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Fantasy

Rezension: Outlander - Staffel 1


Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs versuchen die Krankenschwester Claire und ihr Ehemann und Geschichtsprofessor Frank Randall, ihre während des Krieges durch die große räumliche Distanz eingeschlafene Ehe mit zweiten Flitterwochen in Inverness neu zu beleben. Während Claire die wildromantische Landschaft genießt und sich mit Land und Leuten anfreundet, ist Frank auf der Suche nach einem seiner Vorfahren, Hauptmann Jonathan ‚Black Jack‘ Randall, welcher vor zwei Jahrhunderten in der Gegend um beider Ferienquartier stationiert gewesen sein soll. 
Langsam nähern sich die Eheleute einander wieder an und beobachten heimlich einen Druidenritus um die stehenden Steine bei Craigh Na Dun. Als Claire am folgenden Tag zu den Steinen zurückkehrt und aus Neugierde den Hauptstein mit beiden Händen berührt, wird sie in der Zeit zurückgeworfen und landet im Jahr 1743 inmitten des Konflikts zwischen Engländern und schottischen Clans.

Während sie durch den ihr völlig unbekannten Wald irrt und fast in die Hände eines englischen Hauptmanns gerät, wird sie von schottischen Kriegern des MacKenzie-Clans gerettet und zum Stammsitz des Clans gebracht. Auf der Reise dorthin behandelt sie dank ihres großen medizinischen Wissens die Verletzungen des jungen Kriegers Jamie erfolgreich, was auch dazu führt, dass der Clanschef gegen ihren Willen Claire auf seiner Burg behält, damit sie sich dort als Heilerin nützlich machen kann. 
Doch der eigentliche Grund für Claires Gefangenschaft liegt an ihrem Verhalten – man vermutet in ihr eine englische Spionin und will sie im Auge behalten können, damit sie dem Clan keinen Schaden zufügen kann. Claires Ziel ist jedoch, zum Craigh Na Dun zurückzukehren, um eine Rückreise bewerkstelligen zu können – ohne dass sie genau weiß, ob dies überhaupt gelingen kann …

Die erste Staffel »Outlander« basiert auf den erfolgreichen Romanen der Autorin Diana Gabaldon und wurde 2014 auf dem amerikanischen Pay-TV-Sender Starz erstmals gezeigt. Die Serie bietet Zuschauern eine Mischung aus Drama, Historie, phantastischem Element und den grandiosen Landschaftsaufnahmen – wobei die Jahrhunderte überdauernde Liebesgeschichte zwischen Claire Randall und Jamie Fraser unbestreitbar das Hauptgewicht einnimmt und, seit die beiden erst einmal zusammen gekommen sind, auch zentraler Handlungsantrieb für beide Hauptfiguren ist.
Gerade bei der merklich guten Chemie zwischen den Darstellern der beiden Hauptfiguren, Caitriona Balfe und Sam Heughan, wirkt die sich während der ersten Staffel entwickelnde tiefe Liebe zwischen Claire und Jamie glaubhaft – vor allem, weil beide bisweilen wie Kesselflicker miteinander streiten, die Fetzen fliegen und schließlich im Bett Versöhnung gefeiert wird. 


Indes scheint der Fokus darauf, wie sehr sich die beiden doch lieben, bisweilen ein bisschen übertrieben, da darunter die anderen Personen ziemlich zu kurz kommen, obwohl immer wieder angerissen wird, dass sich im Clan der MacKenzies eine ganze Menge interessanter Personen befindet. Besonders die streitbare, realistische Jenny Fraser, Jamies Schwester, ihr besonnener Ehemann Ian sowie der knurrige Murtaugh können dabei punkten und lassen wünschen, man würde ihnen ein bisschen mehr Screentime zugestehen.

Wer Serien wie »Game of Thrones« oder »Rome« gewöhnt ist, dürfte sich über reichliches Vorkommen von erotischen Szenen nicht mehr groß wundern. Dennoch ist die schiere Häufigkeit des sexuellen Miteinanders von Jamie und Claire doch recht erstaunlich, nicht zuletzt, da ein bisschen weniger Haut und ein bisschen weniger Beischlaf der Handlung keineswegs geschadet hätte. Für mich macht das den Eindruck von Fanservice für gerade weibliche Zuschauer, da auch der gut gebaute Sam Heughan des öfteren zumindest mit nacktem Oberkörper zu sehen ist, die weitaus verlottert und körperlich weniger anziehenden anderen Highlander jedoch brav bis zum Hals bedeckt bleiben.
Tobias Menzies in seiner Doppelrolle als Frank Randall und Jonathan Randall zieht ganz gerne mal blank – bei ihm bleibt sogar keine Spekulation mehr über gewisse männliche Tatsachen offen. Ob all das nötig ist, um einen Zuschauer bei der Handlung zu halten, scheint mir fraglich – denn Spannungselemente gibt es reichlich, welche die Story auch unabhängig vieler Bettszenen weiter vorantragen könnten.

Die Zeit, in welche es Claire verschlägt, ist eine gefährliche: Frauen genießen so gut wie keine eigenen Rechte, ein Landesherr ist auch jederzeit berechtigt, über Wohl und Wehe seiner Untertanen sowie deren Lebensort zu bestimmen, ein Leben kann schon fast beiläufig durch eine Klinge beendet werden, weil eine Person zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort ist, ein solcher Mord nie aufgeklärt, wenn der Leichnam nur gut genug versteckt wird. 
Dies findet auch in der Serie reichlich Eingang, denn Morde, Tötungen, Raub, Plünderungen, Vergwaltigungen und Folter reichern die Erzählung mit drastischen und brutal-blutigen Bildern an, die einen harschen Kontrast zu den sinnlichen und in warmen Farmen ausgeleuchteten Liebesszenen bilden. 


Gerade die finale Auseinandersetzung zwischen »Black Jack« Randall und Jamie Fraser, welche in ausgedehnter Folter, Psychospielchen und Vergewaltigung mündet, wird von so eindringlichen Bildern begleitet, dass sie haarscharf an der Grenze des Unerträglichen entlang schrammen. Auch hier wäre vielleicht etwas weniger mehr gewesen.
Auch ohne direkt sehen zu müssen, wie ein Körperteil gewaltsam malträtiert wird, könnte man anhand des Leidens im Gesicht des Gefolterten eine extreme Situation zeigen, nicht durch einen direkten Blick auf das Geschehen selbst.

Angesichts dessen, wie sehr Jamies Verhalten durch Randalls Übergriffe bestimmt wird, erscheint mir die Tatsache, dass auch Claire Gewalt durch einen Mann angetan wurde, fast stiefmütterlich behandelt. Sicher sollte man das jeweilige Leid eines Opfers nicht gegeneinander aufwiegen, da auch Claire relativ schnell über die Angelegenheit hinweg zu kommen scheint, doch wirkt der Umgang mit der Thematik Vergewaltigung einerseits sehr modern – denn es wird ein Vergehen eines Mannes an einem Mann ausführlich charakterisiert – andererseits auch rückständig, geradezu klischeehaft, da das zeitlich sicherlich kürzere, aber durch seine Art nicht weniger traumatisierende Vergehen an Claire so viel weniger Auswirkungen auf ihr Verhalten und ihre Umgebung hat.

Die gut choreographierten Actionszenen lassen es jedenfalls nicht an Rasanz fehlen, Claires Erstkontakt damit, sich zur Not gegen Angreifer verteidigen zu müssen, spart nicht mit guten Ratschlägen, die angesichts ihrer Statur und Möglichkeiten realistisch und nachvollziehbar sind. Wer die Highlands liebt, wird sich sicherlich sehr an den vielfältigen Landschaftsaufnahmen erfreuen können, wer sie noch nicht liebt, dürfte den Blick auf weites, ungezähmtes Land sicherlich lieben lernen. Auch die Ausstattung der Burgen und Farmhäuser, die Kleidung, Waffen und Accessoires lassen eine Welt entstehen, die in sich glaubhaft und interessant wirkt. 
Das geschickt eingestreute Fantasyelement der magischen Reise, welches Claires Geschichte erst möglich macht, erfreut durch seine Unaufdringlichkeit und, auch wenn es nie wirklich erklärt wird, wirkt es doch im Gesamten passend, obwohl man als Zuschauer natürlich weiss, dass es derlei nicht geben kann.


Subtil wird dem Zuschauer durch alltägliches Handeln gezeigt, wie das Leben für die meisten Menschen im 18. Jahrhundert aussah – wollwalkende Frauen, eine Zofe, welche einer Edeldame in die verschiedenen Schichten ihrer täglichen Kleidung hilft, die Arbeit in der Küche und auf dem Hof, das Eintreiben der Pacht und sogar eine Vergatterung, bei denen die Untertanen eines Lehensherrn ihm erneut die Treue schwören.
Gerade für geschichtsinteressierte Zuschauer lohnt sich die Serie, da sie nicht mit dem historischen Zeigefinger wedelt, sondern glaubwürdig in Szene setzt, wie es gewesen sein könnte und die eigene Vorstellungskraft anregt.

Besonders deutlich treten die Unterschiede zwischen der Zeit des Kriegsendes und der des 18. Jahrhunderts zutage, wenn es um Nachrichtenübermittlung und Informationsbeschaffung geht: als Claire und Murtaugh nach Jamie suchen und allerlei Tricks benutzen müssen, um stattdessen von ihm gefunden zu werden, wird einem Menschen aus einer Zeit mit Smartphones, GPS und Internet erstmal wirklich bewusst, wie bequem unser tägliches Leben eigentlich ist.
Auch der Hexenprozess im zweiten Teil der ersten Staffel konfrontiert den Zuschauer sehr direkt damit, wie unterschiedlich es sich in einem modernen Rechtsstaat und vergangenen Zeiten gelebt haben muss – Claires Blickwinkel einer selbständigen, tatkräftigen Frau, die im Krieg verwundete Soldaten im Militärlazarett versorgt hat, kollidiert oft genug mit den sehr traditionellen und ihrer Kultur entstammenden Vorstellungen.

Generell prunkt die erste Staffel »Outlander« mit durchgehend guten Schauspielleistungen der Darsteller. Neben Caitriona Balfe (Claire) und Sam Heughan (Jamie), die beide ihre Charaktere mit sehr viel Leidenschaft verkörpern, darf auch Tobias Menzies in seiner Doppelrolle nicht vergessen werden: einerseits muss er den etwas kopflastigen, forschungswilligen Geschichtsprofessor Frank Randall mit Leben erfüllen, andererseits darf er sich als Jonathan ‚Black Jack‘ Randall als mit reichlich psychischen Untiefen ausgestatteter Fiesling erweisen, der das Leben von Claire und Jamie eins ums andere Mal terrorisiert. 


Besonders die Momente, in denen Jonathan Randall zwischen Sadismus und Zärtlichkeit schwankt, gehören meines Erachtens zu den Augenblicken, in denen der Schauspieler sein Können offenbart, welches ein nötiges und starkes Gegengewicht zur romantisch-dramatischen Doppelspitze Balfe/Heughan bildet.
Auch der Cast der Nebendarsteller ist mit Laura Donnelly (Jenny Fraser), Duncan Lacroix (Murtagh), Lotte Verbeek (Geilis Duncan) und Gary Lewis (Colum MacKenzie) sehr gut besetzt und lässt keine Wünsche offen. Besonders schön umgesetzt fand ich die jeweiligen Höfe sowohl bei der Burg der MacKenzies als auch Lallybroch, mit all ihren kleinen Eifersüchteleien, Machtrangeleien, Tätigkeiten und Wünschen der dort lebenden Menschen.

Diese erste Staffel »Outlander« lässt mich mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurück – einerseits gefällt die Interpretation der historischen Szenerien sehr, andererseits bleiben als stärkste Eindrücke die vielen Erotik- und heftigen Gewaltszenen zurück, welche zartere Töne und Nebenhandlungsstränge untergehen lassen. 
Angesichts der vielen interessanten Charaktere und dem clansintern angelegten Konflikt zwischen Laird Colum MacKenzie und seinem kampfstarken Bruder Dougal hätte ich mir mehr Intrige, mehr Spannung und etwas weniger »Oh, Jamie!« - »Oh, Claire!« gewünscht. So bleibt »Outlander« hinter den Möglichkeiten zurück und überdeckt mit nackter Haut sowie einer dramatischen Romanze, dass Claires und Jamies Welt nicht nur aus dem sich liebenden Paar und Herausforderungen für deren Liebe bestehen könnte.

Fazit: Historisch-dramatische Serie mit viel Romantik, aber auch Gewalt – wer eine starke Lovestory mit vielen Höhen und Tiefen vor historischem Hintergrund mag, sollte hier ´reinschauen. Sieben von zehn möglichen Punkten.

Seriendetails:
Titel: Outlander (Staffel 1)
Entwickler: Ronald D. Moore
Erstausstrahlung: 09.08.2014, »Starz«
Originalsprache: Englisch
Episoden: 16
Titelsong: »The Skye Boat Song« von Raya Yarbrough
Darsteller: Caitriona Balfe, Sam Heughan, Tobias Menzies, Gary Lewis, Graham McTavish, Lotte Verbeek, Laura Donnelly, Duncan Lacroix, Bill Paterson

Über Gloria H. Manderfeld

4 Eure Meinung zu den Nerd-Gedanken:

  1. "Gerade die finale Auseinandersetzung zwischen »Black Jack« Randall und Jamie Fraser, welche in ausgedehnter Folter, Psychospielchen und Vergewaltigung mündet, wird von so eindringlichen Bildern begleitet, dass sie haarscharf an der Grenze des Unerträglichen entlang schrammen."

    Allerdings!

    "[...] hätte ich mir mehr Intrige, mehr Spannung und etwas weniger »Oh, Jamie!« - »Oh, Claire!« gewünscht."

    Dann freu' Dich mal auf Staffel 2. Da wird das gefühlt noch schlimmer ;-)

    Die erste Staffel hatte mir im Wesentlichen noch gut gefallen. Deinen 7 von 10 Punkten würde ich mich anschließen.

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    1. Hmmm irgendwie habe ich jetzt Angst davor, auf den 'play' Button von Netflix zu drücken. :D NOCH mehr Angeschmachte geht doch schon gar nimmer ...^^

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  2. Die erste Staffel hat mir im Gegensatz zu den Büchern (in denen für meinen Geschmack im Vergleich noch viel mehr Sex vorkam bzw. zu viel davon) richtig gut gefallen.

    Besonders interessant fand ich, dass viele Szenen komplett in Gälisch waren - und zwar ohne Untertitel. So konnte ich als Zuschauerin nachvollziehen, was in Claire vorgeht, nämlich nichts zu verstehen.

    Und der böse, aber nicht eindimensional dargestellte Gegenspieler Black Jack Randall war m.E. absolut notwendig - den fand ich fast noch interessanter.

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    1. Ja, die gälischen Szenen waren wirklich gut gemacht :D als da zum ersten Mal geredet wurde und keine Untertitel kamen, dachte ich mir auch: verdammt, was reden die?^^
      Nur schade, dass Tobias Menzies für seine Darstellung weit weniger gewürdigt wurde als Balfre und Heuhgan - er hätte ein paar Preise für seine beiden Randalls auf jeden Fall verdient! :)

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