, oder für Händlerstände, für das Interieur von Läden, für den Besuch in einem Bordell und Ähnliches. Lasst euch von der Szenerie inspirieren, die das Abenteuer bestimmt, und überlegt dabei, was ihr selbst interessant fändet, würde es euren Spielercharakteren zustoßen.
Solltet ihr keine Zufallstabelle finden, überlegt euch für die Situation, in der sich die Spielerhelden befinden, eine konkrete Herausforderung. Ein Dieb, der ein Schloss knacken will, kann natürlich auf seine Fähigkeit eine Probe ablegen - aber spannender wird es doch, wenn der Dieb damit konfrontiert wird, dass sich NPCs nähern, er eine Falle vermuten muss oder das Schloss mit einem Rätsel versehen ist...
Auch ein paar ausgearbeitete NPC-Gegner, die ihr in Werten und Aussehen vorbereitet habt, können nie schaden, wenn man sie zur Hand hat - braucht man sie am jeweiligen Abend nicht, kann man sie immer noch an einem anderen Abend modifiziert einsetzen. Vorbereitetes Spielmaterial hat den großen Vorteil, dass es nicht verdirbt, sondern immer wieder genutzt werden kann.
Auch ein paar ausgearbeitete NPC-Gegner, die ihr in Werten und Aussehen vorbereitet habt, können nie schaden, wenn man sie zur Hand hat - braucht man sie am jeweiligen Abend nicht, kann man sie immer noch an einem anderen Abend modifiziert einsetzen. Vorbereitetes Spielmaterial hat den großen Vorteil, dass es nicht verdirbt, sondern immer wieder genutzt werden kann.
Sollten die Spieler sich zu weit von dem entfernen, was ihr an diesem Abend geplant habt, könnt ihr immer noch versuchen, den Reiz dessen zu erhöhen, was mit dem eigentlichen Plot zu tun hat - Rückfragen des Auftraggebers nach dem bisherigen Erfolg der Bemühungen, ein NPC, der sie dringlich bittet, die ursprüngliche Aufgabe zu lösen, Gegner oder Situationen, die den neu eingeschlagenen Weg in Übermacht versperren oder zu einer sehr zeitraubenden Angelegenheit machen würden.
3. Achte auf Abwechslung für alle
Ein gutes Abenteuer basiert darauf, mehrere Elemente zu kombinieren: Spannung, Erkundung, Ermittlung, was zum Lachen, was zum Fürchten - das sind nur einige der möglichen Optionen. Wie stark oder schwach ihr diesen verschiedenen Elementen Geltung einräumt, liegt ganz bei euch, doch eines solltet ihr dabei immer im Hinterkopf behalten: dass von einem Element nie zu viel vorkommen sollte.
Ein Abenteuer, in dem sich die Helden fünf Stunden lang durch Gegnerscharen metzeln müssen, verkommt leicht zur Würfelorgie, bei der einzelne Szenen in der Masse schlicht verschwimmen. Verbringen die Helden einen ganzen Abend mit Zeugenbefragung bei einer Ermittlung, ist das spätestens nach dem dritten Zeugen eine sehr ermüdende Angelegenheit, bei der die Spieler geistig irgendwann aussteigen.
Ein Abenteuer, in dem sich die Helden fünf Stunden lang durch Gegnerscharen metzeln müssen, verkommt leicht zur Würfelorgie, bei der einzelne Szenen in der Masse schlicht verschwimmen. Verbringen die Helden einen ganzen Abend mit Zeugenbefragung bei einer Ermittlung, ist das spätestens nach dem dritten Zeugen eine sehr ermüdende Angelegenheit, bei der die Spieler geistig irgendwann aussteigen.
Das Zauberwort bei einem guten Plot lautet Abwechslung, und der Spielleiter ist der einzige, der stets in der Hand hat, wie viel Abwechslung die Spieler bekommen werden. Dafür sollte man die verschiedenen Elemente des Plots schon vor dem Spielabend genau betrachten und überlegen, ob es genug Abwechslung gibt, oder ob man vielleicht noch etwas hinzufügen kann, das ein neues Element mit einbringt.
Manchmal reicht es schon, in einer Szene etwas vollkommen kontrastäres einzubauen, um die Aufmerksamkeit aller Spieler wieder zu fesseln - beispielsweise ein Slapstick-Moment während eines Kampfes, wenn ein NPC-Gegner einen Patzer hat oder ein geheimnisvolles Artefakt, welches beim Durchstöbern eines Raumes aufgefunden wird und beim Anfassen seltsame Auswirkungen hat.
Manchmal reicht es schon, in einer Szene etwas vollkommen kontrastäres einzubauen, um die Aufmerksamkeit aller Spieler wieder zu fesseln - beispielsweise ein Slapstick-Moment während eines Kampfes, wenn ein NPC-Gegner einen Patzer hat oder ein geheimnisvolles Artefakt, welches beim Durchstöbern eines Raumes aufgefunden wird und beim Anfassen seltsame Auswirkungen hat.
Haltet dabei auch eure Spieler mit im Blick, denn sobald bei einer gemeinsamen Spielszene einzelne geistig aussteigen, kann sich das auch nachteilig für das Gesamtspiel auswirken. Sich langweilende Spieler neigen gerne mal dazu, andere auch abzulenken, und dann habt ihr schneller eine OT-Blase am Tisch, als ihr 'OT-Blase' sagen könnt.
Wenn in einer Szene also Spielercharaktere wenig oder nichts zu tun haben, da ihre Spezialisierungen nicht abgefragt werden, könnt ihr diesen Spielern dennoch ein oder zwei zum Können der Charaktere passende Anreize geben, sich genauer umzusehen, einen anderen Charakter bei dessen Tun zu unterstützen oder sich Handlungsalternativen zu überlegen, die mit dem Können des Charakters übereinstimmen.
Selbst Ideen wie 'ich nehme einen Stein vom Boden auf und schleudere ihn auf den Gegner, den mein Kamerad gerade bekämpft' sollten den Spielern möglich gemacht werden, indem man sie ihnen beschreibt - manchmal reicht es schon, eine Szene etwas eingehender zu beschreiben, um kreativen Spielern die Möglichkeit zu eigenen Ideen zu geben.
Selbst Ideen wie 'ich nehme einen Stein vom Boden auf und schleudere ihn auf den Gegner, den mein Kamerad gerade bekämpft' sollten den Spielern möglich gemacht werden, indem man sie ihnen beschreibt - manchmal reicht es schon, eine Szene etwas eingehender zu beschreiben, um kreativen Spielern die Möglichkeit zu eigenen Ideen zu geben.
4. Scheue Dich nicht vor klaren Entscheidungen
Es wird immer Momente geben, in denen es zu Diskussionen kommt. Sei es bei einer Diskussion um die Auslegung von Regeln, sei es ein 'aber ich habe das doch gemacht' als rückwirkend versuchter Erfolgsgarant oder bei einem Konflikt zwischen Spielern - bei einem Rollenspiel gilt für mich eine einfache Regel: Der Spielleiter hat das letzte Wort, und er trifft bei Streitfragen Entscheidungen, die für alle Teilnehmer gelten.
Lasst euch nicht zu sehr auf Diskussionen ein, sondern versucht anhand der Regeln oder dem gesunden Menschenverstand eine für den Moment gute Entscheidung zu finden, die ihr dann den Spielern verkündet.
Weiterdiskutieren kann man immernoch nach dem Plotabend, vor allem, wenn es sich um eine Tischrunde handelt. Es ist keiner Seite geholfen, wenn man den restlichen Abend mit kleinteiliger Diskussion verbringt - immerhin hat man sich zum Rollenspiel getroffen und wollte gemeinsam Zeit verbringen.
Gerade wenn die Entscheidung in einer Spielzsene zum Nachteil eines Spielercharakters ausfällt, könnt, ja solltet ihr dem Spieler immer noch die Gelegenheit geben, die Scharte im Spiel auszuwetzen - und dadurch entsteht dann wieder Abwechslung und eine neue Herausforderung.
5. Hab Mut, Dinge auszuprobieren
Jeder Spielleiter hat einen eigenen Stil, hat eigene Stärken und Schwächen, die sich erst mit der Zeit herauskristallisieren. Vielleicht hast Du Ideen, die andere SLs als blödsinnig abtun, oder ihr nur wenige Chancen auf Erfolg einräumen - aber vielleicht kann diese Idee genau deswegen funktionieren, weil Du sie auf Deine Weise durchziehst und sie Deinen Spielern gefällt. Natürlich wird auch das ein oder andere schiefgehen oder sich anders entwickeln, als man sich vorstellt.
Das passiert mir selbst mit vielen Jahren Spielleitererfahrung immer wieder mal und es frustriert im ersten Moment noch immer wie beim ersten Mal. Das Wichtigste dabei ist jedoch, dass man immer offen für Neues bleibt und ausprobiert. Sich nicht entmutigen lässt, wenn mal etwas nicht klappt oder das Spielerfeedback nicht positiv ausfällt - aus Problemen und schiefgelaufenen Sachen lernt man sehr viel mehr als aus Plots, die von allen Seiten dankbar abgenickt werden.
Habt Mut, denn wenn eine Idee gelingt, die Spieler glücklich sind, weil sie etwas besonderes erlebt haben, dann ist das eine wunderbare Bestärkung und motiviert für lange Zeit. Hier kann ich nur dazu raten, den bei 1. bereits erwähnten Punkt zu beherzigen:
nach dem Plot mit den Spielern über gute und weniger gute Ereignisse während des Spiels zu sprechen und das Feedback ernst zu nehmen. Solltet ihr mal selbst nicht weiter kommen, tauscht euch ruhig mit anderen Spielleitern aus, in Rollenspiel-Foren wie dem Tanelorn, Blutschwerter oder vergleichbaren gibt es dazu ausreichend Gelegenheit.
nach dem Plot mit den Spielern über gute und weniger gute Ereignisse während des Spiels zu sprechen und das Feedback ernst zu nehmen. Solltet ihr mal selbst nicht weiter kommen, tauscht euch ruhig mit anderen Spielleitern aus, in Rollenspiel-Foren wie dem Tanelorn, Blutschwerter oder vergleichbaren gibt es dazu ausreichend Gelegenheit.
Die Headergrafik stammt vom Splittermond-Tickleistenset, erschienen im Uhrwerk-Verlag.
Ich habe damals nach einem halben Jahr angefangen mit Cthulhu und war nicht sehr nervös, bei Regelintensiven Systemen wie DsA aber war ich sehr viel hibbeliger
AntwortenLöschenEin einfaches System hilft sehr den Stress abzubauen, weil wenig falsch gemacht werden kann.
Schöner Artikel
Dankeschön^^ ich hoffe natürlich, dass der Artikel anderen SLs ein bisschen beim Start hilft. Die Idee, zunächst ein regelarmes System zu spielen, finde ich richtig gut :) das muss dann in die nächsten 5 Tipps rein ...
LöschenVielen Dank für die Tipps. Ich bin erst ziemlich spät zu D&D Spielen gekommen und habe den Einstieg auch erst mit den Tabletop Simulator gewagt und dort mit Hero Quest begonnen. Die Karte ist deswegen natürlich sehr stark begrenzt und die vorgegebenen Missionen sind nicht sehr kreativ. Deswegen versuche ich als SL die Missionen mit selbstausgedachten Begegnungen und Inhalten aufzupeppen.
AntwortenLöschenIch werde mir die Tipps zu Herzen nehmen und arbeite auch schon an den nächsten Missionen. Am Besten finde ich aber den Tipp, mit den Mitspielern nach der Kampagne darüber zu reden, denn erst dann begreift man wie die Charaktere ausgebaut werden müssen, damit alle Mitspieler auch Spaß an ihrem Charakter haben.
Also Vielen Dank noch mal für den Artikel. Ich weiß nicht, ob das hier noch jemand liest, aber ich musste einfach ein Kommentar hinterlassen.
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