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Guide: Rollenspiel als Vorgesetzter


Zum bereits vorhandenen Guide zum Rollenspiel als Untergebener fehlte noch der zweite Teil, der sich mit der Darstellung eines Vorgesetzten beschäftigt. Was für Tischrunden durch den einfacheren Kontakt und das direkte Agieren der Spieler miteinander meist als Problem nicht stellt, erweist sich beim Rollenspiel online schnell als Problem.
Gerade Vorgesetzten-Charaktere landen dabei gerne in der Falle, als allzeit bereiter Spielbringer missverstanden zu werden, auf deren Aktivität sich die Untergebenen gerne mal ausruhen - oder sich von deren ingame-Autorität eingeschränkt fühlen. Da von einem guten Vorgesetzten-Untergebenen-Verhältnis aber oft ganze Gildenstrukturen abhängen, lohnt es sich, die eigene Rolle ein wenig zu überdenken und anderen zu zeigen, welche Problemfelder sich für den Vorgesetzten-Spieler damit auch eröffnen können.

Vorgesetzten-Rollen sind meist langfristig angelegt - sei es als Gildenanführer, als Lehrer oder militärischer Befehlshaber in einem fest strukturierten Umfeld. Da ein solches Umfeld kaum ohne eine Führungspersönlichkeit auskommt, gilt es für beide Seiten, einen guten Konsenz zwischen gespielter Rolle und den Interessen des Spielers dahinter zu finden, um die Rolle nicht zur reinen Pflichtübung zu gestalten.
Klassische Rollenkonstellationen im Verhältnis Vorgesetzter-Untergebene können folgende sein:
  • Meister - Schüler
    Das grundlegendste Spielverhältnis mit unterschiedlichen Rängen ist das Spiel zwischen einem Lehrenden und einem Lernenden. Dabei ist es ganz egal, ob man nun eine für die umgebende Welt herausragende Position einnimmt wie ein Jedi, der seinem Padawan die Galaxis erklärt, der Lehr-Magier eines begierig lernenden Schülers ist, oder man einen einfachen Fantasy-Handwerksmeister verkörpert, der seinen Lehrling in seinem Handwerk unterweist - der Lehrende (Vorgesetzte) ist der in seiner Kunst oder im Leben erfahrenere Rolle, welche dem Unerfahrenen Kenntnisse vermittelt und damit auch dessen Weltsicht entscheidend zu prägen imstande ist.
    Mögliche Spiel-Umgebung: Fantasy (Magier - Schüler, Krieger - Lernender, Handwerker - Lehrling), Antiken-Setting (Politiker - politischer Nachwuchs, Befehlshaber - Offiziersnachwuchs, Handwerker - Lehrling), Scifi (Botschafter - politischer Nachwuchs, Telepath - Jungtelepath, Befehlshaber - Offiziersnachwuchs, etc.)
  • Besitzer - Sklave
    Wer sich in das Antikenrollenspiel vorwagt, wird in den meisten Gesellschaften auf die Gewohnheit treffen, Sklaven zu halten; aber auch Fantasy- wie SciFi-Kulturen peppen damit ihre sozialen Konflikte um einiges auf. Für den Sklavenbesitzer bedeuten mehr Sklaven meist auch mehr Prestige, wobei zwischen puren Nutzsklaven, welche niedere oder besonders schwere Arbeiten verrichten, und Haussklaven mit einem besseren Bildungsstand und besseren Lebensbedingungen unterschieden wird.
    Je nach den persönlichen Vorlieben kommt auch eine verantwortliche Tätigkeit als Sekretär, Finanzverwalter oder, wenn der Besitzer diese Vorliebe besitzt, auch als Lustsklave in Frage - letztendlich ist nur entscheidend, ob sich der Besitzer einen solchen Sklaven leisten kann und darf.
    Mögliche Spiel-Umgebung:
    Antiken-Setting/ historisches Rollenspiel, Fantasy (Sklavenhalter-Gesellschaften), Star Wars (Sklavenhaltung im imperialen und  Hutten-Raum)
  • Befehlshaber-Untergebener
    Wohl die klassischste Variante eines Vorgesetzten-Untergebenen-Verhältnisses findet sich im militärischen Umfeld, aber auch bei anderen Organisationen, welche eine sehr strikte und klar formulierte Rangstruktur besitzen. Gerade bei actionlastigem Rollenspiel geht es ohne einen Befehlshaber nicht, der seine Untergebenen lenkt - wer im Angesicht der Gefahr zu diskutieren beginnt, hat in aller Regel nicht lange zu leben.
    Geht es zudem auch um hinter der Rangstruktur steckende Ideologien wie die einer totalitären Diktatur, eines Gottesstaates oder auch sonstige, extremere Ausprägungen eines gesellschaftlichen Miteinanders, muss es eine Ordnungsmacht geben, die über richtig oder falsch direkt entscheiden kann - auch hier bietet sich die Rolle eines Vorgesetzten an.
    Mögliche Spiel-Umgebung:
    Star Wars (Imperiale Soldaten, Republikanische Soldaten, Spezialkräfte, Piloten, Adjutanten), Star Trek (Raumschiffsbesatzung, Aussenteams), Fantasy (Soldaten des aktuellen Herrschers, Glaubenskrieger, Stadtwachen, Milizen, Leibwachen), Steampunk (Militärangehörige, militärische Forschungsexpeditionen)
Natürlich gibt es noch mehr Settings als die genannten - aber ich habe mich jetzt schlichtweg auf die beschränkt, die mir am gebräuchlichsten erscheinen.

Darth Vader und Sturmtruppler


Grundüberlegungen zum Spiel eines Vorgesetzten / Lehrers / Sklavenbesitzers


Mich hat das Spiel als Vorgesetzter immer gereizt - nicht wegen der Möglichkeit, einem anderen sagen zu können, was er oder sie zu tun hat, sondern wegen des Einflusses, den der Charakter langfristig auf die Entwicklung eines anderen Charakters nehmen kann, auch wenn die erteilten Anweisungen ihm große Freiheit zugestehen. 
Doch damit beide Spielerseiten mit einer solchen Spielkonstellation glücklich werden können, bedarf es einiger Grundüberlegungen für den Vorgesetzten (oder Lehrer, oder Sklavenhalter), bei denen man sich die Verantwortlichkeiten des Charakters klar machen sollte:

Ohne die Anwesenheit des Vorgesetzten sind die Untergebenen richtungslos
Gerade im militärischen Umfeld muss es jemanden geben, der den Untergebenen ein gewisses Maß an Arbeit verschafft, um den Alltag abwechslungsreich zu gestalten: das ist der Hauptjob des Vorgesetzten. Denn niemand wird auf Dauer damit zufrieden sein, seinen Soldaten ausschließlich nachdienstlich beim abendlichen Feierabendbier in der Bar auf dem Stützpunkt verkörpern zu können. Und: Die Rolle eines niederrangigen Untergebenen schränkt dessen Möglichkeiten, selbst etwas rollengerecht auf die Beine zu stellen, erheblich ein. Man kann nicht einfach mal übers Land fahren, weil man es gerade will, um ein Terroristennest auszuheben - ein Befehlshaber sollte davon Bescheid wissen und die Sache begleiten.
Und wenn es nur eine Antreten-und-Marschieren-Übung für Soldaten im Militärumfeld ist, eine Truppeninspektion, gemeinsames Waffentraining oder eine Patroullie: Der erste Auslöser liegt in der Hand des vorgesetzten Offiziers.
Dass die Ideen zu solchen Ereignissen natürlich auch von den Spielern der Untergebenen kommen dürfen, liegt auf der Hand - denn auf der Spielerebene sind alle gleichrangig und hoffentlich mit dem gemeinsamen Interesse bei der Sache, schönes und abwechslungsreiches Rollenspiel miteinander haben zu können. Doch der erste Impuls im Gewand eines Befehls oder eines anberaumten Einsatzes liegt ganz in der Hand des Vorgesetzten-Charakters.

Hardliner oder Weichkeks? Strafen und ihre Folgen
Bei allen Vorgesetztenverhältnissen ist es ingame der Vorgesetzte, der den Handlungsrahmen für seine Untergebenen festlegt und, wenn Fehlverhalten und Verstöße gegen diesen vorliegen, entsprechend durchsetzen muss, dass künftig derartiges nicht mehr vorkommt. Dabei wird es sich nicht vermeiden lassen, Strafen auszusprechen und sie auch auszuführen. Wer immer nur droht, aber keine Konsequenzen folgen lässt, wird eher früher als später nicht mehr ernst genommen und muss dann umso mehr um seine Autorität kämpfen.
Dennoch sollte es mit den Untergebenenspielern einen Konsenz über die Härte und Intensität der Strafen geben, denn auch für diese sollte der Spaß an einer Strafe nicht verloren gehen. Dabei ist es immer sinnvoller, eine Strafe zu vereinbaren, die den Charakter nicht vollkommen aus dem Spiel heraus nimmt (wie zB mehrere Tage 'Bau' für einen Soldaten, was faktisch bedeutet, dass der Charakter nicht eingeloggt werden kann, wenn man nicht stundenlanges, einsames im-Raum-sitzen ausspielen möchte), sondern vielmehr zu neuem Spiel anregt (Strafarbeiten, die ein Soldat in einer anderen Abteilung, in der andere Spielercharaktere vertreten sind, erledigen muss; Sportstrafen, die eine Einheit gemeinsam absolvieren muss; Strafarbeiten am Schreibtisch des Vorgesetzten, etc.)

Im Zweifel sollte immer, nachdem eine Strafe ingame verhängt werden, mit dem Untergebenenspieler kurz kommuniziert werden, ob das Ganze auch für diesen in Ordnung geht oder ob es dazu Rückfragen gibt - damit Missverständnisse gar nicht erst entstehen können.
Ebenso sollte den Untergebenen durch das Rollenspiel des Vorgesetzten klar gemacht werden, mit welcher Art von Vorgesetzten sie es zu tun haben. Wer normalerweise den eher gemütlichen Sklavenbesitzer mimt, der auch mal einen frechen Spruch durchgehen lässt und plötzlich mit ultimativer Härte auf eine Lappalie reagiert, muss sich nicht wundern, wenn die Sklavencharakterspieler darauf mehr als irritiert reagieren und Redebedarf entsteht. 
Entscheidet euch bewusst dafür, auf welche Art und Weise euer Vorgesetztencharakter mit seinen Untergebenen umgeht und bleibt dabei - ausser es ergeben sich durch ingame-Ereignisse starke Einschnitte, die eine Veränderung bewirken; doch selbst dann ist eine ausgespielte Entwicklung wünschenswert.

Zukunftsperspektiven für den Vorgesetzten
Während die Rolle des Untergebenen gerade bei Schülern und Militärangehörigen eine gewisse Weiterentwicklung bedingen - schließlich will nicht jeder Magierschüler ewig ein Schüler bleiben, nicht jeder einfache Soldat auf diesem Rang verharren - tut sich bei einem Vorgesetzten in dieser Richtung eher seltener etwas. Ein Sklavenbesitzer bleibt so lange ein Besitzer, bis er den Sklaven verkauft oder freilässt, ein hochrangiger Militär hat in der Regel das Ende des nachvollziehbar möglichen der Fahnenstange erreicht und kann sich rangtechnisch nur noch wenig steigern.
Worin liegt also die Entwicklung dieses Charakters begründet? Wohin kann es gehen, wenn Beförderungen oder eine Veränderung des status quo kaum möglich sind?

Eine grundlgende Motivation für einen Lehrer-Charakter könnte es sein, die Ausbildung seines Schülers so weit voran zu treiben, dass dieser sie erfolgreich abschließen kann. Man definiert also den persönlichen Erfolg über den Erfolg des Schülers und widmet sich dann, wenn der vorhandene Schüler weit genug fortgeschritten ist, dem nächsten.
Ein militärischer Vorgesetzter könnte sich durch den Ruf seiner Einheit und die erlangten militärischen Erfolge definieren und damit langfristige Motivation darin finden, möglichst viele, gut ausgebildete Spezialisten zu einer schlagkräftigen Einheit geformt zu haben, die auch schwerste Aufträge gut meistert. Ein Sklavenbesitzer könnte versuchen, besonders wertvolle Sklaven zu besitzen, die durch ihre Talente, ihr Aussehen oder ihren gesellschaftlichen, geschickten Umgang für ihn Wert entwickeln.
Es muss keine der genannten Möglichkeiten sein, die für einen Vorgesetzten-Charakter als tauglich erachtet werden - aber eine Perspektive zu haben, erleichtert das Spiel ungemein. Die wenigsten Rollenspieler schaffen es, ohne Perspektive auf dem Jetztzustand zu verharren, das steht auch unserer menschlichen Natur entgegen, die sich nach Fortentwicklung sehnt.

Armee von Gondor (c) Lord of the Rings - Movie
Es gibt nicht nur die Pflicht allein
Dieses Problemfeld stellt sich vor allem für Befehlshaber innerhalb eines militärischen Umfeldes oder aber Charaktere, die sich stark durch die Lehrtätigkeit definieren - irgendwann kommt für die meisten ein Moment, in dem das Spiel ausschließlich daraus zu bestehen scheint, für die Untergebenen den Spielbringer zu machen.
Dass aber auch eine Führungsrolle einen Ausgleich zum Führen braucht, ist für die meisten Untergebenenspieler erstmal schwer vorstellbar. Immerhin, so wird oft vermutet, ziehe der Vorgesetztenspieler einen großen Teil des Spielspaßes aus der Tatsache, führen zu können; gerne entwickelt sich aus diesem Gedanken eine Erwartungshaltung, bei der ein Vorgesetzter jederzeit für Schwierigkeiten und Probleme der Untergebenen zur Verfügung zu stehen hat oder bei akuter Langeweile eine Lösung bieten soll. 
Dabei liegt nicht einmal zwingend böse Absicht der Untergebenen-Spieler zugrunde, ich habe oft erlebt, dass das ingame-Machtgefälle diese Art Erwartungshaltung begünstigt, ohne dass es hinterfragt wird.

Deswegen sollte ein Vorgesetzten-Spieler für den Charakter rechtzeitig Alternativen beschaffen, bei denen der Wunsch nach Führung und Bespaßung im Hintergrund steht. Gleichrangige Freunde, Hobbies, die der Charakter in einem Rahmen ausübt, in dem er Teilnehmer und nicht Anführer ist, oder auch ein 'Leben abseits des Dienstes' helfen ungemein, durch die entstehende Abwechslung das Spiel aufzulockern und aus dem Vorgesetzten nicht eine ausschließliche Pflichtrolle zu machen. Diese Alternativen sollten auf den Charakter gut zugeschnitten sein und dem Spielumfeld auch klar kommuniziert werden, dass man nicht 24/7 als Befehlshaber zur Verfügung steht. 
Ebenso hilft es, sich Stellvertreter zu suchen oder bestimmte Pflichten zu delegieren, um sich nicht um jede Kleinigkeit kümmern zu müssen. Ein gewisses Loslassen der Kontrolle hilft, um sich selbst ein wenig mehr Freiheit zu verschaffen, selbst wenn dann die Dinge nicht unbedingt so erledigt werden, wie man es sich selbst vorstellt - aber auch aus solchen Konstellationen entsteht neues Rollenspiel mit neuen Herausforderungen.

Tipps in Kurzversion


Zusammengefasst haben sich für mich diese Tipps beim Spiel eines Vorgesetzten/Lehrers/Sklavenhalters bislang sehr gut bewährt:
  • Kommunikation
    Wenn es irgendwo klemmt oder ihr das Gefühl habt, die Spieler der Untergebenen sind mit dem Spiel unzufrieden, fragt aktiv nach Feedback und holt Ideen von diesen ein
  • Locker lassen
    Man kann als Vorgesetzter nie alles kontrollieren und sollte es auch nicht versuchen - denn absolute Kontrolle auszuüben bedeutet vor allem Stress für einen selbst und mangelnde Freiheit für die Mitspieler
  • Klare Linie fahren
    Lasst euren Vorgesetzten-Charakter zumindest zu einem gewissen Maß vorhersehbar auf Fehltritte, aber auch Eigeninitiativen der Untergebenen reagieren. Das verschafft den Mitspielern die Sicherheit eines definierten Rahmens
  • Ausgleich suchen
    Wer 24/7 den Befehlshaber macht, brennt irgendwann aus - das verhindert man durch pflichtfreies Spiel, bei dem der Charakter eben nicht führen und befehlen muss
Welche Erfahrungen habt ihr bislang im Spiel vonVorgesetzten -Charakteren gemacht? Findet ihr Problemstellungen aus eurer Erfahrung hier wieder? Fehlt euch etwa irgend etwas, das euch wichtig erscheint? Ich freue mich auf Meldungen in den Kommentaren! :)

Verweis: Guide zum Rollenspiel als Untergebener

Über Gloria H. Manderfeld

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